Lillis gute Tat

Wie schnell doch so eine Blinddarmoperation von statten geht! Dienstag abend operiert, ist der kleine Strolch am Mittwoch vormittag schon wieder zuhause. Schwach noch auf den Beinen und nicht sehr gesprächig, aber mit dem guten Gefühl, dass jetzt alles nur besser werden kann. Lilli selbst ist über Nacht ein besserer Mensch geworden: Auf dem Nachhauseweg musste sie durch die Notaufnahme durch, in der zu der Zeit - es war 21 Uhr - mindestens 10 Leute auf Liegen im Gang lagerten und darauf warteten, einen Arzt zu sehen. Eine bestimmt über 80jährige Dame in rosa Nachthemd hält einen Pfleger auf und fragt ihn, ob es wohl möglich sei, etwas zu Essen zu bekommen. Der Pfleger, der Lilli den Gang versperrt und sie dadurch zwingt, das Gespräch mit anzuhören, erklärt höflich, dass keinerlei Essen für die Leute im Wartesaal vorgesehen ist. Die Dame seufzt, sie hätte so sehr Hunger, der Pfleger beteuert, wie leid es ihm tut, dann geht er weiter. Zu ihrer Beschämung muss Lilli eingestehen, dass sie zögert. Es ist spät, sie ist müde von der ganzen Aufregung um den kleinen Strolch, es regnet und sie ist mit dem Fahrrad unterwegs. Dann aber hält sie den Pfleger an und fragt ihn, ob etwas dagegen spricht, dass sie der Frau ein Sandwich kauft. Nach Abprache mit der Krankenschwester an der Aufnahme gibt ihr der Pfleger die Erlaubnis. Lilli sprintet zurück zu der Frau und fragt sie, was sie gerne essen möchte. Leicht verwirrt erwidert diese, es gäbe nichts zu essen. Lilli geht ins Untergeschoss zur Caféteria, die inzwischen geschlossen hat, und zieht ein Sandwich und einen Orangensaft aus dem Automaten. Zurück im Gang legt Lilli ihre guten Gaben der Frau auf den Schoss, macht ihr die Flasche auf, zeigt ihr den Strohhalm, breitet Papierservietten um sie herum. Lächelnd und immer noch leicht verwirrt bedankt sich die Frau und sagt: "Ich hab noch nicht mal einen Tisch." Nein, wer allein auf einer Liege in der Notaufnahme liegt, hat wirklich rein gar nichts.
T.M. (Gast) - 4. Sep, 01:57

Diese Lilli!

(Frau Lilli, ich hab solchen Hunger! Truthahn wär OK. Oder was italienisches mit Tomaten und Mozarella und viel Pesto.)

Lilli legt los - 4. Sep, 18:43

Im Moment ist der Kühlschrank hier leer. Rührei vielleicht, das ginge noch. Sogar mit Schnittlauch aus dem Blumenkasten.
Zwitschie (Gast) - 4. Sep, 03:40

Für mich bitte eine kanadische Spezialität. Was gibt es denn in Ihrer Region Nennenswertes?

Lilli legt los - 4. Sep, 18:52

NENNENSWERTES, Sie haben vielleicht Ansprüche. Typisch ist in Québec die sogenannte Holzfällerküche - Fleisch und Kartoffeln in verschiedenen Varianten, und je kälter das Klima, um so süsser der Nachtisch. Also zum Beispiel ein Menu bestehend aus Paté chinois, Hackfleischauflauf mit Mais und Kartoffelbrei, der damals für die chinesischen Arbeiter, die die Eisenbahngleise durch Kanada legen mussten, erfunden wurde - billig und nahrhaft. Und aus dem gleichen Grund dann Pouding chômeur, ein süsser, auf einer Sosse aus Sahne und Ahornsirup gebackener Rührteig, den der grosse Strolch zu seinem Lieblingsdessert auserkoren hat.
Andererseits gibt's natürlich auch hier den Trend hin zur lokalen Küche mit Fisch und Wild, Pilzen und Kräutern. Das gibt's dann in überschaubaren Portionen in edlen Lokalen, in denen ich leider nicht häufig verkehre...
Zwitschie (Gast) - 5. Sep, 19:45

Oh super, danke für die ausführliche Antwort. Das klingt ganz interessant, und ich werde mir bestimmt die Rezepte mal im Internet anschauen!
Lilli legt los - 6. Sep, 11:13

Also, das Rezept für Pâté chinois geht so: "Steak, blé d'Inde, patates." Das ist hier ein geflügeltes Wort, seit die humoristische Sendung "La petite vie" sich über diesen Auflauf lustig gemacht hat. Die etwas dümmliche Tochter des Hauses schafft es nicht, sich die Reihenfolge dieses simplen Auflaufs zu merken und schichtet die Zutaten mal von oben nach unten, mal von links nach rechts in die Auflaufform. Googeln Sie mal.
Zwitschie (Gast) - 4. Sep, 03:41

Für mich bitte eine kanadische Spezialität. Was gibt es denn in Ihrer Region Nennenswertes?

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Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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