Reise in den Abgrund

Freitag, 10. Oktober 2008

Ich kann, weil ich muss

Und doch geht nach der verzweifelten Nacht alles weiter: die Beziehung, das Lachen und Schimpfen mit den Kindern, die belanglosen Gespräche mit den Nachbarn, die man auf der Straße trifft. Die Sonne geht auf und ab, ohne sich um unser kleines Leben zu scheren, die Blätter färben sich und fallen von den Ästen. Das Charakteristische an einer soliden und ehrlichen Beziehung ist, dass man sich zwar in Sekundenschnelle und ohne groß Nachdenken zu müssen sehr präzise Schnittwunden zufügen kann, die genau dort platziert sind, wo es am meisten blutet, dass diese aber auch zuverlässig wieder abheilen. Wodurch?

Dadurch, dass der Alltag Aufmerksamkeit fordert, die Reifen gewechselt und die Jacken in die Reinigung gebracht werden müssen.

Dass man abends wieder im gemeinsamen Bett liegt und die Wärme spürt, während draußen der Wind pfeift.

Dass man über die Kinder spricht.



Dass man dem anderen zuhört, ohne gleich zurückzuballern.

Es verlangt nach viel Großzügigkeit, aber das ist vielleicht ein Synonym für Liebe… eines von vielen, versteht sich.

Außerdem helfen natürlich Schokolade, ein gnädiges Fernsehprogramm und Laufen. Das Leben ist banal, damit muss man sich abfinden.

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Kinder jammern, Mütter irren, Tiere wimmern unter Trümmern

Es gibt Tage, an denen möchte man nicht fühlen müssen. Da sitzt einem soviel Traurigkeit im Bauch, dass man sein Inneres nach außen stülpen möchte wie einen nassen Handschuh, zum Trocknen. Man zählt die Stunden bis zum Schlafengehen und hat nur das Ziel, bis dahin zu überleben, ohne dem Schreien und Wimmern im Innern allzu viel Beachtung zu schenken. Abends dann liegt man im Bett und hofft darauf, dass der Schlaf die Wunden leckt, verwischt, abheilt. In Filmen werden solche Szenen mit Musik unterlegt, aber im richtigen LeidenLeben bleiben die Wände stumm.

Dienstag, 7. Oktober 2008

Börse auf Tiefflug

Seit einiger Zeit – ach, seit allzu lange – kommt Monsieur geknickt nach Hause und murmelt als Begrüßung eine Zahl. „735“, „800“ und gestern sogar „1000“. Lilli weiß, dass es umso schlechter steht, umso höher die Zahl ist, denn sie zeigt die Punkte an, die die Börse im Lauf des Tages runtergerutscht ist. Trotzdem wäre ihr ein „Hallo“, ein Lächeln und gar ein Kuss zur Begrüßung lieber als die neueste Bilanz des börsischen Absturzes. So unterschiedlich können Menschen sein, sogar Menschen, die sich lieben. Die einen lassen sich von ganz speziellen Details runterziehen, die alles andere Gute in ihrem Leben (Gesundheit, Kinder, Freunde, ein liebevoller Partner, Käsekuchen) in den Schatten stellen, während die anderen es sich nicht erlauben, das, wofür sie dankbar sind, zu vergessen, weil ein Aspekt ihres Lebens bergab geht. Gestern also artete dieser Unterschied in einen bösen Streit aus, einen mit Tränen und schweren Vorwürfen.

Das ist es wohl, was man einen Börsenkrach nennt.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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