Mittwoch, 9. Juli 2014

Das "Belgian Wax"-Prinzip

Wer die amerikanische Serie "Will & Grace" kennt, weiss auch, was ein "Belgian Wax" ist - eine Epilation im Bikini-Bereich, die so weh tut, dass man hinterher eine belgische Waffel essen muss, um sich zu trösten. So ähnlich geht es Lilli mit dem Kieferorthopäden, dessen Besuche sich bei zwei Strolchen häufen und der so doof liegt, dass die Strolche nicht mit Bus oder Metro hinfahren können. Unweit davon hat Lilli jetzt eine Bäckerei aufgetan, die das beste Baguette, die himmlischsten Croissants und sogar Vollkornbrot mit Kruste hat. Ein wahrhaftiger Bäcker, der morgens um 6 schon offen hat, weil er versteht, dass man frisches Brot zum Frühstück braucht und nicht erst um 8, wenn der Supermarkt aufmacht! Für Deutschland eine Selbstverständlichkeit, ein Grundrecht, eine notwendige Lebensbedingung, die aus dem Alltag nicht wegzudenken ist, hier allerdings eine Seltenheit. Sogar Mitschele hat er (die Schwaben werden verstehen, was das ist; der Name kommt übrigens vom Französischen "michette"). Deshalb: schon wieder ein Termin bei Doktor S.? Prima, ich fahr dich hin.

Wenn Deutschland spielt

Ab 10 vor fünf bekommt Lilli E-mails mit dem Spielstand ins Büro geschickt. 4-0, heisst es, dann 5-0, später 7-0. Das "für Deutschland" steht noch nicht mal dabei, das wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Die Sender nehmen an, Lilli freut sich darüber, und das Erstaunliche ist: sie tut es tatsächlich.

Montag, 30. Juni 2014

Anglerlatein

Wer von Québec aus nach Norden abbiegt, kann zwei Stunden durch Tannenwald fahren, ohne auch nur einer einzigen Ausfahrt zu begegnen.
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Die herbe Landschaft, in der nicht viel passiert, obwohl das Auge immer wieder die Zäune entlanggleitet auf der Suche nach einem Rentier, verleitet zu fotografischen Experimenten.

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Belohnt wird man mit einem einsamen See, der alles bietet, was für ein Wochenende Erholung nötig ist: viel Grün, wenig Nachbarn, einen Biber, ein Kanu, vierundsiebzig Unken und, ach ja, auch ein paar Forellen.

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Allein für den einsamen See hätte man aber nicht so weit fahren müssen. Die gibt es hier, wo man mit den Gummistiefeln nur hintritt.

Sonntag, 29. Juni 2014

Mit Kindern reisen

Erstaunlicherweise sah das Rührei, das der grosse Strolch in grossen Mengen auf sich erbrach, noch genau so aus wie vier Stunden zuvor, als es noch auf seinem Teller lag. Jetzt sass er allerdings im Auto, in dem die Familie gedachte, noch weitere drei Stunden zuzubringen, und sah ungläubig auf sich herab.

Merke: beim Versuch, Erbrochenes aus fremden Kleidern zu wischen, stets die Lippen zusammenpressen, um nicht selbst das Übel weiter zu verschlimmern.

Mittwoch, 18. Juni 2014

Lektion

Lilli hatte ihrer schwangeren Kollegin letzte Woche ein paar Ricola-Kräuterbonbons aufgenötigt ("was Gutes aus der Schweiz"), da sie ununterbrochen hustete und das in einem Grossraumbüro nicht zu ignorieren ist. Jetzt zeigt ihr die Kollegin, dass auf der Packung vor dem Verzehr während der Schwangerschaft gewarnt wird. Lilli hat ein schlechtes Gewissen und nimmt sich vor, schwangeren Frauen nie mehr auch nur irgendwas zu sagen. Noch nicht mal den Busfahrplan.

Zitatschlacht

"Wenn man nichts vorhersieht, geschieht viel Unvorhergesehenes", sagte Lillis Generaldirektor vor versammelter Mannschaft, worauf der Gastvortragende glatt mit "Wenn ein Seemann nicht weiss, welches Ufer er ansteuern soll, dann ist kein Wind der richtige" konterte. Ein Sprichwort ist von Seneca, das andere ist glatt erfunden, aber beide sind sie gut.

