Die Wahrheit über Hausfrauengymnastik
Dass Lilli nicht fit ist, wusste sie schon. Dass es aber so schlimm um sie steht, hätte sie nicht erwartet. Kaum legt die Gruppe, deren Altersdurchschnitt durchaus jenseits von Lilli liegt, nach dem Aufwärmprogramm mit Seilspringen los, wird Lilli schlecht. Ein paar Minuten später hört sie völlig erschöpft mitten in einer Übung auf, um nicht auf der Stelle tot umzufallen, während die anderen locker weiterturnen. Das wirklich Seltsame aber ereignet sich, als ihre Trainerin ihr ein aufmunterndes „Das wird schon noch“ zuruft. Da treten ihr nämlich völlig unerwartet die Tränen in die Augen. Lilli ist verwirrt, hat sie doch noch selten aus Erschöpfung geweint. Selbstmitleid? Eher unwahrscheinlich. Schließlich hat sie damit gerechnet, den Kurs anfangs schwierig zu finden, nachdem sie nun jahrelang wegen diverser Schwangerschaften und mysteriösem Zeitmangel nur unregelmäßig zum Schwitzen kam. Erst unter der Dusche dämmert es Lilli, was wohl mit ihr los ist: es ist die Erkenntnis, dass dieser Körper keine zwanzig mehr ist und auch keine dreißig mehr, und dass er nicht mehr einfach so wie früher von null auf hundert gebracht werden kann, die ihr zu schaffen macht. Früher machte es Lilli Spaß, sich so richtig anzustrengen, und sie verließ sich darauf, dass ihr Körper mitmachte. Jetzt merkt sie, dass ihr Körper allerlei Einwände hat und schonender behandelt werden möchte. Seine Argumente sind stichhaltig: „Wenn du nicht aufpasst“, sagt er, „tu ich dir im Rücken weh. Dann kannst du nichts mehr tragen oder gar ins Auto einsteigen. Oder ich mach dich schwindlig oder verpass dir Herzstechen, dass dir Angst und Bange wird. Oder deine Kniegelenke fangen an zu quietschen und machen jeden Schritt zur Hölle.“ Tja. Es wird eine Zeit dauern, bis Lilli fit genug ist, um mit den Hausfrauen Schritt halten zu können. Wie sich doch die Ziele ändern…
Lilli legt los - 25. Jan, 11:33
Ohweh...
:-/
"Das wird schon!"