Strolche

Donnerstag, 16. Februar 2012

Lilli und die Beichte

Der kleine Strolch muss beichten. Gehört zu seinem Kommunionsunterricht dazu, und der gehört laut Lilli (ausgerechnet Lilli! Die Protestantin!) zum Allgemeinwissen dazu, und deshalb hat er nun keine Wahl. Auf dem Weg zur Kirche weiss er noch gar nicht, was er beichten soll und denkt angestrengt über seine Sünden nach, während er neben Lilli über die an den Rand der Strasse geschobenen, vereisten und grau eingefärbten Schneereste klettert. Hinterher erklärt er Lilli, die noch nie beichten war, dass es sich eigentlich ganz gut angefühlt hat. An seiner Stelle hätte sich Lilli damals ja in die Hose gepinkelt.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Build it, and they will come

Der kleine Strolch hat jetzt eine E-Mail-Adresse, weil er ja schon fast elf ist und der Strolch von heute so was braucht. Jetzt fragt er jeden Nachmittag, ob er nach seiner Mail schauen darf, macht den Computer an und hofft auf Post. Aber irgendwie muss das Ding falsch konfiguriert sein, denn niemand schreibt ihm was.

Montag, 6. Februar 2012

Winterliche Düfte

Wenn fünf kleine Strolche nach der Schule bei Lilli einen Film über Québec im Jahr 1905 drehen, sucht Lilli das Weite. Nicht, um sie nicht bei der Arbeit zu stören, sondern weil so viele nasse Strümpfe ganz unglaublich schlecht riechen.

Sonntag, 22. Januar 2012

Wie die Zeit vergeht

Weinflaschen waren Lilli zu schwer als Mitbringsel, da sie plante, direkt vom Büro aus, also mit Sack und Pack und Schuhen und Strickjacke und was man halt sonst noch so mit sich herumträgt, um den Tag im Büro zu überstehen, zum Treffen mit ihren frühreren Kollegen zu gehen. Zwölf Jahre war es nun her, dass sie diese Agentur verlassen hatte, und wenn sie auch ein paar der liebsten Kollegen im Anschluss immer mal wieder treffen konnte, waren diese Zusammenkünfte in den letzten Jahren doch versiegt. Den Chef, der nun zu sich einlud, hatte sie nur ein einziges Mal auf der Strasse getroffen seither. In ihrer örtlichen Schokoladenboutique mit himmelhohen Preisen wählte sie also eine in Krawattenkaropapier gehüllte Tafel Zartbitter für ihn und ein Töpfchen mit hausgemachtem Karamell für seine Frau. Und zwei unwiderstehlich lustige quadratische Schokolutscher für die Kinder. Lilli konnte sich noch gut an die Geschichten über den schwierigen Sohn erinnern - entweder war er autistisch oder hatte andere Verhaltensstörungen, so ganz eindeutig war das nie gewesen und der Chef eher wortkarg, was die Diagnose anging. Einmal hatte er sich aus Versehen im Klo eingeschlossen und schrie wie am Spiess, bis die Feuerwehr durch das Fenster einstieg, worauf er regelrecht hysterisch wurde... Der Vater hatte von der Agentur nach Hause kommen müssen, um ihm gut zuzureden.

Erst beim Verlassen des Ladens fing Lilli an zu rechnen. Gerade hatte sie einem 18jährigen einen Schokolutscher gekauft. Dabei war ihr selbst die Zeit seit damals nicht länger als ein Schulterzucken vorgekommen.

Freitag, 20. Januar 2012

Lilli ist grosszügig

"Nachher hast du Basketball", sagt Lilli zum kleinen Strolch. "Ooch", sagt der nur und guckt sie fiebrig vom Sofa aus an. Die Nase zu, die Backen rot, hier hat mal wieder ein Schnupfen zugeschlagen. "Wenn du nicht willst, brauchst du nicht zu gehen", meint Lilli gnädig. Dass das Auto in der vereisten steilen Einfahrt steht und Lilli beim rückwärts Rausfahren die Mauer zu streifen riskiert - und dass es ihr deshalb ganz recht ist, an diesem Abend nirgendwo hinzumüssen - sagt sie nicht.

Mittwoch, 18. Januar 2012

Gruppendynamisch

Lilli bekommt jeden Tag eine E-Mail mit einem Sonderangebot, das nur dann gültig ist, wenn sich genügend Leute verpflichten, es zu kaufen. Groupon nennt sich das hier und in den sechs Monaten, in denen Lilli täglich dazu animiert wurde, Yogakurse, Maniküren oder Winterreifen zu kaufen, hat sie tatsächlich zweimal zugegriffen. Das erste Mal im Herbst bei einem Restaurant in ihrer Nähe, das zweite Mal gestern. Lilli braucht nämlich einen Wecker, und gestern war so ein kleiner goldiger Würfel im Angebot, der von innen leuchtet und in unregelmässigen Abständen die Farbe wechselt. Den kleinen Strolch beunruhigt das.

