Strolche

Montag, 28. November 2011

Youtube, der Familienförderer

Zuerst wird der Laptop an den Fernseher angeschlossen, dann geht es los: der kleine Strolch präsentiert der versammelten Familie sein Lieblingslied: wenn man es denn Lied nennen kann, werden Lilli, Monsieur und der grosse Strolch mit vulgären Ausdrücken und aggressiven Wiederholungen von Textbruchstücken wie "Fire Flame, Fire Flame Spitter" bombardiert. Dann ist der grosse Strolch an der Reihe: ein Tanzvideo, in denen zwei Nerds, eine Dame in Unterwäsche und viele andere seltsame Leute, darunter ein in gold gekleideter Mensch mit einem Karton über dem Kopf, zu ansteckendem Rhythmus die Beine hin- und herbewegen. Monsieur überschüttet die Anwesenden mit einer hingeschluchzten Ballade von Feist, dann tippt Lilli "Queen" in die Suchmaske und wählt "Bohemian Rhapsody". Der kleine Strolch kann nicht glauben, dass sowas zu Rockmusik zählt. "Bist du dir sicher, dass es das ist?", fragt er ein paar Mal nach, hört ungläubig auf die für ihn ungewohnt komplizierten Harmonien. Ja, Lilli ist sich sicher, dass es das ist, was sie den Strolchen zeigen wollte.

Wie sich das Konzept der Hausmusik doch verändert hat.

Dienstag, 22. November 2011

Elternsprechtag

Beim Elternsprechtag sprechen ja hauptsächlich die Lehrer. Darüber, was die Schüler besser machen könnten, wenn sie wollten. Der grosse Strolch soll also in Englisch "mehr lernen" und in Ethik besser argumentieren - was in den ersten sechs Schuljahren nicht verlangt wurde und deshalb jetzt, das gibt der Lehrer zu, Neuland ist. Der kleine Strolch soll vor allem langsamer arbeiten, um Flüchtigskeitsfehler zu vermeiden. Und Lilli? Lilli soll dabei gar nichts tun, und das ist überhaupt die beste Neuigkeit des Elternsprechtags.

Mittwoch, 16. November 2011

Lilli frühstückt

Seit Lilli das Vesperrichten für die Strolche abgeschafft hat und sich auch sonst nicht mehr um Schultascheninhalte und andere lästige morgendliche Recherchen kümmert ("wo ist mein Mathebuch? Gestern lag es noch hier auf dem Spülkasten!" "Und wo sind die leeren Klopapierrollen? Ich brauch eine für Kunst"), hat sie unheimlich viel Zeit zum Frühstücken. Was der Kollegin dadurch aufgefallen ist, dass Lilli am Arbeitsplatz nie zwischendurch was zu Essen braucht. Im Gegensatz zur Kollegin, die zwei Kinder unter vier hat und morgens im Auto lediglich zu einem Müsliriegel kommt. "Und wann sind Kinder soweit, dass sie sich morgens alleine fertigmachen können?", fragt sie sehnsüchtig. "So mit zehn", antwortet Lilli. Der Kollegin kommt das wie eine Ewigkeit vor - Lilli kann nicht glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist.

Dienstag, 15. November 2011

Wie spricht man mit Englischlehrerinnen?

Die Englischlehrerin hat es zugegeben: sie hat den grossen Strolch mit einem anderen Schüler verwechselt und ihm für seinen Vortrag die falsche Note gegeben. Am Tag danach lässt sie eine Arbeit schreiben, die aus losen Seiten besteht, und kann beim Korrigieren eine der Seiten des grossen Strolchs nicht finden. Zweifel, ob sie die Seite vielleicht verloren haben kann, kommen nicht bei ihr auf. Ihr ist klar: der grosse Strolch hat die fehlende Seite nicht abgegeben, und dementsprechend anklägerisch ist ihre Notiz, die der grosse Strolch am nächsten Tag auf seinem Pult vorfindet. "You did not give me your answer sheet. Bring it to me ASAP", steht da in grossen roten Buchstaben. Der grosse Strolch weiss nicht, wie ihm geschieht. Und Lilli weiss nicht, wie sie darauf reagieren soll.

Montag, 14. November 2011

Nice try

In einem Anfall von Grossmut erlaubt Lilli den Strolchen, auf dem Esszimmertisch Tischtennis zu spielen - wenn es im November schon um 16 Uhr dunkel wird, kann nicht viel draussen getobt werden. Dann aber muss der Tisch für's Abendessen gedeckt werden. "Wir spielen nur noch unsere Partie fertig!", ruft der grosse Strolch ausser Atem. "Wieviel steht es denn?", will Lilli wissen. "Zwei zu eins!"

