Donnerstag, 17. Januar 2013

Nicht sehr hoch

Lilli war noch mal im Yogakurs, diesmal in einem etwas flotteren, in dem man zwar auch viel auf dem Boden rumliegt, aber immerhin ab und zu ein Bein in die Luft streckt (rechts und links mit sehr unterschiedlichem Winkelgrad, es ist erstaunlich) oder die Hüfte hochdrückt (das kann Lilli gut, da dreht sie beifallheischend den Kopf zur Seite, um zu sehen, wie die schwangere Frau links von ihr damit zurechtkommt). Im Stehen machen sie Gleichgewichtsübungen, ebenfalls rechts und links mit sehr unterschiedlichem Ergebnis, sowie die gefürchteten Atemübungen, bei denen Lilli wieder schneller als alle anderen fertig ist. Im Hintergrund spielt geschlagene zwei Stunden lang das gleiche indische Mantra. "Es hörte sich an wie "On n'est pas très haut, on n'est pas très haut", erzählt Lilli anschliessend zuhause. "Ganz klar", meint Monsieur sarkastisch. "Mit Levitieren fängt ihr schliesslich nicht gleich beim ersten Mal an."

Mit Gummi

Haare sind, obwohl von Natur aus eher linear angelegt, eine zyklische Angelegenheit, zumindest bei Lilli. Als sie so richtig lang waren, fand Lilli es bald lästig, sich um die Mähne kümmern zu müssen - im Winter kriegt man sie kaum unter eine Mütze, während sie im Sommer warm wie ein Pelzmantel sind oder, mehr oder weniger elegant hochgesteckt, schwer nach unten ziehen. Noch dazu gibt es so ein Alter, ab dem lange Locken (genauso wie Miniröcke, würde Adam aus dem Oprah-Magazin jetzt sagen) gefährlich nach Jugendwahn aussehen, was die Trägerin allein deshalb schon vermeiden will, weil Jugendwahn nur diejenigen befällt, die ihr Alter nicht akzeptieren. Und keiner zu dieser Gruppe gehören möchte. Deshalb stieg Lilli mit 40 auf einen Kurzhaarschnitt um, der ihre Locken irgendwo zwischen Ohr und Kinn aufhören liess, was meist unaufgeräumt aussah und ihr kaum Komplimente einbrachte. Zwei verschiedene Frisöre schnippelten jahrelang an ihrem Ohr vorbei, ohne je mit einem richtig stilvollen Ergebnis belohnt zu werden. Deshalb liess Lilli die Frisörbesuche irgendwann sein und befindet sich seither wieder in der aufsteigenden "Ich lass mir sie gerade wachsen"-Zyklushälfte. Heute morgen hat sie sich (zugegeben unter Beihilfe von zwei Haarnadeln) einen rasierpinselartigen Pferdeschwanz hingezwirbelt, hehe. Lange Haare, here I come.

Montag, 14. Januar 2013

Neues Kapitel

Plötzlich, eines Morgens beim Frühstücken, hebt man den Kopf von der Zeitung, blickt sinnend um sich herum und entdeckt, dass dem Haus, obwohl es schon seit Jahren bewohnt und eigentlich auch ganz funktionell ist, jegliche Persönlichkeit fehlt. Die Legos und Spielzeugautos sind weggeräumt, schon seit Jahren sind keine neuen Kratzer oder Bissspuren an den Möbeln dazugekommen, das letzte selbstgemalte Bild an der Küchenpinnwand stammt von 2009. Jetzt hat man keine kleinen Kinder mehr, sondern Teenager, die Musik hören oder zu Freunden gehen. Jetzt könnte man endlich mal ein schönes Möbelstück kaufen oder Sachen ganz bedenkenlos in Bodennähe aufstellen. Man bekommt ein Stück Persönlichkeit zurück, das lange hintan stehen musste. So lange, dass man es eigentlich gar nicht mehr vermisst, oder erst mal suchen muss, ob überhaupt noch was davon übrig ist. Seltsam.

Dienstag, 8. Januar 2013

Lilli macht Quinoa

Mit kaltem Wasser abspülen, dann 20 Minuten in Salzwasser köcheln lassen. Einfacher als Reis, geschmacklich interessanter und nährstoffreicher, und lustig aussehen tut es auch noch. Wenn doch nur alles im Leben so einfach wäre.

Montag, 7. Januar 2013

Und wieder los

Zu Weihnachten hat Lilli Mittelohrentzündung bekommen. Rechts und links, mit dem Unterschied, dass ihr rechts das Trommelfell geplatzt ist und links nicht. Beides ist nicht zu empfehlen, besonders dann nicht, wenn man im Kirchenchor (richtig) singen oder sich bei geselligem Beisammensein mit Leuten unterhalten will. Weihnachten empfand Lilli deshalb als aussergewöhnlich ruhig, ausser wenn es still war, denn dann hörte sie das Rauschen der zwei Wasserfälle links und rechts besonders laut.

Später ist Lilli Skifahren gegangen und hat ganze Tage damit zugebracht, nur "weiss" und "kalt" und "schnell" zu denken, was ganz unglaublich erholsam war. Jetzt nimmt sie den Faden wieder auf, ohne nennenswerte gute Vorsätze gefasst zu haben oder sonstwelche Neuerungen in ihrem Leben anzustreben.

Im Schlussverkauf hat sie feine neue Bettlaken erstanden und flauschige neue Handtücher. Wenigstens hat der Haushalt was, worüber er sich freuen kann.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Zeit für gute Vorsätze

"Ab jetzt werde ich mit Euch frühstücken", deklamiert Monsieur, der normalerweise in einer leicht verschobenen Zeitzone lebt und die Vertikale erst dann erprobt, wenn die Strolche schon aus dem Haus sind. Die Strolche sehen sich an und prusten los. Sie lieben ihren Vater, aber sie kennen ihn auch.

