Sonntag, 17. März 2013

Der März, der 8 Wochen dauert

Gestern zog Lilli zum Laufen die Turnschuhe an, statt die dicken Stiefel zu nehmen, da inzwischen dank ein paar warmen Tagen der Schnee zumindest auf dem Gehweg weithin weggeschmolzen ist. Hui, wie da die Kälte in die Nähte und Textilbespannungen fuhr! Nach fünf Minuten war es Lilli, als läufe sie auf in sich gekrümmten Eiszapfen, konnte sie doch die Zehen nicht mehr von den Fersen unterscheiden. Erst nach einer weiteren halben Stunde strammen Marschierens produzierte ihr Körper so viel Wärme, dass ein Zipfelchen davon in die Füsse geschickt werden konnte. Frühling, ja du wirst noch eine Weile auf dich warten lassen...

Freitag, 15. März 2013

Sorum oder sorum

Lilli glaubt, die richtige Skulptur für ihr neues Bad gefunden zu haben:
https://www.globalviews.com/product_groups/794?category_id=11
Oder wird Monsieur darin nur einen kopfüberhängenden Jesus sehen?

Donnerstag, 14. März 2013

Vielleicht nächstes Mal...

Jetzt kommt der neue Papst also doch nicht aus Québec, wie es die Anhänger von Kardinal Ouellet gerne gehabt hätten. Komisch, auch wenn hier nur noch wenige Leute sich als überzeugte Katholiken darstellen, hätten sie sich irgendwie gerne im römischen Glanz gesonnt. Obwohl es dort doch in den letzten Tagen auch nur geregnet hat...

Mittwoch, 13. März 2013

Ein Buch zum Nichtlesen

tan_shaun_the-arrivalLilli hat ein schönes Buch entdeckt: The Arrival, von Shaun Tan. Ein Buch ganz ohne Worte, das vom Auswandern und Ankommen erzählt. Sie hat in der Zeitung davon gelesen, es dann beim örtlichen Buchhändler halb durchgelesen in Augenschein genommen und schliesslich bei Amazon für zwei Drittel des Buchhändlerpreises bestellt. Irgendwie schämt sie sich dafür.

Montag, 11. März 2013

Ist ja auch egal

Wenn Lilli Leuten erklärt, dass sie nur drei Tage pro Woche arbeitet, finden das alle toll. "Boh, das ist ideal", sagen sie, "da hast du ja so viel Zeit!"


Lilli ist immer wieder erstaunt, wie wenig man doch mitteilt, wenn man die Wahrheit spricht, und wie viel an zusätzlichen Erklärungen nötig wäre, bis der Gegenüber versteht, wie die Wahrheit tatsächlich aussieht. Auch die Strolche beneiden sie darum, wenn sie montags nicht aus dem Haus muss, während für sie die Schule wieder losgeht. "Du hast es gut", sagt der grosse Strolch, "du musst heute nicht arbeiten."

In Wirklichkeit bringt ein Dreitagejob einige Nachteile mit sich: man muss das Informationsdefizit nachholen, das an Tagen der Abwesenheit entsteht, und läuft dabei ständig Gefahr, im Kreise der Kollegen als unaufmerksam oder dumm ("das haben wir doch gestern besprochen") zu gelten. Man erbringt stets weniger Leistung als die Vollzeitkräfte, braucht oft länger, bis ein Projekt zu Ende geführt werden kann, weil immer wieder Löcher im Zeitplan überbrückt werden müssen, und antwortet auf E-Mails mit Verzögerung, die nicht Alle verständnisvoll auf die Dreitagesituation zurückführen, sondern als unhöflich oder unzuverlässig auslegen. Wer gerne für seine Leistung gelobt wird und auf seine Arbeit stolz sein will, hat deshalb ständig das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen oder sein Geld nicht wert zu sein - das nagt am Selbstwertgefühl.

Und was die Tage zuhause angeht - nun, die sind bis oben hin mit Haushalt zugemüllt, wenn nicht Monsieur eine Sekretärin, Buchhalterin, Organisatorin oder sonstwie Fachkraft für alles braucht. Lilli kann sich nicht erinnern, unter der Woche mal tagsüber ein Buch in die Hand genommen zu haben, es sei denn bei einem Arzttermin. Stattdessen räumt sie hinter ihren Männern auf oder putzt den Kühlschrank, und trotz aller Anstrengungen ist ihr Haushalt unweigerlich weniger in Schuss als bei den Stay-at-Home-Moms, mit denen sie sich dummerweise vergleicht, weil sie ja schliesslich auch - zumindest in Teilzeit - zu dieser Gruppe gehört.

An beiden Fronten kommt Lilli sich also manchmal so vor, als leiste sie weniger als die Anderen. Natürlich hat sie es sich selbst so ausgesucht und natürlich würde sie ihren Dreitagejob nicht gegen eine Vollzeitstelle eintauschen wollen. Natürlich hat sie weniger Arbeit als Leute, die ihren gesamten Haushalt am Wochenende erledigen müssen oder womöglich Kinder mit besonderen Bedürfnissen haben. Das weiss sie alles. Trotzdem würde sie manchmal gerne schreien, dass nicht alles immer so rosig ist, wie es aussieht. Aber wie gesagt, das bedürfte einiger Erklärungen und Ausführungen, deren Länge man gut an diesem Post ermessen kann.

Deshalb lächelt sie auch nur und sagt: "Ja, das ist schon ziemlich ideal." Ist ja auch eigentlich egal, was die Leute über sie denken...

