Strolche
Der kleine Strolch sitzt am Frühstückstisch und strahlt so viel stille Zufriedenheit aus, dass er direkt schnurren müsste. Lilli setzt sich zu ihm. "Ich esse Miniwheats-Staub mit Milch", erklärt er ihr und meint damit die Handvoll Brösel, die sich immer auf dem Boden der Müslipackung ansammelt und bei Miniwheats hauptsächlich aus Zuckerglasur besteht.
Für dieses Kind ist keine Freude zu klein, um nicht richtig gewürdigt zu werden.
Lilli legt los - 16. Mai, 11:59
Des grossen Strolches neuer Spielplatz:
Noch dazu hat es am Wochenende geregnet, sodass Lilli noch nicht mal sagen konnte, es sei Verschwendung, den Samstagnachmittag drinnen zu verbringen...
Lilli legt los - 24. Apr, 05:00
"Wenn ihr heute abend Stöhnen und Geschrei hört, dürft ihr auf keinen Fall hochkommen und die Tür aufmachen", erklärt Lilli den Strolchen. "Warum, was macht ihr denn?", fragt der kleine Strolch (der grosse Strolch traut sich nicht). "Steuererklärung."
Lilli legt los - 21. Apr, 05:00
Da der grosse Strolch Agatha Christie mag, drückt ihm Lilli nach dem Büchereibesuch "Rebecca" von Daphné du Maurier in die Hand. Sie kennt ihn schon, diesen alten Psychothriller um die schüchterne junge Frau ohne Vornamen, die unter dem Phantom ihrer Vorgängerin leidet, und freut sich darauf, mit dem grossen Strolch darüber zu reden. Ein Strohhalm wie ein anderer, um mit einem schlaksigen Dreizehnjährigen in Kontakt zu bleiben, der dieser Tage ganz gehörig zwischen seinem Kleinenjungendasein und Teenagermentalität pendelt. Um aber seine Fragen beantworten zu können - was ist eine dame de compagnie, eine gouvernante, eine fille de chambre? - muss Lilli den Schinken selbst noch mal lesen, denn ausser der Grobstruktur kann sie sich doch kaum mehr an etwas erinnern. Jetzt hat das Buch also zwei Lesezeichen, und wenn Lilli auch abends den Strolch überrundet, holt er tagsüber wieder auf wie Jacques Villeneuve damals, als er noch richtige Autorennen fuhr...
Lilli legt los - 18. Apr, 12:54
Als Eltern kann man alle möglichen guten Vorsätze haben, man kämpft gegen zwei Naturgewalten an: die eigenen Kinder mit ihrem unablässlichen, wohl angeborenen Streben nach Wohlbefinden - und die Eltern der anderen Kinder, die fröhlich unterstützen, was man selbst vermeidet.
Lilli ist sich nicht sicher, welche Naturgewalt ihr im Moment mehr Energie abverlangt.
Lilli legt los - 5. Apr, 05:00
Nächsten Donnerstag muss Lilli zum ersten Mal die neuen Mitarbeiter begrüssen: ein Event, bei dem der Herr Generaldirektor (zumindest anfangs) anwesend ist, diverse Videos gezeigt werden und Lilli zusammen mit jemandem vom Personalbüro insgesamt durch eine dreistündige Powerpointpräsentation führen muss. Und abends muss Lilli mit dem kleinen Strolch in die Kirche zu einer Feier, wo die Eltern ebenfalls vor allen Leuten sprechen müssen. Sie weiss noch, wie nervös sie vor zwei Jahren war, als der grosse Strolch diesen Abend im Rahmen seiner ersten Kommunion durchlebte. Jetzt denkt sie, wenn sie erst einmal mit der Mitarbeiterpräsentation durch ist, wird sie den anschliessenden Abend in der Kirche als Klacks empfinden. Wie man in Lillis Alter noch wachsen kann...
Lilli legt los - 22. Mär, 17:49
In Montreal sind für die ganze Woche über 20 Grad angesagt. Der grosse Strolch will wissen, wie Lilli das findet. "Ja, es ist natürlich abartig, dass es jetzt schon so warm ist", holt Lilli aus. "Da kommen die Bäume durcheinander und blühen zu früh, und wenn dann doch noch mal eine frostige Nacht kommt, gehen alle Blüten futsch und wir haben nichts mehr zu Essen. So gesehen ist diese Hitzewelle also ganz schlecht." Sie hält kurz inne. "Aber natürlich finde ich es super."
Lilli legt los - 21. Mär, 05:00
Bei den Strolchen wird heutzutage über Mittelmänner geflirtet. Das geht so:
Zwei kichernde Mädchen gehen im Pausenhof von einem Jungen zum anderen und sagen: "Du, die J. will mit dir gehen." Als sie beim kleinen Strolch ankommen, antwortet der: "Wenn das nicht nur ein Spass wäre, würde ich ja sagen." Sofort rennen die Mädchen zu J., um ihr von dieser kühnen Antwort zu berichten. J. schlägt die Augen zu Boden und sagt: "OK." Die Mädchen rennen zurück zum kleinen Strolch und überbringen die frohe Botschaft. Jetzt hat der kleine Strolch also seine erste Freundin.
Lilli legt los - 16. Mär, 18:01
Wer kann es in Worte fassen, dieses Befremden, wenn die eigenen Kinder einem verwöhnt und undankbar vorkommen? Wenn Kindergeburtstag gefeiert wird und der normalerweise charmante Sohn plötzlich zum gierigen, schreienden Nimmersatt wird, der aufgeregt Geschenke aufreisst, zu laut lacht, anderen ins Wort fällt? Klar kann man ihn verstehen, schliesslich ist Kindergeburtstag nur einmal im Jahr und wer plötzlich so im Mittelpunkt steht, findet es normal, dass alles um ihn kreist. Aber Lilli kann nicht umhin, sich an das Mädchen zu erinnern, das damals unbedingt neue Rollschuhe wollte und dann monatelang dankbar war, sie bekommen zu haben. Inzwischen geht alles immer schneller, die neuen Rollschuh/Longboard/Ipodmodelle kommen in immer kürzerem Rhythmus auf den Markt und die Dankbarkeit dauert nur noch Tage, dann keimt schon der nächste Wunsch auf, den es zu stillen gilt. Lilli hat manchmal das Gefühl, zu scheitern in ihrem Versuch, ihren Kindern beizubringen, was wirklich zählt. Kinder, die ihr Begehren in der Schule und in den Medien immer neu aufladen und nicht mehr wissen, wie man spielt, ohne auf einen Knopf zu drücken, findet Lilli deprimierend. Wenn die eigenen Kinder so zu werden drohen und man um sich greift, ohne den Draht zu ihnen zu finden, tut sich ein Abgrund auf. Sowas sagt man schliesslich nicht, dass man seine eigenen Kinder schlecht erzogen findet...
Lilli legt los - 12. Mär, 05:15
Neuerdings nehmen die Strolche hartgekochte Eier mit in die Schule. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, greift Lilli zum Stift.

Lilli legt los - 21. Feb, 14:25