Strolche
Der kleine Strolch tat kein Auge zu heute nacht: zu viele schöne Dinge sollten heute passieren! Letzter Schultag, er darf im Schlafanzug kommen und ein Kuscheltier mitbringen (mit 7? Aber ja, er freut sich drüber), sie werden ein Geschenk kriegen und in der Turnhalle zusammen singen und einen Film angucken. Und heute abend kommen zwei Freunde zum Übernachten, da werden sie zu viert oben schlafen und durch das sechseckige Fenster den Mond sehen, der in der kalten Nacht so hell leuchtet. All diese Herrlichkeiten wühlen ihn so auf, dass er mit aufgerissenen Augen im Bett liegt und nicht in den Schlaf findet. Lilli schaut ihn dankbar an: diesem Kind geht es gut, und seine Freude ist so ansteckend, dass auch Lilli heute fröhlicher ist. Trotz Schlafdefizit und einer To do-Liste, die länger ist als eine Rolle Klopapier.
Lilli legt los - 19. Dez, 08:54
Der große Strolch wächst über sich hinaus: er hat sich nicht nur freiwillig zum Krippenspiel gemeldet, sondern sogar die Rolle des Josef ausgesucht. Ob es nun an dem schönen Hut oder dem Umhang aus Schaffell liegen mag, ist zweitrangig – er wird an Heilig Abend ganz vorne in der Kirche stehen und Josef sein, der an Türen klopft und abgewiesen wird, bis ihm jemand den Stall zeigt, in dem er sein Lager für die Nacht bereiten kann. Ein Problem nur: es hat sich noch keine Maria gefunden, die ihm zur Seite stehen wird. Krippenspiele scheinen hier Männersache zu sein, mit Schäfern, Soldaten, männlichen Engeln und einem männlichen Josef. Und so sehr Lilli den kleinen Strolch auch zu überreden versucht: er hat den Vorschlag, seinem großen Bruder beizustehen und Maria zu spielen, entrüstet abgelehnt. Obwohl er mit einem blauen Umhang eine ganz wunderhübsche Maria abgeben würde, da ist sich Lilli ganz sicher.
Lilli legt los - 16. Dez, 09:03
Liebe Besucher,
Passend zur Vorweihnachtszeit feiert Lilli den 2000. Besucher auf ihrem Blog mit einem Engel, der unglaubliche Ähnlichkeit mit einem gewissen kleinen Strolch hat... Viel Spass beim Lesen weiterhin!

Lilli legt los - 13. Dez, 15:33
Der kleine Strolch wird zum Strategen: heute wurde Lilli ein Gutschein über 82 Cents ausgehändigt, den sie bei ihrem nächsten Einkauf
hier einlösen kann. Außerdem stand in dem Gutschein, dass man jetzt auch ganz neu "eine Information über den Phönix" (ja, den aus der Asche, denn der kleine Strolch interessiert sich auch für Mythologie) kaufen kann, mit Bild natürlich. Neben all den starken Tieren der Eishockey- und Footballmannschaften findet der ganz von selbst seinen Platz im Sortiment.
Lilli legt los - 11. Dez, 09:04
Der kleine Strolch lernt gerade am eigenen Körper, was für ein knallhartes Geschäft der Einzelhandel doch ist: vor ein paar Wochen fing er an, einen „Laden“ in seinem Zimmer einzurichten, in dem er – schön auf einem IKEA-Tisch ausgebreitet – selbstgemalte Logos von Eishockey- und Footballmannschaften verkauft. Da liegen also die „Sharks“ von San José (seine Lieblingsmannschaft) und die „Vikings“ von Minnesota neben dem etwas langweiligen „CH“ von Montréal, und zur Abwechslung hat er auch ein paar Logos von Skateboard- und Schlittschuhfirmen eingestreut. Alles schön mit Preisen ausgezeichnet, die von 5 Cents bis 81 Cents reichen, weiß der Himmel nach welchem Prinzip. Zuerst haben Lilli und Monsieur auch brav bei ihm eingekauft, dann aber ließ vor allem Lillis Nachfrage nach Sportthemen nach.
1. Aktion des Strolches darauf: Preisnachlass. Brachte leider keine neuen Kunden ein.
2. Aktion: Psychologischer Druck. Er stellte ein Schild auf seinen Ladentisch, das mit der baldigen Schließung drohte, da niemand etwas kaufte. Brachte leider auch keine neuen Kunden ein.
