Mittwoch, 13. Januar 2010

Golf-Krieg in Kanada

Der große Strolch hat liebe Freunde, von denen Lilli nicht gedacht hätte, dass sie allesamt mit Nerf-Gewehren in grellen Neonfarben ausgestattet sind. Lilli lebt mal wieder hinter dem Mond, und nur dank ihrer Kinder bekommt sie ab und zu einen Einblick in die richtige Welt, wie sie da draußen herumlungert. „Morgen Nachmittag ist Krieg auf dem Golfplatz“, sagt der große Strolch freudestrahlend am samstäglichen Frühstückstisch. „Wie, Krieg?“, fragt Lilli verständnislos zurück. Der große Strolch klärt sie auf: zwei Banden schlagen ihrer „Basis“ auf dem Golfplatz auf und versuchen, sich gegenseitig die Fahne abzujagen. Alle sind mit Nerfs ausgerüstet, und da der große Strolch so etwas nicht besitzt (aber gerne haben möchte, wie er gleich eifrig hinterherschiebt), leiht ihm einer seiner Freunde, der davon gleich zwei hat, eins aus. Lilli denkt nach. Früher hat sie auch Krieg gespielt, mit ausgedachten Waffen oder aber den Pistolen, die sonst nur an Fasching aus der Kiste genommen wurden. „Indianer und Cowboy“, nannten sie es damals, Lilli und die Jungs in ihrer Straße. Das Spiel bestand darin, von einem Grundstück zum anderen zu rennen, sich gegenseitig abzuschießen, „Du bist tot!“ zu rufen, und der Totgeschossene musste bis 10 zählen, bevor er weiterrennen durfte. So was gehört zur Kindheit dazu, beschließt Lilli und erlaubt dem großen Strolch, in den Krieg zu ziehen. Am Sonntag abend kommt er enttäuscht wieder nach Hause. „Es war doch kein Krieg“, sagt er mürrisch. „Die andere Bande war so gut versteckt, dass wir sie gar nicht gefunden haben.“ „Was habt ihr dann so lang gemacht?“, fragt Lilli neugierig, denn der städtische Golfplatz bietet ansonsten nur wenig Gelegenheit zum Spielen. „Wir haben uns selbst abgeschossen, das war auch lustig“, meint der große Strolch schon etwas munterer. „Aber?“, hakt Lilli nach. „Aber richtiger Krieg wäre besser gewesen.“

Montag, 11. Januar 2010

Was ist so schlimm an Perlenketten, fragt Muellerto

Es gibt Sendungen und Zeitschriften, in denen es hauptsächlich darum geht, wie man auf einen Rutsch 10 Jahre jünger aussehen kann: je nach Höhe der einzubringenden Investition wird da vorgeschlagen, aufrechter zu gehen, den Pferdeschwanz höher zu tragen oder aber Nase, Stirn, Mund und warum nicht auch noch die Ohren von einem fingerfertigen Chirurg neu drapieren zu lassen. Da werden Zähne gebleicht und zurechtgerückt, Haare gesträhnt, Augenbrauen gezupft, Garderoben neu gestylt und Absätze um Zentimeter erhöht. Alle wollen in die gleiche Richtung – vom Alter zurück in die Jugend, weil Jugend schön ist und Alter unerwünscht. Wer aber, aus welchen schwer vorzustellenden Gründen auch immer, gerne 10 Jahre älter und so bieder wie ein Waffeleisen aussehen möchte, braucht nur zu einer Geheimwaffe zu greifen: der klassisch aufgereihten Perlenkette, gerne auch mit passenden Ohrsteckern. Wer so was anhat, womöglich noch mit Halstuch im Blusenausschnitt, signalisiert, dass er kein weiteres Interesse an körperlichen Vergnügungen hat oder diese ohne zu zögern gegen ein gepflegtes Essen in einem Viersternelokal eintauschen würde. Dass er keinen Spaß versteht, weil sein Augen-Makeup verläuft, wenn er zu viel lacht, und zudem viel zu sehr damit beschäftigt ist, die Mitmenschen zu beeindrucken, um auf Komisches, Spontanes oder Anrührendes eingehen zu können. Das ist das Schlimme an Perlenketten, dass ihre Schönheit nicht den Träger interessanter macht, sondern Distanz schafft zwischen demjenigen, dem sie um den Hals liegt, und allen anderen, die sie betrachten. Dass sie „Hier!“ schreit und „Reichtum!“, als ob sie es nötig hätte, sich anzupreisen, anstatt leise all die Augen zu verführen, die über ihre Rundungen hinweggleiten…

Freitag, 8. Januar 2010

Rilke hat recht

Hier hat jemand in Rilke geblättert und Schönes gefunden. Vor allem die Zeile „Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles“ hat es Lilli angetan. Genau so könnte man ihre Rückkehr an den Zweitagesjob nach den Weihnachtstagen zusammenfassen, die ihr wieder einen Klumpen im Bauch beschert hat, der das Verdauen von fester Nahrung nahezu unmöglich machte. Angst, so weiß Lilli jetzt, sitzt eindeutig im Magen, nicht im Kopf. Andererseits hat sie, so muss man nach eingehender Betrachtung am Ende der Woche feststellen, die Rückkehr überstanden, ohne dabei tot umzufallen. Ist doch schon was.

