Selbst ist die Frau
In der Nacht von Montag auf Dienstag ging es dem kleinen Strolch schlecht. Erbrechen, Bauchweh, "Mama-bleib-bei-mir-Syndrom", weshalb Lilli die kostbaren Stunden Dunkelheit vor ihrer Pressekonferenz damit zubrachte, unbequem auf einer Bettkante zu sitzen, den kleinen Strolch zu streicheln und "Es wird bald vorbeigehen" zu murmeln. Was insofern nicht weiter schlimm war, als sie auch ohne derartige Zwischenfälle nicht geschlafen hätte, sondern nervös im Bett gelegen wäre und darüber nachgedacht hätte, was am kommenden Tag alles schief laufen könnte. Und je öfter Lilli "Es wird bald vorbeigehen" sagte, umso tröstender fand sie sich selbst, denn nicht nur die nächtlichen Bauchkrämpfe ihres Sohnes, sondern auch ihr nächster Tag und die damit verbundene Angst würden vorübergehen, das wurde ihr klarer, je heller draussen der Morgen durch die Fenster drang. Das ist es wohl, die Altersweisheit, die vielgelobte, die Gelassenheit derjenigen, die Angst überwunden und schlaflose Nächte am Bett kranker Kinder oder verzweifelter Ehegatten durchgestanden haben: die Tage und Nächte gehen vorbei, reihen sich im immer gleichen Rhythmus aneinander, Sonne auf-unter-auf-unter, ohne dass sich irgendjemand da oben damit aufhalten würde, was die Menschenkinder da unten so alles erleben. In den fahlen Morgenstunden, den Rücken gegen einen regenbogenfarbenen Riesenfrosch gelehnt, empfand Lilli das als grosse Beruhigung.
Lilli legt los - 16. Sep, 09:31