Freitag, 13. Juni 2014

Immer wieder was Neues

Lilli soll im Büro ab dem Sommer mal was ganz anderes machen. Ihre Chefin hat beschlossen, alle Kollegen kräftig durchzuschütteln, damit alle noch mehr polyvalent werden und jeder jeden im Stegreif ersetzen kann, falls mal was sein sollte. Lilli, die aus einem anderen Etat bezahlt wird und eine schnuckelige, schön abgegrenzte Nische bedient, wurde davor bisher verschont. Jetzt aber hat ihre Chefin sie zu sich gerufen, hat ihr gesagt, sie solle doch mal die Tür zumachen, und ihr was Neues angeboten. Lilli kennt sich inzwischen und weiss, dass sie auf Neues erst mal mit Ablehnung reagiert, erst mal nur den Verlust sieht und nicht den Gewinn, der mit Veränderung durchaus kommen kann, und erst mal nur sicher ist, das Neue auch gar nicht schaffen zu können. Gerne hätte sie darüber mit Monsieur geredet, denn Reden hilft immer, Klarheit in die Gedanken zu bekommen, und Monsieur hat, wenn es nicht ihn selbst betrifft, oftmals gute Ideen und Menschenkenntnis. Monsieur aber ist müde. Er liegt auf dem Sofa oder auf dem Bett, vor dem Fernseher (Fussball jetzt zu Unzeiten, d.h. den ganzen Nachmittag über!) oder unter der Zeitung, und schläft. Lilli wartet, und während sie wartet, steigt ihr Änderungsbarometer von ganz allein langsam von Ablehnung auf Neutral. Wer weiss, wenn sie noch ein, zwei Tage wartet, schiebt es sich vielleicht zitternd in Höhen, die an Positiv grenzen? Was das Leben einem aber auch abverlangt, immer diese Flexibilität und das Anpassungsvermögen! Erst 5 Jahre ist es her, dass Lilli in ihrem Job angefangen hat, und kaum hat sich ein bisschen Routine eingestellt, soll sie ihn auch schon wieder abgeben...

Donnerstag, 12. Juni 2014

Haarige Sache

In Montréal soll jetzt bald ein Katzencafé aufmachen - ein Café, das ein Dutzend Katzen beherbergt, die man dort streicheln darf, während man Kaffee trinkt. "Ronron Thérapie" heisst das auf französisch. Lilli und der kleine Strolch freuen sich schon.

Mittwoch, 11. Juni 2014

Pfingsten, das liebliche Fest

"Was ist denn heute für ein Feiertag in Europa?", fragte Monsieur am Montag, nachdem er nicht zu seinen Schweizer Kontakten durchkam. "Pfingsten", antwortete Lilli. Sie hätte auch "Schweinebraten" sagen können, so wenig hilf ihm das weiter...

Die Ruhe nach dem F1-Sturm

Monsieur fand das Montrealer Formel 1-Rennen am Wochenende aufregend. Lilli ist froh, ihren Fahrradweg wieder für sich alleine zu haben. Nur für sie, eine Handvoll andere schweigsame Radler und 2 Millionen Möwen, die sich über die Hotdog-Reste hermachen.

Samstag, 7. Juni 2014

Besser spät als nie

Am Freitag spricht Lillis Schwester auf den Anrufbeantworter: "Ich wollte mit Dir reden, aber das geht wohl im Moment nicht". Schnippisch kann sie schon sein, die Schwester, aber so ganz ohne Vorwarnung? Vielleicht ist ja auch was passiert, fährt Lilli wie immer bei Anrufen aus Deutschland durch den Kopf. Als Lilli sie zurückruft, ist sie aber ganz nett und meinte nur, sie wollte mit Lilli noch mal reden, bevor sie in den Urlaub führe. Insgesamt also ein harmloses Schwesterngespräch, es geht um die Eltern, Kroatien und Urlaubslektüre, ausserdem um Sterbehilfe, Friseurbesuche, die Themenleiter rauf und runter.
Am Samstag, als Lilli vom Einkaufen kommt, sagt ihr Monsieur: "Übrigens hat Deine Schwester am Mittwoch angerufen." Wenigstens erklärt das jetzt den schnippischen Ton vom Freitag.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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