Mitmenschen

Mittwoch, 30. Oktober 2013

You are one of us

Bei Subway gibt es leckere Kekse. Die mit den weissen Schokostückchen und den Macadamianüssen schmecken den Strolchen am besten. Da der kleine Strolch sowieso gerne Kekse backt, sich bisher aber auf ein einziges Rezept mit Erdnussbutter beschränkt und Lilli den Erdnussbuttergeschmack so langsam etwas eintönig findet (obwohl, damals bei "Unsere kleine Farm", da wurde die Krämerstochter mit ihren Erdnussbutterbroten immer heftig beneidet...), macht sie sich auf die Suche nach einem Rezept. "Im Internet gibt es alles", sagt Lilli und googelt: Macadamia Nut Cookies", und Google ergänzt die Suchwörter prompt mit "Subway Recipe". Wie seltsam sich das anfühlt, von Google dabei ertappt zu werden, absoluten Massengeschmack zu haben...

Samstag, 26. Oktober 2013

Dreimal so gut

Die Deutschlehrerin aus den Kleinanzeigen hört sich ganz gut an. Französischstudium in Deutschland, dann Frankreichaufenthalt, seit fünf Monaten in Kanada, Fortbildung am Goetheinstitut. Dann aber schreibt sie: "Normalerweise nehme ich 20 $ pro Stunde pro Schüler. Ich könnte Ihnen diesen Kurs (für drei Schüler) für 50 $ pro Stunde anbieten." "Aber sie ist doch trotzdem nur eine Stunde da", meint der grosse Strolch empört. Ja, Lilli findet auch, dass da irgendwo ein Rechenfehler passiert ist. Für 50 $ die Stunde wird sie sich eine Perrücke aufsetzen und die Strolche und Monsieur selbst unterrichten.

Freitag, 18. Oktober 2013

When it rains, it pours

Lillis Kollegin wurde vor zwei Wochen von ihrem Freund sitzengelassen. Prompt hörte sie, die sowieso schon viel zu dünn ist, mit dem Essen auf, war drei Tage lang krank, danach kam sie zwar wieder, huschte aber die Wand entlang, als wäre sie am liebsten unsichtbar. Gestern hat Lillis Chefin ihr mitgeteilt, dass sie aus Etatgründen vorzeitig entlassen wird. Und zwar in zwei Wochen schon. Ein sehr unglücklicher Zufall, und dass Lillis Chefin ihr versicherte, dass sie als Erste wieder eingestellt werde, sobald es nur irgendwie ginge, tröstete sie kein bisschen. Heute morgen kam sie nicht ins Büro, meldete sich nicht krank, ging weder an ihr Telefon zuhause noch ans Handy. Lillis Chefin beauftragte zwei Kollegin damit, sie zu suchen. Kurz vor Mittag ging ihr Mitbewohner an sein Handy und ging Nachschauen. Sie hatte die ganze Nacht über wachgelegen, war dann gegen Morgen eingeschlafen und war jetzt kaum zurechnungsfähig. Aber sie war am Leben. Sie versprach, am Nachmittag zur Arbeit zu kommen, schon allein, um sich abzulenken. Wie doch so ein ganz ordinärer Freitag plötzlich tragische Züge annehmen kann, dachte Lilli und nahm ihre Korrektur wieder zur Hand.

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Zu dumm

Morgen hat Lilli einen anstrengenden Tag. Dass sie zudem erst mit Verspätung im Büro sein wird, stresst sie obendrein - Lilli hasst es, unpünktlich zu sein. "Ich komm dann morgen so gegen 11", sagt sie ihrer Kollegin zum Abschied. Die lächelt wie ein Panther und springt sofort vom Baum. "Ach, machst Du Dir einen schönen Vormittag?", fragt sie, die Krallen genüsslich ausfahrend. Lilli reagiert sofort wie gewünscht: "Um 7 muss der kleine Strolch beim Basketball sein, um 8 bin ich mit dem grossen Strolch bei der Krankengymnastik, um danach sofort zum Kieferorthopäden zu fahren, wo er eine provisorische Spange kriegt, bevor in zwei Wochen die feste Spange kommt. Danach fahr ich den grossen Strolch in die Schule und komm direkt hierher." Die Kollegin nickt befriedigt, der Pantherschwanz wedelt langsam hin und her.

Lilli geht die Stufen in den Fahrradkeller hinunter und möchte sich ohrfeigen. Das Motto der lieben Nessy kommt ihr in den Sinn: Sei nett, bleib neugierig, rechtfertige dich nicht, so hiess es. Lilli wird es nie lernen.

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Dann ist ja alles klar

Lilli erzählt, dass der kleine Strolch später mal in Habitat 67 wohnen will, einem futuristischen Komplex aus Betonwürfeln mit Blick auf den Hafen und die Skyline von Montréal. "Meine Mutter wohnt da", sagt Monsieur's Freund, als er ihn zum Curling abholt. "Oh, können wir sie mal besuchen? Zum Besichtigen?", fragt Lilli hoffnungsvoll. "Nein, meine Mutter hasst mich", entgegnet der Freund. Im gleichen Tonfall hätte er auch "Meine Mutter ist gerade in Italien" sagen können.