Donnerstag, 7. Januar 2010

Lillis gute Vorsätze

Gesünder essen, mehr bewegen, eine bessere Mutter sein. Das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden lernen. Mehr lachen, weniger bügeln. Um wenigstens einen ihrer guten Vorsätze in die Tat umzusetzen, hat sich Lilli für den Gymnastikkurs „Fit und straff“ angemeldet, der als einziger des gesamten städtischen Sportangebots genau an den Tagen vormittags stattfindet, an denen Lilli nicht arbeitet – wenn das kein Zeichen ist. Da die Broschüre keinerlei Auskunft über die Kursinhalte gibt, hatte sie allerdings so ihre Zweifel, ob dieser Kurs wohl das Richtige für sie sei. Diese wurden jedoch kurzerhand weggewischt, als die Anmeldedame ihr auftrug, doch bitte das Kürzel „AFH“ auf ihrem Anmeldeschein einzutragen. „AFH?“, fragte Lilli verständnislos. „Abdos, fesses, hanches“, erklärte die Dame hilfreich und lächelte betreten. Lilli lächelte zurück. Der Kurs wird tatsächlich genau ins Schwarze treffen.

Dienstag, 5. Januar 2010

Lillis Geschenke-Hitparade

Lillis doofstes Geschenk kam dieses Jahr von Monsieur, der normalerweise ein kluger und großzügiger Schenker ist. Nun aber hatte er sich in den Kopf gesetzt, Lilli eine Perlenkette zu schenken – ein Objekt, das er ihr schon vor Jahren gern angedreht hätte, worauf sie entsetzt so etwas wie „Perlen nicht vor 40“ gestammelt hatte und meinte, damit für lange Zeit (oder gar für immer, denn mit 26 sieht 40 tatsächlich aus wie scheintot) aus dem Schneider zu sein. Nun ist aber Lilli 2009 ganz unumstritten 40 geworden, worauf Monsieur es nicht lassen konnte, seinen heimtückischen Vorsatz in die Tat umzusetzen. Natürlich wusste er, dass Lilli sich nicht unbedingt darüber freuen würde, aber er hat die Kette ja auch gar nicht ihr geschenkt – sondern sich selber. Hat er doch tatsächlich zuerst Lilli eine kleine Schachtel mit Perlohringen auspacken lassen, bevor er selbst eine etwas größere Schachtel auspackte, die Kette hochhob, sich freute, sie gebührend bewunderte und sie anschließend an Lilli mit der Entschuldigung weiterreichte, dass sie für ihn doch wohl etwas zu kurz sei. Grummelnd legte Lilli die Kette an, befand sie für schön (verstehen wir uns richtig: die Kette ist, ganz objektiv betrachtet, schön, nur eben an Lilli nicht) und betrachtete unwirsch die Dame, die ihr da aus dem Spiegel entgegensah. Sie sah aus wie die Vorsitzende der Benefizveranstaltung zugunsten des örtlichen Waisenhauses oder aber wie die Frau des Bürgermeisters in Pippi Langstrumpf. Eine seltsame Verwandlung, die Lilli vielleicht noch dadurch etwas mildern kann, dass sie die Kette nur zu Jeans und T-Shirt trägt… Das schönste Geschenk kam dieses Weihnachten übrigens vom kleinen Strolch, der sich vor Lilli hinstellte und ihr deklamierte, dass er mindestens dreimal ohne Jammern mit zum Langlaufen gehen würde. Ja, dieser Mann hat sich überlegt, womit er Lilli WIRKLICH eine Freude bereiten kann!

Sonntag, 3. Januar 2010

Querdenker

Wenn es auf der Autobahn von links nach rechts schneit anstatt von oben nach unten, gibt es eigentlich keinen ausreichend wichtigen Grund, sich überhaupt auf der Autobahn zu befinden. Dachte sich Lilli gestern abend von 8 bis 11 Uhr jedenfalls. Monsieur hat sie trotzdem alle heil nach Hause gebracht und verdient sich somit, nach all den Jahresrückblicken, den Titel "Erster Held des Jahres 2010".

Montag, 21. Dezember 2009

Lilli weiß noch...

...die blauen Christbaumkugeln, in denen man sich spiegeln konnte und dabei lächerlich verformt UND blau im Gesicht aussah;

...die Puppenküche mit den kleinen, in ein winziges Geschirrtuch eingewickelten Löffeln, mit der Lilli nur an Weihnachten spielen durfte;

...das Klingeln des goldenen Glöckchens, das der Vater dann bimmeln ließ, wenn alle Kerzen angezündet und alle Geschenke unter dem Baum verteilt waren;

...das Weihnachtsfest 1975, an dem sie endlich lesen konnte und der Tante aus ihrem ersten Buch vorlas: „Und ganz tief in meinem Herzen denke ich immer noch: du stinkst“, und das entsetzte Gesicht der Tante;

Und so sehr Lilli auch nachdenkt, weiter geht ihre Liste der schönen Erinnerungen an Weihnachten nicht. An Geschenke, obwohl es sie stapelweise gab, kann sie sich nur undeutlich erinnern, keines davon hat es geschafft, so bedeutungsvoll zu sein, dass es ihr bis heute im Gedächtnis hängengeblieben wäre. Und Lilli fragt sich, warum sie heute extra noch in der Mittagspause bei minus 200 Grad ins Kaufhaus gestiefelt ist, um den Strolchen neue Schlafanzüge zu kaufen…

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Lilli hat die Panik

So, wie es im Moment aussieht, scheint es die beste Lösung zu sein, Weihnachten erst im Januar zu feiern. Denn bis nächsten Donnerstag kriegt Lilli garantiert nicht alles auf die Reihe. Die "Gutsle" wurden bis auf Lebkuchen radikal gestrichen, die Dekoration bisher auf ein Minimum reduziert. Geschenke müssen zum Grossteil heute gekauft werden und das Weihnachtsessen... ja, das Weihnachtsessen hat noch überhaupt keine Form angenommen. Ob der Pizzaservice wohl auch am 24. liefert?

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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