Mittwoch, 9. November 2011

Welcome to the real world

"Lack of effort, unprepared", steht in rot unter einem Bewertungsbogen, den der grosse Strolch peinlich berührt mit aus dem Englischunterricht bringt. Einen Vortrag hatte er halten müssen über sich, seine Hobbies, Wünsche und Berufsvorstellungen, zusammen mit einer Buchkritik und allen möglichen anderen Unterthemen. Aus all den anderen Kommentaren auf dem Bewertungsbogen - was alles fehlt, welche Grammatik- und sonstigen Fehler gehäuft vorkommen - schliesst Lilli, dass es sich um eine Verwechslung handeln muss, wie sie schon einmal vorgekommen ist seit Schulbeginn in der neuen Schule. Das wird der grosse Strolch morgen mit der Englischlehrerin klären müssen, aber davon abgesehen, ob die Kommentare nun berechtigt waren oder nicht, ist eines klar: die Schmusezeit der Grundschule ist nun endgültig vorbei.

Montag, 31. Oktober 2011

Schwere Geschütze

"Wem das System nicht passt, der fliegt raus", hatte Lilli angekündigt. Es ging um die leidige Schmutzwäsche, die der grosse Strolch allabendlich auf dem Badezimmerboden drapiert, anstatt sie zwei Schritte weiter in den Schmutzwäschekorb in Lillis Schlafzimmer zu befördern. Lilli kümmert sich seit Jahren allein um die Wäsche: sie wäscht, sie bügelt, sie legt zusammen, sie sortiert, sie liefert in die Zimmer, wo die Eigentümer nur noch den Stapel nehmen und in die passenden Schubladen oder Schränke einsortieren müssen. Aber ein Minimum an Zusammenarbeit muss sein, und wer es nicht schafft, seine klammen Socken und verkleckerten T-Shirts am richtigen Ort abzuliefern, der soll sich gefälligst selbst um selbige kümmern. Hatte Lilli beschlossen und, wie oben erwähnt, für alle gut verständlich angedroht.

Es dauerte nur zwei Tage, bis der grosse Strolch in die Fall ging. Jetzt weiss er, wie die Waschmaschine funktioniert, und besser noch, er kann sogar bügeln. Lilli ist gespannt, wie der Badezimmerboden nächste Woche aussehen wird.

Sonntag, 30. Oktober 2011

Kann denn die Kinder keiner lehren, wie man googelt?

Der kleine Strolch macht eine Präsentation über das Leben in Québec um 1900. Zum Thema "Landwirtschaft" schreibt er, dass die ganze Familie mit aufs Feld geht, und findet ein passendes Bild dazu in Google Images. Stolz zeigt er Lilli ein Photo, auf dem russische Frauen in einem Teefeld posieren. Weder die seltsamen Kopftücher der Babuschkas noch die Tatsache, dass in Kanada kein Tee wächst, haben bei ihm Alarm geschlagen. Google hat's ausgespuckt, dann muss es auch richtig sein. Himmel Herrgott nochmal!

Samstag, 29. Oktober 2011

Lilli und das Kompliment

Lilli holt den kleinen Strolch von seinem Freund ab. Es ist plötzlich kalt geworden und die feuchte Nachtluft hat Lilli in die Winterjacke genötigt. Sie schimpft mit dem kleinen Strolch, als sie sieht, dass er zwar ein Skateboard, aber keinen Helm dabei hat. Der kleine Strolch sieht Lilli von der Seite an, dann sagt er: "Mama, du bist schön mit deiner Mütze." Erst zehn Jahre alt und schon so... geschickt, der Junge.

Montag, 24. Oktober 2011

Lilli räumt auf

In Lillis Arbeits-Spiel-Lese-Fernsehzimmer wird nicht mehr so viel gespielt, dafür stehen inzwischen drei Computer auf drei Schreibtischen drin. Und da der Raum zwar grosszügig geschnitten, aber von der Grundfläche her dennoch begrenzt ist, müssen jetzt die Spielsachen weg. Lilli fängt also an, zu sortieren: Holzeisenbahn, Holzkugelbahn, Holzritterburg ("Mittelalterlich Schloss" steht auf der Schachtel) samt Drachen, Zauberer und Skelett, Piratenschiffe, Autos mit Parkhaus, kiloweise Legos. Mit einem semmelknödelgrossen Kloss im Hals bringt Lilli die Schachteln in den Keller. Weggeben wird sie davon keine einzige, aber bis die Kinder der Strolche damit spielen wollen, wird ihr der Kram fehlen. "Wusch", macht die Seite, als dieses Kapitel ihres Lebens umgeblättert wird. Und "pling" eine Murmel, als Lilli den Karton mit der Kugelbahn ins Kellerregal schiebt. Dann ist alles still.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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