Sonntag, 29. September 2013

Hoch-Zeit

Die Braut war umwerfend schön, der Bräutigam trug Schwarz, der Brautvater sah aus wie Kent Nagano, war es aber nicht. Die Unitarierin, die die Trauung vornahm, sprach abwechselnd englisch und französisch, damit alle was mitbekommen, was in Montréal niemanden gross erstaunt. Nach der Trauung gab es Cocktails, Wein und viel zu lauten Jazz, der alle Gäste dazu verdammte, sich Gesprächsfetzen ins Ohr zu brüllen oder verständnislos-entschuldigend zu lächeln. Im Saal, in dem drei lange Tische für gut 200 Leute gedeckt waren, hingen Dutzende von Schwarzweissfotos des Paares an den Wänden, auf denen sich, oh Wunder, so ziemlich alle Anwesenden wiederfanden. Eine tolle Geste, fand Lilli, die auch sehr zu Gesprächen angeregt hätte, wenn es nur nicht so eng gewesen wäre. Während des Essens - libanesisch übrigens und so stark gewürzt, dass das Ins-Ohr-Schreien immer peinlicher wurde - hörte man in regelmässigen Abständen, wie mit Gabeln an Gläser geklopft wurde. Eine Geste, die Europäer gern mit einer Ansprache verbinden, hier aber heisst, dass das Brautpaar sich küssen soll. Reden gab es aber auch: zuerst hiess der Brautvater den Bräutigam in ihrer Familie willkommen, dann war der Vater des Bräutigams an der Reihe, seine neue Tochter verbal in die Arme zu schliessen. Zwei formelle und gleichzeitig tief empfundene Deklarationen, die fast feierlicher waren als all das, was die Unitarierin aufgeboten hatte. Diese zwei Reden von Eltern, die ihren Kindern von Herzen alles Gute wünschen, waren das Schönste an der ganzen Hochzeit. Und das Brautkleid. Und die Teigbällchen mit Spinat.

Freitag, 27. September 2013

Hochzeitsvorbereitungen

Morgen sind Lilli und Monsieur zu einer Hochzeit eingeladen. Nachmittags um vier und ganz ohne Kirche. In einer umgebauten Brauerei wird das Paar heiraten und gleich auch feiern. Lilli hat neue rote, sehr hohe Sandalen, mit denen sie heute im Büro neben ihrer elegantesten Kollegin hin- und hergestakst ist, um von ihr zu lernen, wie man darin geht. Jetzt muss sie sich noch die Zehennägel lila lackieren und ein Tatoo auf den Rücken applizieren. Ihr Kleid hat nämlich einen asymmetrischen Rückenausschnitt, in den unbedingt etwas Verzierung gehört, spasseshalber.

Hochzeiten, genauso wie Käsesahnetorten, sind nicht mehr das, was sie mal waren. Ergreifend wird es trotzdem werden, auf Lillis Tränendrüsen ist Verlass.

Dienstag, 24. September 2013

Reizende Wörter

Heute hatte Lilli deutlich mehr Spontanbesucher als sonst auf ihrem Blog. Ob das vielleicht am Titel ihres letzten Beitrags liegt? Lilli ist sich sicher: "Küchengeräte", das ist der Bringer.

Dienstag, 3. September 2013

Lilli im Wald

Eine Familie kommt Lilli im Wald entgegen. Hören kann man sie schon von weitem, denn wütendes Gebrüll wabert vom hinteren Ende der Familie in alle Richtungen. Vorne laufen Mama und Papa, den Blick stur nach vorn gerichtet. Papa zieht einen Wagen mit Kleinkind drin, dahinter läuft ein heulendes Mädchen und schreit "Papaaaaa! Papaaaaa"! Sie kann das wirklich gut, sie legt ihr ganzes Herz rein und schreit, was die Lunge hergibt. Rot ist sie im Gesicht, verschwitzt auch und die Locken hängen wirr in die Augen. Lilli lächelt dem Paar aufmunternd zu, aber Mama und Papa erwidern es nicht, sind sie doch ganz in Gedanken mit Kindermord beschäftigt oder mit dem Zählen bis Dreitausend. Als Lilli in der Höhe des schreienden Mädchens ankommt, macht dieses kurz Pause, blickt Lilli beleidigt an, schiebt sich die Haare aus dem Gesicht und holt Luft, um wieder loszuschreien, sobald Lilli an ihr vorüber ist.

Hach, was ist Lilli manchmal froh, derartige Machtkämpfe hinter sich zu haben.

Samstag, 31. August 2013

Auferstanden von den Toten

Lilli sieht zweifelnd auf das Photo eines betagten Herrn, das sie für eine Wandtafel aus Edelstahl verwenden soll. Er trägt eine altmodische Metallbrille mit sehr dicken Gläsern und einen grauen Anzug, der nicht für den besten Kontrast sorgt. Das schlimmste aber ist der auffallend sonnige Wasserfall, der direkt hinter ihm in tropische Tiefen stürzt - eindeutig eine Photomontage aus der Urzeit. Lilli ruft seinen Sohn an, der selbst schon Grossvater ist und leider kein anderes Foto anbieten kann.
"Aber das Originalporträt, das müssten Sie doch haben?", fragt Lilli hoffnungsvoll.
"Nein, das Photo wurde bei Cardinal gemacht, wir haben da sonst nichts", sagt er.
Lilli macht sich Notizen: "Also Cardinal, so hiess das Fotostudio?"
"Nein, das Bestattungsunternehmen", erklärt der Sohn hilfreich.
"Aber das Photo wurde doch nicht vom Bestattungsunternehmen gemacht???", fragt Lilli ungläubig. Sie schaut dem Herrn in die Augen hinter den dicken Brillengläsern, sie sehen eindeutig lebendig aus.
"Doch, doch, das ist das beste Photo, das je von ihm gemacht wurde", erwidert der Sohn.
Lilli hakt noch mal nach. "Das Photo wurde doch aber schon zu Lebzeiten gemacht und nicht erst im Bestattungsunternehmen?"
Stille am Telefon, der Sohn muss überlegen. "Vielleicht haben die auch nur den Wasserfall dahinter gemacht?", meint er schliesslich zögernd.
Hoffen wir mal, dass es so war....

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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