Was Charles Dantzig über Lilli zu sagen hat
Charles Dantzig, französischer Autor, sagt doch tatsächich neulich in der Montréaler Tageszeitung, dass die Erwachsenen, die Bücher für Jugendliche lesen, einer "Verjugendlichung" (diese Übersetzung stammt natürlich von Lilli, auf französisch sprach er von einem "phénomène «d'adolescentisation» des adultes") unterliegen, die wohl daher kommt, dass man immer später in den Ernst des Lebens gestossen wird und der Intellekt deshalb auch immer später reift bzw gar nicht so weit kommt, anspruchsvolle Literatur lesen zu können.
Ha.
An dieser Stelle möchte Lilli ganz bescheiden eine Erklärung wagen, warum manche Erwachsene zur Nachtzeit zu leichtester Lektüre greifen. Nehmen wir mal letzten Dienstag. Da wird Lilli eine halbe Stunde zu früh von einem weinenden Strolch geweckt, der Rückenweh hat. Rückenweh, wundert sich Lilli und tappst an das Kinderbett, um dort zu tasten, hier zu drücken und an der Stirn zu fühlen, ohne auch nur irgendein Indiz für den seltsamen Schmerz zu finden. Obwohl Lilli gerne noch ein wenig geschlafen hätte, fragt sie den Strolch nach Stuhlgang, ungewöhnlichen Bewegungen am Vortag (Eishockey? die Treppe runtergefallen?), schlechten Träumen und sonstigen denkbaren Ursachen aus, schleppt sich anschliessend in das Zimmer des anderen Strolches, um dort nach dem aufheizbaren Kuscheltier zu suchen, wartet schlotternd vor der Mikrowelle, geht zurück in das Zimmer des nun nur noch wimmernden Kindes und stopft ihm das Heizkissen in den Rücken. Während sie beruhigende Beschwörungsformeln murmelt, ziehen dunkle Gedanken durch ihren Kopf, die von Kinderlähmung bis Rückenmarkskrebs reichen und allesamt von einem Bild begleitet werden, auf dem der Strolch in einem Rollstuhl sitzt. Dann geht sie duschen, macht Frühstück, wirft sich in ihre Arbeitskluft, rennt zum Zug. Ruft kurz darauf zu Hause an, um sich zu erkundigen, ob der Strolch inzwischen aufstehen kann. Kann er, Gott sei dank. Und in die Schule gehen auch, na prima. Anschliessend arbeitet sie unter Zeitdruck sieben Stunden lang, scherzt mit Kollegen, steht Rede und Antwort. Fährt nach Hause, treibt die Strolche nach einer kurzen Umarmung und einem Blick auf die Uhr dazu an, doch jetzt bitte Hausaufgaben zu machen. Teilt sich auf zwischen oben (schon wieder eine Powerpoint-Präsentation) und unten (Pronomen? rechte Winkel???), macht Essen. Fährt einen Strolch und den Nachbarsjungen zum Hockey, bringt den anderen Strolch ins Bett. Sieht Nachrichten voller Katastrophenmeldungen, wartet auf das Ende des Hockeytrainings, hört sich Berichte über ungerechte Behandlungen und gloriose Tore an. Macht die Küche sauber, füllt die Trinkflaschen für den nächsten Tag, räumt Essensreste in den Kühlschrank.
Und dann, lieber Herr Dantzig, dann geht Lilli ins Bett und greift nach Percy Jackson. Nicht, weil sie intellektuell auf dem Niveau einer Vierzehnjährigen verblieben wäre, sondern weil es manchmal so unheimlich guttut, den Ernst des Lebens zusammen mit dem Intellekt für eine Viertelstunde aus dem Zimmer zu sperren. Bevor er dann in wirren Träumen wiederkommt.
Ha.
An dieser Stelle möchte Lilli ganz bescheiden eine Erklärung wagen, warum manche Erwachsene zur Nachtzeit zu leichtester Lektüre greifen. Nehmen wir mal letzten Dienstag. Da wird Lilli eine halbe Stunde zu früh von einem weinenden Strolch geweckt, der Rückenweh hat. Rückenweh, wundert sich Lilli und tappst an das Kinderbett, um dort zu tasten, hier zu drücken und an der Stirn zu fühlen, ohne auch nur irgendein Indiz für den seltsamen Schmerz zu finden. Obwohl Lilli gerne noch ein wenig geschlafen hätte, fragt sie den Strolch nach Stuhlgang, ungewöhnlichen Bewegungen am Vortag (Eishockey? die Treppe runtergefallen?), schlechten Träumen und sonstigen denkbaren Ursachen aus, schleppt sich anschliessend in das Zimmer des anderen Strolches, um dort nach dem aufheizbaren Kuscheltier zu suchen, wartet schlotternd vor der Mikrowelle, geht zurück in das Zimmer des nun nur noch wimmernden Kindes und stopft ihm das Heizkissen in den Rücken. Während sie beruhigende Beschwörungsformeln murmelt, ziehen dunkle Gedanken durch ihren Kopf, die von Kinderlähmung bis Rückenmarkskrebs reichen und allesamt von einem Bild begleitet werden, auf dem der Strolch in einem Rollstuhl sitzt. Dann geht sie duschen, macht Frühstück, wirft sich in ihre Arbeitskluft, rennt zum Zug. Ruft kurz darauf zu Hause an, um sich zu erkundigen, ob der Strolch inzwischen aufstehen kann. Kann er, Gott sei dank. Und in die Schule gehen auch, na prima. Anschliessend arbeitet sie unter Zeitdruck sieben Stunden lang, scherzt mit Kollegen, steht Rede und Antwort. Fährt nach Hause, treibt die Strolche nach einer kurzen Umarmung und einem Blick auf die Uhr dazu an, doch jetzt bitte Hausaufgaben zu machen. Teilt sich auf zwischen oben (schon wieder eine Powerpoint-Präsentation) und unten (Pronomen? rechte Winkel???), macht Essen. Fährt einen Strolch und den Nachbarsjungen zum Hockey, bringt den anderen Strolch ins Bett. Sieht Nachrichten voller Katastrophenmeldungen, wartet auf das Ende des Hockeytrainings, hört sich Berichte über ungerechte Behandlungen und gloriose Tore an. Macht die Küche sauber, füllt die Trinkflaschen für den nächsten Tag, räumt Essensreste in den Kühlschrank.
Und dann, lieber Herr Dantzig, dann geht Lilli ins Bett und greift nach Percy Jackson. Nicht, weil sie intellektuell auf dem Niveau einer Vierzehnjährigen verblieben wäre, sondern weil es manchmal so unheimlich guttut, den Ernst des Lebens zusammen mit dem Intellekt für eine Viertelstunde aus dem Zimmer zu sperren. Bevor er dann in wirren Träumen wiederkommt.
Lilli legt los - 9. Nov, 20:37
Hat der Kinder, der Herr Dantzig?
Kann nicht sein.
*kopfschüttel*