Samstag, 10. März 2012

Lilli im Museumsshop

Es gibt allerhand schöne, ungewöhnliche und auch manche gar seltsamen Dinge in der Boutique des MBAM, in der Lilli die Feininger-Ausstellung mit den Strolchen besucht. Neben Designerschmuck, Filzmützen und Wanduhren, bei denen dem Betrachter schwindlig wird, bevor er die Zeit ablesen kann, wird dort auch handgefertigtes Keramikgeschirr verkauft. Zum Beispiel weisse Kaffeebecher, die haargenau so aussehen wie die Plastikkaffeebecher einer Firmenkantine. Lilli versteht schon, dass das ironisch gemeint ist, hässlich bleibt es allemal. Ganz anders als die Papiertüte aus Keramik, die sie schon immer gerne als Blumenvase gehabt hätte.

Freitag, 9. März 2012

Lilli macht blau

Soso, zumindest eine werte Leserin möchte gerne wissen, wie es bei Lilli weitergeht. Nun, Lilli ist gerade in einer Blauphase. Sowas passiert manchmal am Ende eines Winters, wenn die Seele ausgelaugt und der Körper von der Heizungsluft faltig geschrumpelt ist, wenn aber Hockeytraining, Hausaufgaben und Eltern-Kinder-Kommunionsunterricht gnadenlos weitergehen, immer unter der Woche und immer bis nach neun Uhr abends. Dann macht Lilli nur noch das Nötigste, das ihr aus Wäschewaschen, Kochen und Lesen zu bestehen scheint. Und aus Arbeiten, für das man sich schon seit November grau oder schwarz anzieht, was inzwischen auch gehörig auf die Stimmung drückt, da der Teint in Richtung Grün geht und dieses limitierte Farbspektrum schwer an Krankenhauskorridore oder Finanzamtsbüros erinnert.

Lilli macht also blau, was heisst: ist das Nötigste gemacht, macht man gar nichts mehr. Da bleiben Rechnungen und Blogs liegen, Löcher in Socken werden nicht gestopft, man sollte eigentlich die Steuererklärung vorbereiten, aber man tut es nicht. Das Einzige, wozu Lilli sich noch aufrafft, ist der Geburtstag des kleinen Strolches. Vor elf Jahren ist er vier Wochen zu früh in einer stürmischen Vollmondnacht geboren. Gestern wurde dieses Ereignis mit Schokoladenkuchen und drei Partien Kegeln gefeiert. Heute fühlt sich Lilli seltsam einseitig im Rücken.

Montag, 27. Februar 2012

Lilli und der Oscar

Wenn ein Film eines Filmemachers aus Québec für einen Oscar nominiert wird, ist man schon ein bisschen stolz. Wenn die zugegeben niedliche Nachbarstochter drin mitspielt, wird das alles noch viel konkreter. Und wenn sich der Film um das Thema Schule dreht, sind auch die Strolche der Meinung, mitreden zu können. Deshalb sind Lilli, Monsieur und die Strolche gestern abend ins Kino, um sich den Film anzuschauen und dadurch "seelischen Beistand" zu leisten bis nach Hollywood.

Genutzt hat es nichts, aber schön war es trotzdem. Und das erste Mal, dass die Familie komplett zusammen im Kino war.

Donnerstag, 23. Februar 2012

Was Monsieur gerade macht

"Yes! Yesyesyesyesyes! Hard! Harder!!!!"

Auflösung: Er guckt Curling im Fernsehen, was sonst.

Es lebe der Bankautomat

Einmal im Jahr spricht Lilli mit einem Bankmenschen. Im Februar heisst es nämlich, Geld für die Rente auf die Seite zu häufen, da in Kanada kein Mensch von der staatlichen Rente allein leben könnte und der Staat deshalb verschiedene Anreizprogramme konzipiert hat, die das Selbersparen schmackhaft machen sollen. Lilli mag keine Bankmenschen, und dieser hier ist keine Ausnahme. Er fragt Lilli, ob sie denn Zugang zum Internetbanking hat, was Lilli wahrheitsgemäss verneint. Fast unmerklich (aber nur fast!) zieht er die Augenbrauen zusammen und bietet Lilli an, ihr zu erklären, wie es geht, und dass es ganz einfach sei. Lilli erklärt ihm daraufhin, dass sie lieber zum Bankautomaten gehe, so richtig persönlich, um dort Geld abzuheben und Rechnungen zu bezahlen. Und dass sie es richtig gern habe, wenn dort ein kleiner Beleg ausgedruckt wird, den sie in ihren Geldbeutel steckt, um ihn hinterher mit ihrem Bankauszug (auf Papier! per Post!!!) zu vergleichen. Sie muss wohl einer der letzten lebenden Menschen unter 80 sein, die noch so altmodisch vorgehen.

Wahrscheinlich geht sie deshalb so gern zum Automaten. Der fragt solche Sachen nämlich nicht, und Augenbrauen hat er auch keine.

