Lilli hat diese Woche Ferien. Alle Leute fragen "Und wo fahrt Ihr hin?", denn in ihrer Umgebung fahren selbstverständlich alle in den Märzferien irgendwo hin, entweder zum Skifahren nach Vermont oder zum Sonnetanken in die Karibik. "Wir fahren in den Baumarkt", entgegnet Lilli, denn wahrheitsgemäss geht dieses Jahr die Badrenovierung vor. Trotzdem will Lilli viel mit den Strolchen unternehmen, "von zuhause aus". Jeden Tag steht eine Unternehmung auf dem Programm, gestern das Langlaufen im nahegelegenen Wald, heute das Hallenbad. Die Schwierigkeit besteht nicht darin, Aktivitäten zu finden, die ausser Haus stattfinden, sondern darin, auch im Haus Ferienstimmung aufkommen zu lassen, während im Bad der Schmutzwäschekorb überläuft und die Kaffeemaschine seit Weihnachten darauf wartet, entkalkt zu werden. Lilli kramt nach ihrer Stricktüte, die seit dem letzten Projekt vor zwei Jahren im Keller verstaubt, und zieht einen alten Pullover auf, um die Wolle neu zu verstricken. Entspannung zuhause unter der Woche - das ist ein Konzept, das sie in den letzten zehn Jahren irgendwie verlernt hat. "Aber die Betten hier in diesem Hotel sind wunderbar", sagt Monsieur zufrieden.
Lilli legt los - 5. Mär, 09:51
Am Wochenende war Lilli Hockey spielen. So richtig auf dem Eis, so richtig in (von einem Freund ausgeliehener) Uniform. Insgesamt 12 aufdringlich nach Feuchtigkeit riechende Teile musste sie sich aufschnallen, die aber insgesamt viel bequemer zu tragen waren, als sie aussahen. Als grösstes Hindernis empfand sie das Gitter des Helmes, das sie auch nach der Hälfte der Spielzeit nicht einfach "wegdenken" konnte wie die dick gepolsterte Hose oder die mit Klebeband festgezurrten Schienbeinschoner. Ein wahrer Dorn im Auge und damit ganz das Gegenteil seiner eigentlichen Funktion. Vier Dinge stehen hinterher für Lilli fest:
1. Beim Hockey fängt der Sport schon beim Anziehen an.
2. Das Eis ist grösser, als es aussieht.
3. Bremsen können ist wichtiger als Schlittschuhfahrenkönnen.
4. Nicht jeder, der ein Gitter vor den Augen hat, sieht so gut wie eine Fliege.
Lilli legt los - 4. Mär, 10:30
Am Freitag war Lilli beim Frisör. Dieses Mal mit einem Foto von Marion Cotillard. Man kommt sich ja immer blöd vor, beim Frisör mit einem Foto einer Leinwandschönheit zu wedeln, weil man Angst hat, die Friseuse könnte meinen, man fühle sich auf einer Ebene mit ihr. Also mit Marion Cotillard, nicht mit Marie-Claude. Dabei geht es ja gar nicht um das Gesicht, nur um die Haare, die Lilli dieses Mal elegant gewellt wollte, weil sie abends noch was vorhatte. Es wurde auch tatsächlich ganz hübsch, und abends erhielt Lilli Komplimente für ihre "heute so schönen Haare", die sie prompt so auslegte, dass sie im normal gelockten Zustand nicht schön sind. Am nächsten Morgen ging Lilli schwimmen und wusch die ganze Marion Cotillard wieder ab.
Lilli legt los - 28. Feb, 05:00
Lillis Yogalehrerin zufolge kommt jetzt der Monat der Nieren. Noch dazu war gestern Vollmond! Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie demnächst plötzlich nachts aufstehen müssen, obwohl das sonst nicht der Fall ist. Oder umgekehrt. Oder wenn Sie in den kommenden Tagen viel oder erschreckend wenig urinieren, hell oder dunkel, wohlriechend oder vielleicht auch nicht. Der chinesische Kalender ist dran schuld, das ist alles.
