Strolche

Sonntag, 12. Juni 2011

Die Angst des Autors vor dem leeren Blatt

Der kleine Strolch muss schreiben üben, denn obwohl er hübsche Sätze bastelt, schreibt er nach Gehör, was der französischen Sprache nur schlecht bekommt. Um das Ganze etwas reizvoller zu gestalten, schlägt ihm Lilli nach reiflicher Überlegung vor, einen Blog anzulegen. Voller Eifer machen sich Mutter und Sohn daran, den Hintergrund ("grün, nein lila, nein grün") zu wählen, einen Titel zu finden und das alles nett zu gestalten. Jetzt sitzt der kleine Strolch am Computer, klopft mit den Fingern auf die Tischplatte und weiss nicht, was er schreiben soll. Welcome to the club.

Freitag, 10. Juni 2011

Warum denn nur, warum?

Diese Frage hatten wir schon einmal. Jetzt tauchte sie wieder auf, und zwar als Wette, ob Klassenkamerad X es wagen würde, sie der Krankenschwester zu stellen, die in der Schule den Kurs über Pubertät hält.

X: "Warum gibt es Kondome mit Geschmack?"
Krankenschwester: "Es gibt Leute mit ganz unterschiedlichen Vorlieben."

X hat sich 100 Schuldollar verdient, was ungefähr so viel Wert ist wie ein Radiergummi. Weiter zu fragen, was sie damit genau meint, hat er sich dann aber doch nicht getraut...

Donnerstag, 9. Juni 2011

Willst Du mit mir gehn?

"Der grosse Strolch geht mit J.", sprudelt es aus dem kleinen Strolch nach der Schule heraus, noch ehe sein Schulranzen auf dem Boden aufschlagen konnte. Lilli weiss zwar, dass "miteinander gehen" soviel heisst wie "ineinander verliebt sein", aber sie kann es sich nicht verkneifen, sich dumm zu stellen. "Wieso, er geht doch mit niemandem, er steht direkt vor mir", erwidert Lilli deshalb und sieht beide Strolche mit grossen Augen an. Am genierten Lächeln des grossen Strolches kann sie gut erkennen, dass der kleine Strolch die Wahrheit gesagt hat. Umständliche Erklärungen folgen, begleitet von vielem Schulterzucken, weil keiner so recht weiss, wie das Miteinander-Gehen im praktischen Alltag aussieht. Im Moment scheint jedenfalls nicht vorgesehen zu sein, dass das frischgebackene Paar ausserhalb der Schule Zeit miteinander verbringt.

Der grosse Strolch weiss nämlich gar nicht, wo J. wohnt, und ihre Telefonnummer hat er auch nicht.

Mittwoch, 25. Mai 2011

Lillis Vespertaschenkrieg

Bei Lilli ist grad Nervenkrieg. Denn Lilli macht Pausenbrote für die Strolche nur dann, wenn die dazugehörige Tasche nach Schulende an den ihr zugeteilten Haken gehängt und der Inhalt aus- und aufgeräumt wird. Also: nicht gegessene Joghurts bitte in den Kühlschrank, Plastikschüsseln in die Spülmaschine, Kühlpack (wie heissen die Dinger auf deutsch noch mal?) in den Gefrierschrank - nichts besonders kompliziertes oder sadistisches, lediglich ein paar Handgriffe, die die Strolche dazu erziehen, dass Schulbrote nicht auf Bäumen wachsen und Teamarbeit geleistet werden muss, damit so ein Haushalt läuft. Wenn die Taschen morgens noch neben der Haustür rumlümmeln, wo die Strolche sie am Tag vorher haben fallen lassen, streikt Lilli. Hat sie jedenfalls vor zwei Wochen entschieden, und seither testen Lilli und die Strolche, wer die längeren Nerven hat.

Lilli hatte ja geglaubt, dass der Schock so gross sein würde, dass die Strolche schon nach dem ersten Tag ihre Lektion gelernt hätten. Schliesslich müssen die armen Kinder morgens mehr Zeit einplanen, um sich selbst Brote zu schmieren und Äpfel zu waschen. Aber nein: auch nach dem dritten und vierten Tag Streik vergessen die Strolche nach wie vor, ihre Tasche aufzuräumen. Der grosse Strolch stöhnt zwar jeden Morgen, wenn Lilli ihn dran erinnert, dass er sein Essen selbst richten muss, aber ändern tut er sein Verhalten nicht. Und der kleine Strolch hat entdeckt, dass das selbständige Zusammenstellen einer Vespertasche durchaus seine Vorteile hat: er läd sie voll mit Keksen, Saft und Käse, schmiert sich ein Brot mit Senf, und Lilli kann kaum an sich halten.

