Fred Pellerin, das Phänomen
Fred Pellerin ist ein Erzähler. Er stellt sich auf die Bühne, inzwischen auch in Paris, und erzählt aus seinem Dorf Saint-Élie-de-Caxton. Die meisten Geschichten hat ihm seine Oma erzählt, mit der er durchs Dorf laufen musste, um ihren Blutzuckergehalt runterzudrücken. Bei jedem Haus fiel ihr eine Geschichte ein - hier der Schmied mit der schönen Tochter, hier der Friseur, der gerne zuviel trank, dort drüben die Autowerkstatt, in der die Leute abends zusammenkamen, um Dame zu spielen - und der Enkel hat die Geschichten in seinem Herzen aufbewahrt, aufblühen lassen, mit viel Liebe zur Sprache und noch mehr Phantasie zu wahren Schmuckstücken der Erzählkunst aufpoliert. Wenn er von früher erzählt, hört man zwar das Feuer im Kamin prasseln, es ist aber kein nostalgisches, volkstümlich kariertes Mundartfeuer, wie man vielleicht befürchten könnte, sondern ein kraftvolles, zeitloses Feuer der menschlichen Natur, das zarte Momente genauso wie Ängste, Zweifel und andere vermischte Ausdrucksformen der Seele an die Wand wirft, wie es eine Multimediainstallation nicht besser machen könnte. Lilli würde gerne zu einer seiner Shows gehen, wenn sie nicht ständig ausverkauft wären. Zwei Filme sind aus seinem Erzählwerk hervorgegangen, die gut sind, aber anders als dieser lustige Mensch mit der runden Brille, der mit den Händen nach Worten ringt. Lilli kennt kein deutsches Gegenstück zu ihm.
Lilli legt los - 11. Jun, 09:00
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