Montag, 30. März 2009

Märchenhaftes Wochenende

Es war einmal ein kleines chinesisches Mädchen, das von einer Familie in Montréal adoptiert wurde. Ein paar Jahre später adoptierten sie noch ein Mädchen aus China, und so lebten sie vierköpfig und glücklich in einem netten Stadtteil, zentral an einer Metrostation und doch kinderfreundlich mit einem Garten zum Spielen. Sie hatten eine exotische Katze und einen Ahornbaum, von dem sie jeden Frühling 10 Pfund Ahornsirup ernten konnten. Als das Mädchen 13 war, bekam sie ein blaues Fahrrad mit einer Klingel mit Bambi-Motiv, mit dem sie nur selten fuhr. Heute ist sie 16, hat karamellfarbene Strähnen in ihren langen blauschwarzen Haaren und züchtet Ratten, die sie im Internet über ihr eigenes Blog verkauft. Der Vater verabscheut die Ratten und besteht darauf, dass sie das Zimmer des Mädchens nicht verlassen dürfen. Die Mutter zuckt die Achseln und ist froh, dass das Mädchen die Ratten im Käfig hält und sie nicht auf sich herumspazieren lässt. Und Lilli in der ganzen Geschichte? Hat am Wochenende das blaue Fahrrad für den kleinen Strolch gekauft und eine halbe Stunde lang Einblick in eine private Welt bekommen, die ihren ganz eigenen Charme hatte. Danach stopfte Lilli das Fahrrad ins Auto und fuhr mit einem stolzen Strolch davon, der zu Hause als erstes forderte, die Bambiklingel abzumontieren.

Kleinanzeigen, liebe Leute. Vom Kauferlebnis her können normale Geschäfte da nicht mithalten.

Freitag, 27. März 2009

Lillis nächstes Haus*...

..wird eine Selbstreinigungstaste haben, genau wie der Backofen. Denn heute will die Schwäbin putzen, nur Lilli will nicht.

* Das hört sich vielleicht überheblich an, aber hier sind ja die Grundstückspreise (Lillis Mutter: "...und die Bauart, die BAUART!") ganz anders als in Europa...

Donnerstag, 26. März 2009

Verzwickt

„Wenn er doch wenigstens jammern würde, dann wüssten wir immerhin, wo es ihm wehtut. Dann könnten wir ihm sogar helfen! Er könnte doch sagen, ich hab Kopfweh, ich krieg kaum Luft, irgendwie bin ich so schlapp! Aber nein, er schweigt nur und guckt vorwurfsvoll, dass wir nicht von allein draufkommen!“, macht Lilli sich Monsieur gegenüber Luft. Denn wenn es dem großen Strolch nicht so besonders gut geht, wird er still und stiller, sackt in sich zusammen, als ob nur noch die Hälfte von ihm da wäre. Lilli, die manchmal einen Löffel Ungeduld zu viel gefrühstückt hat, verwechselt dieses Schweigen, dieses Nicht-Mitmachen, dieses betont-die-Beine-Nachziehen dann gerne mit Aufmüpfigkeit und reagiert gereizt. Worauf der große Strolch sich noch weiter in sein Schneckenhaus zurückzieht und jegliche Kommunikation mit der Aussenwelt auf einen seitlich weggedrehten Blick beschränkt. Bravo, Lilli, genau so geht es, wenn Du Deinen Sohn auf immer vergraulen möchtest – und er ist noch nicht mal so richtig in der Teenager-Rebellionsphase angekommen. Und welchen konstruktiven Kommentar steuert Monsieur dazu bei? „Ja, komisch, dass er das nicht kann. Jammern, mein ich. Dabei hat er so ein schönes Vorbild“, und klappert unschuldig mit den Augen. Frechheit.

Mittwoch, 25. März 2009

Neubeginn

Yono fragte vor kurzem hier, wann denn die Laufsaison wieder losginge. Nun hat ja der Schwabe ein Problem mit dem Verb "Laufen", das er häufig falsch im Sinne von "Gehen" anwendet. So wie die Füße beim Schwaben an der Hüfte angewachsen sind, so "geht" der Schwabe, wenn er irgendwo hin geht, nicht, sondern er "läuft". Deshalb ist Lilli geneigt, erst einmal aufzubrausen und zu behaupten, dass sie den ganzen Winter über mit dem Laufen nicht aufgehört hat. Dann aber, nach kurzer Bedenkzeit, wird ihr klar, dass dies nur ein Gehen war - bedingt durch die Kälte, die Stiefel und die eis- und schneebedeckten Gehwege war ein schnelleres Tempo einfach nicht drin. Heute aber ist Lilli ganz auf hochdeutsch gelaufen, so richtig mit Joggingschuhen und in Begleitung von Monsieur, der mit seinen kurzen Hosen und der Mütze auf dem Kopf zum Schieflachen aussah und Lilli prompt Seitenstechen verursacht hat.

Deshalb, lieber Yono: yep, die Laufsaison ist offiziell gestartet, los-gegangen, los-gelaufen, lauf-Jäger-lauf!

Dienstag, 24. März 2009

Lillis sozialer Nutzwert

Was Lilli heute noch alles vorhat:

Stiefel putzen
Bad putzen
Löcher in der Wand zuspachteln
Schuhcreme kaufen
Kochen
Einkaufen
Skihosen waschen
Reisepass beantragen
Mitfahrgelegenheit für morgen organisieren

Warum in aller Welt kommt ihr das so wert-los vor? Etwa, weil es dafür am Monatsende keinen Scheck gibt? Dass jemand „danke“ sagt, wär ja schon schön.