Dienstag, 21. Februar 2012

Lilli und die Eierköppe

Neuerdings nehmen die Strolche hartgekochte Eier mit in die Schule. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, greift Lilli zum Stift.IMG_0094-lum

Donnerstag, 16. Februar 2012

Lilli und die Beichte

Der kleine Strolch muss beichten. Gehört zu seinem Kommunionsunterricht dazu, und der gehört laut Lilli (ausgerechnet Lilli! Die Protestantin!) zum Allgemeinwissen dazu, und deshalb hat er nun keine Wahl. Auf dem Weg zur Kirche weiss er noch gar nicht, was er beichten soll und denkt angestrengt über seine Sünden nach, während er neben Lilli über die an den Rand der Strasse geschobenen, vereisten und grau eingefärbten Schneereste klettert. Hinterher erklärt er Lilli, die noch nie beichten war, dass es sich eigentlich ganz gut angefühlt hat. An seiner Stelle hätte sich Lilli damals ja in die Hose gepinkelt.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Build it, and they will come

Der kleine Strolch hat jetzt eine E-Mail-Adresse, weil er ja schon fast elf ist und der Strolch von heute so was braucht. Jetzt fragt er jeden Nachmittag, ob er nach seiner Mail schauen darf, macht den Computer an und hofft auf Post. Aber irgendwie muss das Ding falsch konfiguriert sein, denn niemand schreibt ihm was.

Dienstag, 14. Februar 2012

Lilli und ihr grosser Bruder

Lilli ruft ihren grossen Bruder an, um zu erfahren, ob er nicht mehr als Hoffen und Bangen kann, um den Eltern zu helfen. Ihr grosser Bruder war schon immer, mit seinen 9 Jahren mehr, jemand, der in einer anderen Phase des Lebens steckt als sie. Ein Fortgeschrittener des Lebens sozusagen, während sich Lilli wie ein Anfänger vorkommt. Als Lilli auf die Welt kam, konnte ihr Bruder schon längst lesen und schreiben. Als Lilli lesen und schreiben lernte, fuhr ihr Bruder mit dem Fahrrad weite Strecken, um seine Kumpels zu besuchen. Als Lilli ihr grosses silbernes Fahrrad bekam, wurde einer der Kumpels ihres grossen Bruders Vater. Lillis Bruder war schon vor allen anderen ein Ökofan, Kompostierer und Naturschützer, er kann kochen und waschen, Bäume schneiden und Sachen reparieren, kurz, er steht im Leben wie eine Eiche, mit Wurzeln und weit reichenden Ästen. Als Lilli ihn aber auf die Notlage der Eltern anspricht, weiss er von nichts. Lilli runzelt die Stirn. Die Eltern haben ihr was erzählt, was sie dem Bruder verschwiegen haben? Wo er sich doch so viel besser auskennt mit dem Leben als sie? Nun, dann war wohl ein offenes Ohr wichtiger als Rat und Tat, und da auch der Bruder keinerlei Anstalten macht, irgendwie einzuschreiten, belässt es Lilli beim Hoffen und Bangen und Zeit verstreichen lassen. Ein schwieriges Unterfangen, findet sie, und sehr kräftezehrend.

Lilli fährt Achterbahn

Gestern war Lilli erst in Hochstimmung, hat sie doch einen Flug nach Deutschland gebucht, um ihren Vater zu einem runden Geburtstag zu besuchen. Allein, wohlgemerkt, da die Strolche zu dem Termin noch Schule haben und sie überhaupt noch nie, also noch nie in den letzten zwölf Jahren, allein ein paar Tage frei nehmen konnte. Und anstatt die Strolche die Schule schwänzen zu lassen und deshalb vorher und nachher Stress zu haben, und anstatt einen müden Monsieur mitzuschleppen, der dann den Deutschlandaufenthalt mit Schlafen und Gähnen zubringt, lässt sie ihre Männer einfach daheim und düst alleine in ihr Heimatland. Als sie die gute Nachricht ihren Eltern am Telefon mitteilt, teilen die ihr gleich eine schlechte Nachricht mit, die zwar nichts mit ihrem Kommen zu tun hat, über das die Eltern sich auch sehr freuen, die sie aber wütend und traurig macht, da sie den Eltern in ihrer momentanen Notlage nicht helfen kann. Es ist so eine Notlage, wo nur Hoffen und Bangen hilft, und im Hoffen und Bangen ist Lilli nicht so sehr qualifiziert. Deshalb muss abends ein Abenteuerfilm her, der sie wenigstens zwei Stunden lang in eine andere Welt entführt, so einer mit Action, Kostümen, am besten noch mit Mumien, Explosionen und Dinosauriern. Also "Adeles ungewöhnliche Abenteuer", bei dem Lilli noch jetzt glucksen muss, wenn sie an das schwesterliche Tennis-Match denkt. Wer weit weg von daheim wohnt, kommt manchmal auf die seltsamsten Tröstungsversuche...

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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