Montag, 21. September 2015

Drohung

"Diese Woche mache ich einen Nachtisch mit Tofu", sagt Lilli forsch, als sie vom Supermarkt mit einem Paket Seidentofu zurückkommt.

Jetzt werden die Strolche die ganze Woche lang keinen Nachtisch anrühren.

Donnerstag, 17. September 2015

Sternstunde im Freibad

Lillis Urlaubswetter war durchwachsen dieses Jahr. Es schien zwar jeden Tag die Sonne, aber es regnete auch jeden Tag. Optimistisch wurde trotzdem immer der Badeanzug mitgenommen, sodass Lilli kaum 5 Minuten nach einem Regenguss in den Genuss kam, in strahlender Sonne in einem der grössten Freibäder Nordamerikas mit nur vier anderen Leuten zu schimmen.

So sieht das Freibad von oben aus:
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Das Becken soll 36 Meter breit sein - an der Stirnseite sind die Bahnen für die Schwimmer abgeteilt. Nach der Länge hat Lilli nicht gefragt. Und so viele Leute gehen rein:

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Irre.

Dienstag, 15. September 2015

Wenn nicht du, dann ich

Lilli hat einen Stapel Bücher für den grossen Strolch mitgebracht. Er ist jetzt in der 10. Klasse und muss sich bald für ein College entscheiden, in dem er die letzten beiden Schuljahre zubringt, bevor er dann studieren kann (oder auch nicht). Verschiedene Colleges bieten verschiedene Programme und Profile an, manche mit und manche ohne Naturwissenschaften, die dann die Studienwahl einengen können - wer im College kein Mathe hat, kann hinterher nicht Psychologie studieren. Man kann auch ein dreijähriges Collegeprogramm wählen, dann hat man einen technischen Abschluss, mit dem man Friseur werden kann oder Maler und Anstreicher, indem man anschliessend im Betrieb die Praxis lernt. Kurzum, um sein College zu wählen, sollte man schon ungefähr wissen, was man später werden will, und damit scheint es dem grossen Strolch nicht eilig zu sein. Klar ist er erst 16 und in diesem Alter wusste Lilli auch noch nicht, welche Laufbahn sie später einmal einschlagen würde. Trotzdem muss er, wie alle anderen Zehntklässler hier auch, bis März seine Anmeldung abschicken. Die ganzen Informationsabende der Colleges und Universitäten finden im Oktober statt.

Deshalb also der Stapel Bücher über College- und Unikurse, Laufbahnen, Berufsfelder, Qualifikationen, Anstellungschancen und Verdienstspannen. Ein Buch hat es Lilli ganz besonders angetan. Mithilfe von Fragebögen über Vorlieben, Ziele und Interessen wird zuerst eine Richtung (Menschen, Sachen, Verwaltung, Kultur) eingegrenzt, dann wird es trichterförmig immer enger, bis zum Schluss ein Berufsfeld herauskommt und dafür Studien- und Ausbildungsmöglichkeiten beschrieben werden. Sowas hätte sie mal haben sollen früher! Der grosse Strolch zeigt jedoch wenig Begeisterung - nicht, dass er die Worte "Psychokram" benutzt hätte, aber Lilli kann ihm vom Gesicht ablesen, dass er keine Lust auf Selbsterkenntnis hat.

Trotzdem sind die Fragebögen zu verlockend, um sie nicht auszufüllen. "Ich kümmere mich lieber um Zahlen als um Menschen", "Ich arbeite gerne daran mit, Dinge so schön wie möglich zu machen", "Ich gehe gerne Problemen auf den Grund, auch wenn es lange dauert und ich viel Fragen stellen muss"... Schon hat Lilli den Kugelschreiber gezückt.

Freitag, 11. September 2015

2015 in einer Grossstadt

Der kleine Strolch geht jetzt, mit 14, allein zum Arzt. Vom Arztbüro aus ruft er Lilli an.
Kleiner Strolch: "Wie heisst noch mal die Salbe, die jetzt alle ist?"
Lilli: "Kann ich mich nicht erinnern. Aber die Ärztin muss das doch wissen, die hat sie dir doch selbst verschrieben."
Kurzes Gemurmel in der Leitung.
Kleiner Strolch: "Nein, die Ärztin weiss es auch nicht mehr."
Lilli: "Aber das muss doch in deiner Akte drinstehen."
Erneutes Gemurmel.
Kleiner Strolch: "Tut es nicht."