Sonntag, 10. März 2013

Welcome to my world

Heute abend ist Lilli traurig. In den letzten Tagen hat sie viel Zeit mit dem kleinen Strolch zugebracht und sein Universum beschnuppert, das - wie sich das für einen jetzt Zwölfjährigen gehört - einer anderen Milchstrasse angehört als das ihrige. Sie hat Mangas gelesen und sich darüber belehren lassen, wie Mangas "erzählen", und einige ihrer Vorurteile über diese textarme Literatur zertrümmert. Sie hat seine Musik angehört und mit Presslufthammer assoziiert. Sie hat mit seinen kichernden Freunden Kaffee getrunken und dabei 127 Mal das Wort "genre" gehört, das als Füllwort in Sätzen wie "Heute war ich genre im Hallenbad und das Wasser war genre eiskalt" gerade grosse Mode ist. Sie muss sich eingestehen: so manches, was dem kleinen Strolch gefällt, findet sie unerträglich. Oh, sie liebt ihn trotzdem, das steht nicht zur Debatte. Sie findet nur seine Wellenlänge im Moment unsympathisch, seine Freunde albern, seine Vorlieben unverständlich. Mit dem grossen Strolch ist das anders, der schwimmt in ihr vertrauteren Gewässern und macht es ihr leicht, in seine Welt einzutauchen. Sie fragt sich, ob sie das überhaupt darf, das eigene Kind so wenig zu verstehen?

Freitag, 8. März 2013

Ferien zuhause (II)

Lilli geht mit den Strolchen ins nahegelegene Skigebiet. In einer Viertelstunde sind sie dort, dann aber dauert es 45 Minuten, bis Lilli und der kleine Strolch inmitten einer wuselnden Eltern-und-Kinderschar ihre Ausrüstung gemietet und angezogen haben. Der grosse Strolch steht derweil mit seinem Snowboard an der Piste und sieht sehnsüchtig den Hang hinauf zum Snowpark, wo seinesgleichen schon durch die Lüfte fliegen. Lilli findet die Ausrüstung klobig und schwer, zumindest im Vergleich zu ihren Langlaufski. Dann geht es los: hoch und runter, hoch und runter, hoch und runter. Als Lilli zum ersten Mal auf die Uhr schaut, sind noch ganze zwei Stunden abzufahren - eine Ewigkeit! Am Rand der Piste kann man in den Wald hinab sehen, in dem einsame Langläufer auf der Loipe dahingleiten. "Dort würde ich jetzt auch gerne sein!", denkt sich Lilli, weiss aber genau, dass weder der grosse Strolch damit einverstanden wäre (der will lieber snowboarden) noch der kleine Strolch (der wäre am liebsten zuhause auf dem Sofa geblieben). Bald wird Lilli trotz der Plusgrade im Sessellift kalt, und die letzen 30 Minuten vor Ablauf ihres Tickets wartet sie im Dunst des Restaurants, während die Strolche allein ihre Bögen schwingen. Ihre Alpinskikarriere, die vor 35 Jahren in Österreich ihren glanzlosen Anfang genommen hat, tropft von ihren Plastikskistiefeln mit den drei Schnallen und verendet still, ohne dass es Lilli darum leid gewesen wäre, in einer Pfütze unter ihrem Stuhl. "Das war heute das letzte Mal", sagt Lilli zu sich selbst. Passons à autre chose, wie die Leute hier sagen, ganz ohne Nostalgie, einfach in der Gewissheit, dass nun das Eine vorbei ist und Platz für Anderes lässt.

Donnerstag, 7. März 2013

True Grit

Da der letzte James Bond im Videoclub schon vergriffen war, nimmt Lilli "True Grit" mit nach Hause: einen Western, in dem es um Rache geht, um Mut und Entschlossenheit, mit gerade genug Action, um die Strolche bei der Stange zu halten, und wunderbar gefilmten Landschaften. Wenn Lilli die drei Reiter sieht, wie sie aufgereiht über einen Fluss hinweg in die Ferne starren, so ganz gerade auf ihren Pferden, mit Mänteln, Satteltaschen, Revolvern und all den anderen Requisiten, die zu einem ordentlichen Western gehören, ertappt sie sich plötzlich dabei, selbst gerne reiten zu können. Dabei hat sie doch Angst vor Pferden im normalen Leben... Die Handlung selbst ist nicht gerade glaubhaft oder besondern dicht gewebt, aber darauf kommt es gar nicht an. Am Besten sieht man den Film im englischen Original, um die herrlichen Akzente ("Never doubt a Texas Ranger") und wunderliche, geblümte und seltsam geschraubte Ausdrucksweise zu geniessen.

Mattie Ross: [cutting the rope on the tree] Why did they hang him so high?
Rooster Cogburn: I do not know. Possibly in the belief it'd make him more dead.

Sandkasten

Der kleine Strolch spielt "Minecraft" am Computer. Lilli erfährt, dass es sich dabei um ein sogenanntes Sandkastenspiel handelt, da der Spieler mit den vorgegebenen Materialien machen kann, was er will. "Nun, es gibt Schlimmeres", denkt sich Lilli und besichtigt, was der kleine Strolch da so fabriziert. Häuser mit Wasserfällen, Betten aus Stein, eine Kunstgalerie mit Fackeln an der Wand. Dann kommt der kleine Strolch von einem Freund zurück und erzählt Lilli begeistert, dass es Videos gibt, die zeigen, was andere mit Minecraft gebaut haben. Eines davon ist mit Klaviermusik unterlegt und zeigt innerhalb von Minuten, was wohl Wochen oder Monate in Anspruch genommen haben muss, denn das Ergebnis ist eine gesamte orientalische Stadt mit Moschee, Palast und hängenden Gärten. Danach hat der kleine Strolch keine so grosse Lust mehr, an seinem eigenen Haus weiterzubauen. Jetzt sitzt er sozusagen nur noch auf dem Brett, das rund um den Sandkasten läuft, und klopft mit seiner Schaufel den Takt zum Schaffen der Anderen.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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