Lilli legt los - 27. Feb, 10:42
Endlich haben Lilli und Monsieur es geschafft, sich auf Fliesen für ihr neues Bad zu einigen. Über fünf Wochenenden verteilt waren sie in geschlagenen fünf Geschäften, zuerst Lilli allein als Vorhut, um zu sichten, ob sich dieser Laden für Monsieur's wertvolle Zeit überhaupt lohnt. Dann noch einmal mit Monsieur, der die Wände voller Fliesen abschritt, meist bei den falschen stehenblieb, an den richtigen vorbeilief, an seltsamen Kombinationen kurz zögerte und schliesslich eine Fliese hervorzog, die Lilli zu dunkel/hell/rustikal/langweilig oder schlichtweg unausstehlich fand. Und umgekehrt. Dabei gibt es heutzutage Fliesen, die aussehen wie Holzlatten oder Betonplatten, wie Marmor oder wie die Tapete bei Tante Liesel im grünen Zimmer. Kurz, es gibt Fliesen für jeden Geschmack, nur nicht für die Schnittgruppe zwischen Lilli und Monsieur. Bis heute. Heute hat Lilli nach halbstündiger Suche eine Fliesenkombination für Dusche/Boden/restliche Wand herausgesucht und vor Monsieur's Füssen auf dem Boden des Geschäftes, das schon andere Szenen einer Ehe gesehen haben wird, ausgebreitet. Ernst haben Monsieur und Lilli eine Weile darauf gestarrt, mit dem Fuss die eine oder andere Fliese ein Stückchen weiter nach links geschoben, dann haben sie sich angesehen und genickt. Es war vollbracht. "Und, was habt Ihr für Fliesen gekauft?", fragt der grosse Strolch bei ihrer Rückkehr. "Grau, grau und grau", sagt Lilli glücklich.
Lilli legt los - 20. Feb, 05:00
Heute abend ging Lilli nicht in ihren Yogakurs. Wäre es nicht auch widersprüchlich gewesen, wenn sie in der Turnhalle auf dem Boden liegen und sich auf ihr Sofa sehnen würde, auf dem sie schon hier und jetzt liegen kann? Eben.
Lilli legt los - 19. Feb, 20:18
Wer behauptet, man könne Tofu so marinieren und zubereiten, dass es wie Fleisch schmeckt, lügt. Es schmeckt eher wie ein mariniertes und gegrilltes Stück Flipflopsohle.
Lilli legt los - 18. Feb, 10:44
Gestern war Lilli mit Monsieur und den Strolchen Schlittschuhlaufen im alten Hafen von Montreal und so sah es aus:

Ein Mann fällt dadurch auf, dass er im rechten Winkel vornübergebeugt auf dem Eis steht, die Hände schützend gen Boden ausgestreckt, und so als lebendes L versucht, schlittschuhfahrend vorwärtszukommen. Für die Montrealer, die sprichwörtlich mit Schlittschuhen an den Füssen zur Welt kommen (sehr schmerzhaft für die Mutter, ja, haha), ein schwer zu ertragender Anblick: sowohl, was die Technik angeht, als auch aus ergonomischen Blickwinkeln heraus darf der Mann so nicht weitermachen. Deshalb dauert es auch nur fünf Minuten, bis jemand sich erbarmt, dem Mann die Hand auf die Schulter legt und ihm erklärt, wie es richtig geht. So sind sie, die Montréaler, und passend zum Valentinstag wird es Lilli ganz warm ums Herz.
Lilli legt los - 15. Feb, 17:30
Die Tage werden länger, die Gehwege matschiger, überall hängen grossformatige Werbeplakate für Cuba. Noch müssen die Montrealer eine Weile drinhängen, bevor es Frühling wird und H&M mit Dessous wirbt.
Lilli legt los - 12. Feb, 18:07