Montag, 12. Mai 2008

Mütter sind auch Menschen

Nur eine Muttertagskarte vom kleinen Strolch, eine wunderschöne. Je t’adore, je t’aimerai toujours, große Worte für so einen kleinen Kerl. Nix vom großen Strolch, da hatte wohl seine Lehrerin keine Lust, mit der Klasse noch zusätzlich zum normalen Programm einen Muttertagstext zu schreiben. Zuerst war ich darüber enttäuscht, dann ging ich Laufen und kam dabei zu der Erkenntnis, dass Kinder uns sowieso nur als Mutter lieben können, also als Institution, nicht aber als Person, und dass man das von ihnen auch gar nicht verlangen sollte. Sie sehen in uns die Versorgerin, die Seelsorgerin, nicht aber den Menschen, der sich vielleicht mit Fragen herumquält, Zweifel hegt oder liebend gern Mezzosopran geworden wäre… Fragt man später mal meine Kinder, wie ihre Mutter war, werden sie vielleicht (wenn ich Glück habe) erzählen, dass ich Maultaschen für sie machte und Pippi Langstrumpf vorlas, oder aber (im schlimmsten Fall), dass ich sie unterdrückte oder die Freude am Essen durch ständiges Triezen mit guten Tischmanieren auf immer vergällt habe. Jedenfalls wird ihr Bericht Lücken aufweisen, und das ist vielleicht auch gut so, denn Kinder sind nun mal nicht Freunde oder Liebhaber und sollten deshalb auch nicht zur Erfüllung der Bedürfnisse ihrer Mutter nach Anerkennung und Liebe herangezogen werden. Sie sollen ja gar nicht alles wissen. Oder vielleicht erst sehr viel später, wenn sie selbst einmal erwachsen sind. Erst dann werden sie vielleicht erkennen, was es heißt, Eltern zu sein, und dann erst werden sie sich so richtig bedanken können – nicht für die Maultaschen, wohl aber für den ganzen Rest.

Nächstes Jahr schicke ich die Strolche vielleicht am Muttertag mit Monsieur eine Weile fort, damit ihre Mutter mal Zeit hat, Mensch zu sein. Und danach wieder liebend gern Mutter ist und statt Karten mit hochtrabendem Text lediglich verlangt, fest in klebrige Arme geschlossen zu werden.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6187 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

Credits

Web Counter-Modul


Laufen
Lillis Positiv-Pakt
Mitmenschen
Reise in den Abgrund
Selbständig arbeiten
Strolche
Zeitmanagement
Zonstiges
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
Blog Top Liste - by TopBlogs.de Blog Verzeichnis Bloggeramt.de