3. Aktion: Werbung! Er verteilte Pfeile auf dem Boden, die vom Hauseingang bis hoch in sein Zimmer führten. Auf der Zimmertür ein Schild: Kommt und kauft etwas in meinem Laden!
4. Aktion: Diversifizierung des Angebots. Als Lilli ihn (angelockt durch die Pfeile) fragte, ob er denn gar keine anderen Motive anzubieten hätte, zeigte er sich plötzlich bereit, auch auf Bestellung malen – und zwar alle beliebigen Motive, you name it, Lady.
So hat Lilli gestern notgedrungen einen Weihnachtsmann und einen Engel für insgesamt 83 Cents bestellt und 20 Minuten später auch erhalten. Kleine Notiz am Rande: während der Weihnachtsmann vorschriftsmässig mit roter Bommelmütze, Rauschebart und schwarzen Stiefeln daherkommt, hat der Engel zwei Tätowierungen auf den Flügeln vorzuweisen und hält einen Pfeil und Bogen schussbereit. Der muss wohl noch vom Valentinstag übrig sein, vielleicht war er deshalb so billig…
Lilli legt los - 5. Dez, 11:17
Während Lilli dem großen Strolch beim Training zusieht, tröpfeln die Kleinen, die schon um 7 Uhr dran waren, verschwitzt aus der Umkleidekabine raus, um nach Hause zu gehen. Ihre Eltern traben mit der schweren Tasche über der Schulter neben ihnen her. Gesprächsfetzen fliegen an Lillis Ohr vorbei:
„Glaubst Du, dass Papa mir einen Kaffee gemacht hat, wenn wir jetzt nach Hause kommen?“
„Nein.“
„Wieso nein? Also hör mal! Bind Dir Deinen Schal richtig fest.“
„Schau, die Großen! Bald kannst Du bestimmt auch so gut Schlittschuh fahren.“
„Morgen haben wir wieder Schule.“
„Morgen ist der 1. Dezember. Mach Deine Jacke zu.“
„Wir haben Deine Jacke zu Hause vergessen. Setz wenigstens die Mütze auf.“
„Kann ich heute einen Freund einladen?“
„Nein, heute fahren wir zur Oma. Mach Deine Jacke zu.“
Es muss die Sonne sein, die so schräg und golden durch die schmutzigen Fenster der Eishalle blinzelt, die diese Alltagsdialoge zwischen Eltern und Kind in etwas Rührendes verwandelt.
Lilli legt los - 1. Dez, 09:35
Das Gute an einem Missgeschick der Kinder ist, dass uns anschließend alle Leute erzählen, was ihren Kindern bisher alles so Spektakuläres zugestoßen ist. Seit der offenen Wunde auf dem Hinterkopf des großen Strolches also hat Lilli bereits erfahren, dass anderer Leute Kinder mit 18 Monaten gegen den Türrahmen gelaufen sind und auf der Stirn genäht werden mussten, dass eine Tochter nach einem Fall von der Leiter sieben Stiche am Kinn abbekommen hat, dass ein Junge sich beim Sportunterricht einen Schneidezahn ausgeschlagen und ein Mädchen den Arm so gebrochen hat, dass der Knochen durch die Haut stakte. Diese Schauergeschichten sind einerseits tröstend und andererseits erschreckend: wie schaffen wir es bloß, dass die Menschheit bis jetzt überlebt hat? Irgendwie scheinen wir doch unwahrscheinlich schlecht an unsere Umwelt angepasst zu sein…
Pssst: ab dem 1. Dezember gibt's hier einen Adventskalender der ganz besonderen Art.... morgen wird mehr verraten, hihi.