Montag, 17. Dezember 2012

Lilli bei den Staubfängern

Lilli ist glücklich. Trotz Grippe letzte Woche hat sie es heute geschafft, auf den Kunsthandwerksmarkt zu gehen, der jedes Jahr vor Weihnachten in Montréal stattfindet. Eine Messehalle voller Stände, an denen Getöpfertes, Gestricktes, Gemaltes, viel Schmuck und gläsernes Allerlei angeboten wird. Gekauft hat sie dieses Jahr genau ein handgewebtes und bei Mitternacht und Wolfsgeheul gefärbtes Biobaumwoll-Geschirrhandtuch, das sie ihren Eltern noch in einem Briefumschlag schicken kann. Aber egal, sie freut sich an dem Handgemachten, das in ihr ein zartes Band zum Schwingen bringt, als sei sie unter Gleichgesinnten, obwohl sie selbst schon lange keine Stricknadel mehr in der Hand hatte. Das ist doch was Schönes, all diese Kreativität, all diese nicht-industriellen Sachen, die vielleicht nicht ganz gerade daherkommen, dafür aber eine Geschichte zu erzählen haben. Im Messekaffee sitzen überwiegend Frauen über 50, die 25 % Männer scheinen eher als Fahrer und gutmütige Tütenträger mitgekommen zu sein. Als sich eine junge Frau mit einem Zwillingskinderwagen dazu setzt und anfängt, erst das eine winzige Baby mit Zipfelmütze, dann das andere zu stillen, nicken ihr die Leute aufmunternd zu und lächeln. "Oh, c'est donc ben petit, c'est donc ben beau", sagen sie und denken an ihre eigenen Kinder zurück. Ein schöner Montagnachmittag in Montréal.

Bäh

Wer Grippe hat, kann nicht schlafen. Aber auch nicht wach sein. Nicht liegen und nicht stehen, nicht riechen und nicht schmecken, schlucken auch nicht. Nicht lesen und nicht fernsehen. Viel bleibt da nicht übrig...

Freitag, 14. Dezember 2012

Segen der Technik

Lilli hat sich ein Buch aus der Bibliothek ausgeliehen: Wechseljahre, Gesundheit und Ernährung. Wobei "Wechseljahre" mindestens doppelt so gross geschrieben ist wie der Rest des Titels. Als sie das Buch im Zug aus der Tasche holt, ertappt sie sich plötzlich dabei, jetzt gerne einen Kindle gehabt zu haben.

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Gerettet

Seit Lilli die Zeitschrift dwell entdeckt hat, muss sie an sich halten, um nicht ständig darin zu versinken. Diese leeren Räume, diese Ordnung, diese zur Kontemplation einladenden Fenster hinaus in Landschaften, wie sie in Lillis Wohngegend nicht zu finden sind, und all diese schönen Menschen. Jetzt hat sie das Gegengift dazu entdeckt, das sie mit unkontrollierten Lachern wieder zurück in die Wirklichkeit bringt: Unhappy Hipsters, ein völlig respektloser Blog, dessen Mission allein darin besteht, schreiend komische Untertitel zu den schönen Photos von dwell zu posten. Was ein Glück.

Hund schläft noch

Die Lebkuchen kommen in die rote Weihnachtsdose mit dem Hund drauf. Das Jahr über steht die Dose im Keller, aber dieses Jahr hat sie den Sommer auf dem Fenstersims verbracht und ist auf der Sonnenseite dementsprechend ausgebleicht. Ausgebeult ist sie auch ein bisschen, aber um nichts in der Welt würde Lilli die Dose gegen eine neue tauschen. Denn: es ist die Dose mit dem Hund. Als der kleine Strolch noch klein war, bewahrte Lilli die Dose im unteren Fach des Küchenschranks auf und der kleine Strolch war geradezu vernarrt in sie. Immer wieder krabbelte er zum Schrank hin, öffnete die Tür einen Spalt und verkündete dann zufrieden: "Hund schläft noch". Denn tatsächlich ist auf der Seite der Dose ein unter dem Weihnachtsbaum schlafender Hund zu sehen, die Schnauze gemütlich auf die Vorderpfoten gelegt, den Schwanz um sich gewickelt wie eine Schmusedecke. Damals sprach der kleine Strolch noch deutsch mit Lilli und freute sich über schlafende Hunde. Wenn Lilli ihm das erzählt, lacht er über sich selbst.

Lilli ist ja zen

Vor Weihnachten wird es eng im Terminkalender. Mittwoch abend zum Beispiel hat der grosse Strolch ein Eishockeyspiel, Donnerstag abend hat Lilli Weihnachtsfeier mit den Kollegen, Freitag Chorprobe, Samstag wieder Hockey. Die Augenbrauenzupftante und der Friseur haben weder Montag noch Dienstag Zeit, und am Mittwoch muss Lilli noch den neuen Badschrank in 3D-Software angucken, und zwar allein, weil Monsieur überhaupt gar keine Zeit hat.

Also Augenbrauenzupfen und Friseur erst NACH der Büroweihnachtsfeier. Nun, die Kollegen sehen Lilli jeden Tag mit Strubbelhaaren, da werden sie auch ein Abendessen mit ihr im Normalzustand aushalten. Lilli stopft sich den letzten Lebkuchen in den Mund und übt sich in Gelassenheit.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6303 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

Credits

Web Counter-Modul


Laufen
Lillis Positiv-Pakt
Mitmenschen
Reise in den Abgrund
Selbständig arbeiten
Strolche
Zeitmanagement
Zonstiges
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
Blog Top Liste - by TopBlogs.de Blog Verzeichnis Bloggeramt.de