Die Wahrheit über Hausfrauengymnastik

Dass Lilli nicht fit ist, wusste sie schon. Dass es aber so schlimm um sie steht, hätte sie nicht erwartet. Kaum legt die Gruppe, deren Altersdurchschnitt durchaus jenseits von Lilli liegt, nach dem Aufwärmprogramm mit Seilspringen los, wird Lilli schlecht. Ein paar Minuten später hört sie völlig erschöpft mitten in einer Übung auf, um nicht auf der Stelle tot umzufallen, während die anderen locker weiterturnen. Das wirklich Seltsame aber ereignet sich, als ihre Trainerin ihr ein aufmunterndes „Das wird schon noch“ zuruft. Da treten ihr nämlich völlig unerwartet die Tränen in die Augen. Lilli ist verwirrt, hat sie doch noch selten aus Erschöpfung geweint. Selbstmitleid? Eher unwahrscheinlich. Schließlich hat sie damit gerechnet, den Kurs anfangs schwierig zu finden, nachdem sie nun jahrelang wegen diverser Schwangerschaften und mysteriösem Zeitmangel nur unregelmäßig zum Schwitzen kam. Erst unter der Dusche dämmert es Lilli, was wohl mit ihr los ist: es ist die Erkenntnis, dass dieser Körper keine zwanzig mehr ist und auch keine dreißig mehr, und dass er nicht mehr einfach so wie früher von null auf hundert gebracht werden kann, die ihr zu schaffen macht. Früher machte es Lilli Spaß, sich so richtig anzustrengen, und sie verließ sich darauf, dass ihr Körper mitmachte. Jetzt merkt sie, dass ihr Körper allerlei Einwände hat und schonender behandelt werden möchte. Seine Argumente sind stichhaltig: „Wenn du nicht aufpasst“, sagt er, „tu ich dir im Rücken weh. Dann kannst du nichts mehr tragen oder gar ins Auto einsteigen. Oder ich mach dich schwindlig oder verpass dir Herzstechen, dass dir Angst und Bange wird. Oder deine Kniegelenke fangen an zu quietschen und machen jeden Schritt zur Hölle.“ Tja. Es wird eine Zeit dauern, bis Lilli fit genug ist, um mit den Hausfrauen Schritt halten zu können. Wie sich doch die Ziele ändern…
yonosequepasara - 25. Jan, 11:57

Ohweh...

...wiebekannt. Ich werde jetzt auch zuerst zum Orthopäden gehen, bevor ich mich ins Fitnesscenter traue..
:-/

"Das wird schon!"

muellerto - 26. Jan, 01:15

Mein Chef sagt immer, er sei nicht 44, sondern 22 mit 22 Jahren Erfahrung.

Lilli legt los - 26. Jan, 20:43

Meine Chefin ist schon Grossmutter und hält mehr aus als ich.
diekolumnistin - 26. Jan, 03:06

Das Ganze fängt ja schon mit 30 an. Oder mit 29 3/4. Ich weiß das.
Kopf hoch! Alt werden müssen zum Glück alle.

Lilli legt los - 26. Jan, 20:42

Aber dass mit dem Altwerden eine Art Zerfall einhergeht, ist ganz schön schwer zu schlucken. Ich will ja gerne graue Haare und Falten kriegen, aber Rücken und Knie können mir gestohlen bleiben!

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Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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