Lilli und der Sommerzauber

Die Sommerferien haben angefangen, und da kein Mensch hier in Kanada 10 Wochen Urlaub hat, gehen die Kinder mindestens ein paar Wochen in sogenannte Camps. Camps sind Aktivitäten, die von der Stadt oder Vereinen organisiert werden und alles anbieten, was man sich nur vorstellen kann: Reiten, Fechten, Golf spielen, Kochen, Kanu fahren.... und natürlich gibt es auch Camps ausserhalb der Stadt, in denen die Kinder gleich eine ganze Woche lang übernachten.

Lilli hatte keine grossen Probleme, ein Camp für den grossen Strolch zu finden. Der kleine Strolch aber lehnte alles, was sie vorschlug, mit hochgezogener Nase ab. "Basketball? Zirkus? Mangas zeichnen? Tennis?", wollte Lilli wissen, aber der kleine Strolch schüttelte nur mit dem Kopf. "Scrapbooking? Hip Hop? Cheerleading?", aber auch das fand keine Gnade. "Ich warne dich, wenn ich nichts finde, landest du im Camp hier im Park", drohte Lilli im April.

Heute morgen machte Lilli ihre Drohung war und buchte eine Woche Camp im Park: basteln, spielen, singen, Freibad gehen. Nicht gerade die Wucht für einen kleinen Strolch, das war Lilli schon klar.

Kleiner Strolch: "Wie heisst das Camp?"
Lilli: "Magie estivale."
Kleiner Strolch (hoffnungsvoll): "Ein Zaubercamp?"
Lilli: "Nein, mit Zaubern hat es nichts zu tun."
Kleiner Strolch: "Was ist es denn dann?"
Monsieur (hinter dem Bildschirm hervorrufend): "Ein Kinderparkplatz!"

Oh ja, das hilft. Das Messer in der Wunde rumdrehen, das Lilli sich schon selbst in die Brust gestossen hat...
tpl - 27. Jun, 16:47

bei uns heißt das ganze noch nostalgisch "ferienlager". vor 4 jahren startete ich auch den versuch, wenigstens eine woche in den sommerferien ohne das komplette verwandtschaftsaufgebot eine woche ohne kinder zu gewinnen. u die burschen fuhren ins ferienlager. rauf auf den berg, max. 1/2 stunde vom heimischen bettchen entfernt. äußerst motiviert durch die romantischen schwärmereien der ferienlagererlebnisse der mutter.

am zweiten tag kam der anruf, dass der große heimweh hat u bitte sofort abgeholt werden sollte. der kleine (damals erst 6) zog die restliche woche alleine durch. u der große kannte diesen begriff bis dahin gar nicht. aber dank der fürsorglichen betreuerin wurde seine absolute langeweile, sein widerwille an gruppenspielen teilzunehmen u die wie o. erwähnte räumliche nähe sofort richtig diagnostiziert.

seitdem waren ferienlager bei uns im sommer tabu. seit vier jahren wird dieser begriff von april bis oktober in der familiären kommunikation tunlichst vermieden.
bis heuer (wieder der kleine - mittlerweile schon 10) nochmal nachbohrte, wie das bei mir so war - das mit diesen ferienlagern. u ich versuchte so gelangweilt wie möglich zu schwärmen (geht das überhaupt?).
der große ging währenddessen sofort in sein zimmer....

Lilli legt los - 27. Jun, 21:46

Hier gibt es Kinder, die 8 Wochen lang in diverse Camps müssen und von denen finden es mehrere sogar ganz toll, in den Ferien mal was ganz Anderes auszuprobieren, in einer lustigen Gruppe zu spielen, von einem Amusement zum nächsten bugsiert zu werden. Meine Kinder aber finden organisierten Gruppenspass grässlich, und ich kann sie sogar verstehen. Ich wollte doch auch nur zwei Wochen, in denen ich viel arbeiten kann, damit ich hinterher wieder den gutgelaunten Animateur spielen kann, der mit ihnen radelt, schwimmt und ins Museum und Eis essen geht, wie es ihnen gerade passt - ganz ohne "Gruppe"...
muellerto - 28. Jun, 00:56

Genau, Ferienlager. Ich hab's als Kind auch gehasst und die Tage gezählt. Drei Wochen lang keinerlei Privatspäre, Essen, Schlafen, Waschen, Spielen, Wandern, Kino ... immer alles zusammen. Gruppenspiele, ja, und dazu alberne Wettbewerbe. Und das Wasser im Schwimmbad war immer eiskalt. Bestrafungen und Schrankkontrollen. (Dabei haben sich die Beteiligten wahrscheinlich alle Mühe gegeben. Aber es ist halt nicht jeder ein geborenes Herdentier, auch mit 10 schon nicht.)
tpl - 28. Jun, 15:32

interessant.
vielleicht hat man nach fast dreißig jahren einfach ein verklärtes bild von dieser zeit; ich kann auf jeden fall sagen, dass es mir immer besonders gut gefallen hat. dafür gibts natürlich diverse gründe....
so hatte ich diese 4 sommer einen besonderen status, ich war immer die kleinste (körperlich) in der gruppe u ich lief als "floh" durchs lager; jeder nannte mich so, die meisten wussten nicht einmal, wie ich wirklich heiße. diese kleine anonymität, mitten in der pubertät, die hatte schon was ;)
aber auch sonst gaben sich die betreuer besonders viel mühe. intimsphäre war durchaus möglich, wir hatten fast ein ganzes tal für uns u durften uns relativ frei bewegen. da entstanden lagerfreundschaften, die jeden sommer aufgefrischt wurden, es wurden partys u feste gefeiert, ...

vielleicht war es eben auch deshalb so besonders, da ich schon etwas älter war u dadurch sehr froh um 3 wochen ferien ohne eltern war....
Lilli legt los - 28. Jun, 19:17

Meine Kinder finden schon die Ganztagesbetreuung grässlich, wie würden sie dann erst auf ein Ferienlager reagieren... schon bei Schulausflügen meckern sie, weil sie entweder ständig auf die Gruppe warten oder sich beeilen müssen, im Pulk aufs Klo geschickt werden und auf Kommando Hunger haben sollen. Das darf dann in den Ferien nicht auch noch weitergehen!

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Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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