Kleiner Strolch: Der blinkt, oder was?

Lilli: Nein, der wechselt ganz sanft und langsam die Farbe.

Kleiner Strolch: Hört das auf, wenn du ihn ausschaltest?

Lilli: Den schalte ich nicht aus, der muss doch die ganze Zeit die Zeit anzeigen, damit er morgens klingeln kann.

Kleiner Strolch: Dann leuchtet der die ganze Nacht durch und wechselt dabei ständig die Farbe?

Lilli: Ja.

Kleiner Strolch: Da kannst du bestimmt nicht schlafen dabei.

Lilli: Das werden wir ja sehen. Im schlimmsten Fall stelle ich ihn unten in meinem Nachttisch, dann stört es mich bestimmt nicht.

Kleiner Strolch: Wenn es dich stört, kann ich ihn nehmen. Mir würde das bestimmt nichts ausmachen...

Stets zu Diensten, der Junge.

Donnerstag, 12. Januar 2012

Wenn zwei das gleiche Buch lesen

Lilli und der grosse Strolch haben, von der unmöglichen Serie "Die Ritter vom Smaragd" mal abgesehen, ähnliche Lesevorlieben. So lesen sie gerade im Tandem die Fortsetzung von "Vango", bei der der grosse Strolch durch die vielen Comicbücher zu Weihnachten in Rückstand geraten ist. Er ist also noch nicht fertig damit, während Lilli den ersten Band durch hat und jetzt bitte sofort mit dem nächsten weitermachen will. Es erfolgt deshalb Abend für Abend ein stummes "Ich schnapp mir das Buch"-Spiel, bei dem zuerst der grosse Strolch in Lillis Schlafzimmer kommt, um dort das Buch zu entwenden. Eine Stunde später schleicht sich dann Lilli in sein Zimmer, um ihm das Buch unter der Backe wegzuziehen, ohne ihn aufzuwecken. Und am nächsten Abend wieder von vorn. Darüber reden tun sie nicht. Leser brauchen halt ihren Stoff, und den beschaffen sie sich, wie sie können.

Eine Frage der Grösse

An manchen Tankstellen bekommt man einen Schlüssel mit überdimensional grossem Anhänger, wenn man die Toilette benützen möchte. Könnte man dieses Prinzip nicht auch auf USB-Sticks übertragen? So einen USB-Stick mit, sagen wir mal, einem Spätzlesbrett dran, den würde der kleine Strolch bestimmt nicht so leicht verlieren...

Montag, 19. Dezember 2011

Ein Weihnachtsgeschenk für den kleinen Strolch

Der kleine Strolch liebt Luc Langevin, einen Zauberer/Illusionist oder wie man sonst zu jemandem sagt, der ausser Kartentricks auch noch Gabeln verbiegen, Geldscheine in Eiern verstecken und Gedanken lesen kann. Ein klasse Weihnachtsgeschenk wäre es gewesen, Karten für eine Vorstellung zu kaufen - der Haken ist nur, dass der sympathische Herr keine Vorstellungen gibt, sondern allein von seiner Fernsehsendung und dem Verkauf von DVDs zu leben scheint. Halt, er lässt sich auch für Werbezwecke mieten, und genau das hat ein Klamottenladen am Wochenende gemacht. Lilli und der kleine Strolch fahren also am Samstagnachmittag ins Einfaufszentrum, wo eine nicht unerhebliche Anzahl an gestressten Leuten in zu dicken Jacken damit beschäftigt sind, im Nahkampf Massen an nichtssagenden Weihnachtsgeschenken zu kaufen. Lilli hätte sich viele Orte vorstellen können, wo sie in diesem Moment lieber gewesen wäre als im dudelnden Einkaufszentrum, noch dazu, wo sie selbst noch einiges zu besorgen gehabt hätte. Stattdessen lehnt sie in ihrer zu dicken Jacke an einem Ständer mit grauen Rollkragenpullis und beobachtet ihren Sohn, wie er den Zauberer beobachtet. Und findet, dass das ein schönes Weihnachtsgeschenk ist für ihn, wenn er auch selbst es ihr nicht als solches anrechnen wird. Wo er doch gar nichts auszupacken hatte.

Samstag, 10. Dezember 2011

Lilli im Regen

Gestern abend war Lilli mit vier Strolchen im Theater, "Rain" von Cirque Eloize ansehen. Sie waren relativ kooperativ, haben ihr Fastfood gegessen, ohne sich mit Ketchup vollzukleckern, sind von allein aufs Klo, sassen während der Vorstellung still, rannten zwar in der Pause ein paar Mal die herrliche Treppe rauf und runter, konnten dann aber bis nach 22 Uhr dem zweiten Teil folgen, ohne auf dem roten Plüschstuhl rumzuhampeln. Konnten anschliessend begeistert und intelligent darüber reden. Waren im Auto hinterher schrecklich albern, aber insgesamt sehr charmant.

Was ist zwölf doch für ein tolles Alter.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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