Ja, diese Arztpraxis funktioniert noch mit Papier.

Dienstag, 8. September 2015

The dark side of the moon

Ahhhh. Schon lange hat Lilli kein Buch mehr gelesen, das sie so gefangen hielt. Jeden Abend freut sie sich aufs Schlafengehen, um lesend auf die "Insel der besonderen Kinder" zurückzukehren, auf der sich gruselige Sachen tun. Dort gibt es ein schwebendes Mädchen, das mit beschwerten Schuhen durch die Gegend läuft und beim Mittagessen auf ihrem Stuhl angebunden werden muss, einen Jungen, der einen Bienenschwarm in sich beherbergt und noch viele andere Kinder, die Jakob von seltsam ernsten Photos kennt, die er lange für mehr oder weniger elegante Fälschungen hielt. Eine dunkle Faszination geht von diesem Buch und seinen Schwarz-Weiss-Bildern aus - hier gibt es keine heile Welt, oder vielmehr, es gibt sie, aber sie ist - wie könnte es auch anders sein - vom Untergang bedroht. Herrlich mulmig.

Donnerstag, 3. September 2015

Schwaben sind ja so vorhersehbar

Wenn man Besuch beherbergt, der bloggt, dann kann man hinterher online nachlesen, wie man abgeschnitten hat. Die Nichte aus Deutschland fand die Montréaler sehr freundlich und die Omnipräsenz der zwei Sprachen cool und praktisch. Die Häuser sehen alle gleich aus, es gibt viele Einbahnstrassen und beim Football viele Regeln, die keiner versteht. Das Beste aber war, dass Lilli Maultaschen gemacht hatte - nach einer Woche Zelten das Beste, was die Nichte sich vorstellen konnte. Wie gut, dass sich Lilli dazu noch aufgeschwungen hatte...

Donnerstag, 13. August 2015

Aufmunterung

Lilli kennt das ja schon. Nach jedem Urlaub kommt sie ins Büro zurück und ist überzeugt davon, es nicht zu schaffen. Wie man sich da konzentrieren muss! Und lange auf dem Stuhl sitzen. Und so viel arbeiten, ganz ohne Unterbrechung. Sie kommt sich unfähig vor und sieht die Arbeitslast auf sie einstürzen wie einstürzende Neubauten. Wie schnell man denken muss bei all der Arbeit, und wie schnell von einem Thema auf das andere springen, und das ohne Mittagsschlaf oder Zwischendurch-die-Beine-hochlegen. In ein paar Tagen wird ihr Gehirn wieder auf Höchstgeschwindigkeit laufen und sie wird ihr Arbeitspensum bewältigen wie zuvor auch. Bis dahin aber hat sie noch Schweissausbrüche und den schier ununterdrückbaren Drang, am Schreibtisch sitzend laut nach Hilfe zu rufen.

Bevor sie das nächste Mal Urlaub macht, sollte sie sich selbst eine E-Mail schreiben: "Du kannst das. Du schaffst das. Du kriegst das hin." Wahrscheinlich gibt es sowas sogar schon als Sticker, den man sich an den Spiegel kleben kann.

Mittwoch, 12. August 2015

Kind, steh wieder auf

Am Wochenende ist Lilli im Wald ausgerutscht und, da sie die Hände mit ihrer Kamera voll hatte, aufs Knie gefallen. Nicht das rechte Knie, das ihr sowieso schon wehtut, sondern das linke gute Knie, das jetzt eine Schürfwunde voller Erde hat. Sie hat es ein wenig ausgewaschen und damit gedacht, sich nicht weiter kümmern zu müssen. Als sie das Knie im Freibad ins gechlorte Wasser hielt, brannte es ziemlich. Seither hat die Wunde eine Kruste, die jedesmal beim Bücken aufbricht, sowie eiterige Stellen und geschwollenen Haut ringsum. Lilli trägt Wundsalbe auf, humpelt und leidet.

Kaum zu glauben, dass so eine Kinderverletzung einem erwachsenen Menschen so weh tun kann.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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