Montag, 23. März 2009

Doppelt beeindruckt

Montreal ist beileibe keine zweisprachige Stadt, auch wenn es für Außenstehende so aussehen kann. Es gibt zwar schon viele zweisprachige Menschen hier, aber selten nur handelt es sich bei diesen zwei Sprachen um Englisch und Französisch. Viel öfter kommt es vor, dass Leute Griechisch und Englisch, Italienisch und Englisch oder Punjabi und Englisch können, während die, die Französisch sprechen, sich meist in allen anderen Sprachen schwertun. Es gibt offiziell zweisprachige Stadtteile, in denen alle Kommunikationsmittel auf Englisch und Französisch produziert werden und sogar die Straßennamen zweisprachig auf den Schildern stehen, aber auch dort sprechen die wenigsten Bewohner beide Sprachen fließend. Und drumherum gibt es hauptsächlich Leute, die entweder Englisch oder Französisch als Muttersprache beherrschen und die andere offizielle Sprache Kanadas in der Schule als Fremdsprache gelernt haben. Wer schon einmal in der Innenstadt westlich der Nord-Süd-Axe der Universität McGill versucht hat, ein Paar Turnschuhe zu erstehen, wird bestätigen können, dass dies auf Französisch fast ein Ding der Unmöglichkeit ist. Die Regierung der Provinz Québec, die wiederum einsprachig ist, will dies ändern, hat aber mit der kürzlichen Verteilung von Aufklebern, auf denen „In diesem Geschäft spricht man Französisch“ steht, keinen durchschlagenden Erfolg erzielt (wie auch?). Umso beeindruckter war Lilli neulich, als sie zum ersten Mal ins „Children“ musste (Montreals „englisches“ Kinderkrankenhaus, das es geschafft hat, seinen verkürzten Namen in den französischen Sprachgebrauch einzuschmuggeln – „Je m’en vais au Children avec mon garçon.“). Dort war nicht nur der Service um Lichtjahre besser als im „französischen“ Krankenhaus in Lillis Nähe (eine Voruntersuchung, die die Patienten schon mal nach Dringlichkeitsgrad einstuft, BEVOR sie überhaupt zur Krankenschwester kommen, die dann festlegt, in welcher Reihenfolge sie vom Arzt untersucht werden! Ein gemütliches Wartezimmer mit Waschbecken, Waschlappen, feuchten Tüchern, Fernseher – „Nemo“ auf englisch mit französischen Untertiteln – und Stapeln von Bilderbüchern! Zwei getrennte Wartebereiche und Ärzteteams für Verletzte und Kranke! Eine Spieltherapeutin, die die Patienten bei unangenehmen Untersuchungen ablenkt, damit weniger Beruhigungs/Narkosemittel gespritzt werden müssen! Lustige Bilder an der Wand neben der OP-Liege sowie an der Decke, damit der Patient beim Aufgeschnittenwerden was zum Anschauen hat!), also nicht nur der Service war besser, sondern er war auch von Kopf bis Fuß fließend bi. Tatsächlich ALLE Personen, mit denen Lilli in Berührung kam, konnten mühelos vom Englischen ins Französische wechseln und Fieber, Stuhl, Erbrechen und all die anderen netten Dinge, die im Moment durch Montreals Frühlingsluft geistern, wahlweise in der Sprache Shakespeares oder der von Molière besprechen. Als ob das Children die Stadt nach den wenigen wahrhaftig zweisprachigen Krankenschwestern, Pflegern und Ärzten abgesucht und diese mit einem Zauberbann beworfen hätte, damit sie lebenslang in seinen alten Backsteinmauern Dienst tun. Chapeau!

Freitag, 20. März 2009

Lachhaft

Lilli soll einen konstruktiven Artikel zum Thema Schwiegereltern schreiben. So mit Lösungsansätzen für Missverständnisse, Einmischungen, Eifersüchteleien, unerwünschte Ratschläge, verkalkte veraltete Ansichten, Überschreitungen von Zuständigkeitsbereichen und unangemessenes Verhalten allgemein. Gestatten Sie: ha, ha, ha, ha, hi, ho, ho.

Donnerstag, 19. März 2009

Zeit-Vertreib

Die von Lilli in mühevoller Kleinarbeit ausgesuchte Hütte für den Urlaub Anfang März hatte ein großes „Problem“ – sie lag so zwischen unberührten Bergen eingebettet, dass Monsieur keinen Zugriff auf seine E-Mails hatte. Nur auf dem Parkplatz des 12 km entfernten Supermarktes kamen die Dinger angezwitschert, sodass Lilli mit den Strolchen nach erledigtem Einkauf noch in den Drogeriemarkt zog, um ihn in Ruhe darauf antworten zu lassen. Nachdem Lilli und die Strolche lange damit zugebracht hatten, Lillis Haarfarbe unter Zuhilfenahme der Muster-Locken der Haarfärbemittel zu bestimmen (sie waren sich einig, dass es „châtain clair doré“ sein musste, was sich besser anhört als mausblond) und auf alle Kuscheltiere zu drücken, um sie zum Quietschen zu bringen, entdeckte der kleine Strolch eine neue Spielwiese: die Lippenstift- und Lidschattentester, die zu unendlichem Spiel und Spaß einluden und glücklicherweise in einem von der Kasse her uneinsehbaren Gang standen. Ein paar Minuten später schlich Lilli mit „schwer verletzten“ Strolchen an der Kassiererin vorbei ins Freie: der große Strolch hatte ein riesiges blaues Auge geschminkt bekommen, während der kleine Strolch aus der Nase blutete, als wäre er auf dem Eis des Parkplatzes der Länge nach hingeschlagen. So angerichtet klopften sie bei Monsieur ans Autofenster, der vor Schreck den Blackberry auf die matschige Fußmatte fallen ließ.

Ach, warum kann Lilli nur nicht immer so eine lustige Mama sein wie im Urlaub…

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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