1x1 für Freelancer - die grosse weite Welt da draussen

Je länger man im Komfort der eigenen vier Wände arbeitet und dieses genießt, um so schwieriger scheint es, den Schritt nach draußen in die Welt zu wagen, wo man mit unvorhersehbaren Menschen und Problemen IN ECHTZEIT konfrontiert wird, anstatt sie durch E-Mail erst einmal filtern zu können. Auf dem Weg zur neuen Arbeit jedenfalls kommt es Lilli auf einmal so vor, als sei ihre Wohnung so ziemlich der gemütlichste Ort, den sie sich vorstellen kann, und wünscht sich – zu einer embryonalen Rolle eingerollt – zurück unter ihren Schreibtisch. Trotzdem geht sie mit ihrem schick angezogenen Körper in richtigen Schuhen brav zum Bahnhof und reiht sich in die dort Wartenden ein, die allesamt zwar auch nicht breitschultriger aussehen als sie, anscheinend aber dem kommenden Tag gelassen genug entgegensehen, um nicht mit hektischen roten Flecken im Gesicht wilde Tänze aufzuführen oder mit den Fäusten auf den Boden zu trommeln und „Nein, ich will nicht“ zu schreien. Lilli hofft, irgendwann einmal auch so weit zu sein. Im Moment aber drückt sie sich die Fingernägel in die Handflächen, bis dort je vier kleine Halbmonde zu sehen sind.
chamäleon123 - 23. Sep, 02:43

Ja, nicht? Diese vermaledeite Echtzeit und die abhanden gekommene Eloquenz. Gerne würde man jeweils schreibend antworten.

Lilli legt los - 23. Sep, 18:31

Ja, man kommt einfach professionneller rüber, über den Computerbildschrim, als in Person. Wobei: ich konnte inzwischen feststellen, dass meine Kollegen keine Piranhas zu sein scheinen - die sind vielleicht sogar ganz nett und können womöglich ganz gut mit Lillis Unperfektheit leben!
muellerto - 23. Sep, 07:30

Menschen in Echtzeit sind immer schwierig. Der Wörst Case sozusagen. (Deswegen klappt ja die virtuelle Welt so gut.)

Ich hatte mal einen Arbeitgeber, es war eine der grössten Firmen in der Schweiz, der war sehr offen für allerlei Neuerungen zur Steigerung der Kreativität und hatte u.a. auch das erkannt und erlaubte Heimarbeit, einfach auf Antrag. Einen Laptop hatte ohnehin jeder. Die Firma bezahlte sogar den Netzanschluss. Man konnte, glaub ich, bis zu 50% zu Hause arbeiten. Aber ehrlich, das weder richtig hier noch richtig dort Sein hat auch seine Nachteile. Man gehört nirgends richtig dazu, bekommt vieles nicht mit, sieht viele Kollegen kaum, weil die es auch so machen, wird vom Chef nicht richtig ernstgenommen, man zählt ja zu denen, die nie da sind, usw.

Ein vernünftiges Wörst-Case-Szenario ist also durchaus anzuraten.

P.S.: Bitte mehr Bilder von dem schick angezogenen Körper hier.

Lilli legt los - 23. Sep, 18:39

Die richtigen Schuhe sind ein viel grösseres Ereignis als die schicken Klamotten... da muss man sich erst einmal wieder daran gewöhnen, an diese begrenzte Fussfreiheit, nachdem man seine Arbeitstage zum Grossteil in Birkenstocks verbracht hat. Und was die Heimarbeit angeht (da fällt mir immer unsere frühere Nachbarin ein, die auf dem Balkon irgendwelche medizinischen Schläuche zusammensteckte, um was dazuzuverdienen), die ist tatsächlich für Freelancer einfacher, da die von vornherein wissen, dass sie nirgends dazugehören!

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Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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