Lilli legt los - 27. Nov, 12:28
Wenn man den großen Strolch fragt, welcher Religion er angehört, sagt er „Eishockey“, und damit liegt er gar nicht so falsch. Eishockey ist (zumindest hier) mehr als nur ein Sport: es ist ein hauptsächlich männlicher Mikrokosmos mit einem umfangreichen Regelwerk, feierlichen Ritualen und Gesängen, vielen Idolen, einer eigenen Sprache und, ja, auch einem ganz eigenen Geruch, der aus den sargähnlichen Sporttaschen steigt, wie sehr man die verschiedenen Teile der Ausrüstung auch lüftet. Eishockeytraining fängt mit vier oder fünf Jahren an und findet mit Vorliebe Samstag- und Sonntagmorgens um 6 Uhr 45 statt. Immer gibt es zu viele Kinder, die Torwart sein möchten. Wer Torwart ist, muss sich von seinen Eltern im Liegen anziehen lassen, denn nur so kann man die Beinschützer richtig festbinden. Viele berühmte Eishockeyspieler waren Torwart, darunter auch einer, dessen Markenzeichen darin bestand, dass er sich während des Spiels mit seinen Pfosten unterhielt. Torwarte haben eine ganz besondere Art, sich auf dem Eis zu bewegen, was natürlich damit zusammenhängt, dass sie fast unter ihrer Ausrüstung zusammenbrechen, aber auch damit, dass sie das Eis vor ihrem Tor aufkratzen müssen, um bei anschließenden Seitwärtsbewegungen während des Spiels nicht bis an die Bande wegzurutschen. Ist erst einmal entschieden, wer Torwart sein darf, teilen sich die anderen in Angreifer und Verteidiger auf, wobei die Persönlichkeit des Kindes meist schon darauf weist, ob er wohl eher vorne oder eher hinten spielt. Der große Strolch z.B. würde einen guten Verteidiger abgeben, will aber lieber Angreifer spielen, weil in seinen Augen nur der, der ein Tor schießt, ein Held werden kann. Dieses Jahr hatte der Trainer ein Einsehen und stellt ihn ganz vorne auf, obwohl ihm dazu eigentlich die nötige Aggressivität fehlt – er ist halt ein liebes Kind... und somit einer der schwächsten Angreifer seiner Mannschaft. Nun gibt es zwei Möglichkeiten, das zu interpretieren: entweder ist es ein schlechtes Omen für sein späteres Leben, weil er nach etwas strebt, was seinem Wesen nicht entspricht, und damit nur unglücklich werden kann. Oder es ist ganz gut, dass er hier auf dem Eis etwas ausleben kann, was wohl in ihm steckt – damit er dann später im Leben nicht einer unerfüllten Sehnsucht hinterherläuft und sich dabei womöglich auf allerlei falsche Fährten begibt, ohne so recht zu verstehen, warum er keinen Erfolg damit hat… Und so gern Lilli darüber auch nachdenkt und den großen Strolch zu analysieren versucht: sie kann weder voraussehen noch steuern, wie er sich sein Leben einmal einrichten wird. Sie kann nur hoffen, dass er dabei so glücklich wird wie an dem Tag, an dem er sein erstes Tor schießen wird…
Lilli legt los - 26. Nov, 09:43
Achtung: Wenn man sein Kind in den Arm nimmt und dessen Nase an unser Brustbein stößt, ist es wahrscheinlich bald alt genug, um sich nicht mehr in den Arm nehmen lassen zu wollen. Da heißt es Festhalten, so lange es noch geht!
Lilli legt los - 25. Nov, 08:55
Am Freitag haben Lilli und Monsieur sich frei genommen, um sich nördlich von Montréal in einem Wellness-Center die Seele durchkneten zu lassen, während die Strolche in der Schule waren und anschließend bei den Nachbarskindern Abendessen durften. Auf dem Programm: Massage, Dampfbad, Sauna, beheizter Whirlpool im Freien, dazwischen Abkühlung im ganz schön schnell fließenden Fluss. An dem Seil, an dem man sich festhalten sollte, um ins tiefe Wasser vorzudringen, hingen Eiszapfen, an Lilli und Monsieur nach 30 Sekunden im Fluss auch. Danach Essen im schnuckeligen Lokal, Rückkehr nach Hause gegen 20 Uhr. Und was wartete dort auf die Turteltäubchen? Vier Nachrichten auf dem Anrufbeantworter und ebenso viele auf Monsieurs Blackberry, den er auf Lillis Forderung hin brav zuhause gelassen hatte. Der große Strolch war in der Schule vom Klettergerüst gefallen und hatte sich den Hinterkopf so aufgeschlagen, dass die Nachbarin ihn ins Krankenhaus fahren musste, um die Wunde mit vier Stichen nähen zu lassen. Währenddessen kümmerte sich ihr Mann um die verbleibenden drei Kinder und verbrachte vergnügte Stunden damit, in der Autowerkstatt mit ihnen „Ich sehe was, was du nicht siehst“ zu spielen, während seine Winterreifen montiert wurden. Sagen wir mal so: Die teuer gekaufte Entspannung war schneller futsch, als man „Mist Mist Mist verdammter“ sagen konnte.
Lilli legt los - 24. Nov, 10:14