Jetzt überlegt Lilli, ob sie nach einer Strategie suchen soll, um das Vesperrichten wieder an sich zu reissen, ohne dabei das Gesicht zu verlieren. Oder ob sie dem Tun einfach freien Lauf lässt, bis sie sich vor dem Schuldirektor für frevelhafte Mangelernährung ihres Sohnes rechtfertigen muss. Denn sehen wir es mal so: seit sie streikt, kann sie morgens eine Viertelstunde länger Zeitung lesen...

Donnerstag, 19. Mai 2011

I love different

In Ottawa steht eine wunderbare Skulptur von Louise Bourgeois. Eine riesige Spinne IMG_21691, in deren gewölbtem Bauch man zahllose Eier aus Marmor sehen kann, wenn man direkt unter ihr steht (wer den Mut dazu aufbringt). Die Skulptur heisst "Maman" und wurde im Englischunterricht des kleinen Strolches durchgenommen. Bei der Ausstellung der Arbeiten gefällt Lilli ein Kommentar besonders gut:

"I love this sculpture because I never see art like this before. It is different I love different." Lilli auch.

Mittwoch, 18. Mai 2011

Augen zu und durch

"Du liest ein Buch über Adolf Hitler?", fragt der kleine Strolch ungläubig, als er aus Lillis Schlafzimmer kommt, in dem der neue Michel Folco auf dem Nachttisch liegt. Dem kleinen Strolch zufolge ist es am besten, alles Unangenehme zu meiden - traurige Filme, Sauerkraut, Hausaufgaben und alles, was mit Krieg und Gewalt zu tun hat. Glücklichsein durch Verdrängung, bestimmt schreibt er mal selbst ein Buch darüber. Lilli erklärt ihm, dass man sich manch Unangenehmem stellen muss, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. "Und, wie ist das Buch?", will er wissen. "Ich hatte noch keine Lust, es anzufangen", gibt Lilli kleinlaut zu.

Montag, 9. Mai 2011

Alle lieben Lilli

Wer einen schönen Muttertag erleben will, muss rechtzeitig bekannt geben, wie dieser emotional hochbeladene Tag abzulaufen hat, denn Gedanken lesen können weder der Ehemann noch die Kinder.

Monsieur: Was soll ich dir aus New York mitbringen?
Lilli: Eine knallbunte Uhr. Nichts teures. Was für den Sommer. In grün oder orange, keinesfalls aber in gelb.

Der grosse Strolch: Was wünschst Du Dir zum Muttertag?
Lilli: Crêpes zum Frühstück.

Und so war's dann auch. Lilli weiss, dass Monsieur hauptsächlich erleichtert ist, sich durch den Kauf einer Swatch anständig seiner Pflichten entledigt zu haben. Sie weiss, dass es ein grosser Liebesbeweis des grossen Strolchs war, an einem Sonntagmorgen vor allen anderen aufzustehen, um Pfannkuchen zu backen. Und sie weiss, dass die in letzter Minute hingesudelte Karte des kleinen Strolches nicht heisst, dass er sie NICHT liebt.

Lilli ist so weise, dass sie sich demnächst einen Bart wachsen lässt.

Donnerstag, 21. April 2011

Rühreier in Echtzeit

Heute hatten die Strolche schulfrei pädagogischen Tag und theoretisch hätte Lilli gestern ins Büro gehen und dafür heute zuhause bleiben können. Gestern aber sollte sie mit Monsieur Buchhaltung machen, was sie wiederum nicht konnte, weil Monsieur den ganzen Tag am Telefon hing. Deshalb geht sie heute ins Büro und die Strolche bleiben, von Monsieur einmal abgesehen, der den Tag über nicht vom Schreibtisch weicht, allein zu Hause. Um die Mittagszeit rufen sie bei Lilli an:

Strolche: Ja, also, wir machen gerade Rührei (leichtes Zögern in der Stimme)...
Lilli: Jaaaa?
Strolche: Und weil die grosse Pfanne schmutzig war, haben wir die kleine genommen.
Lilli: Jaaa?
Strolche: Da haben wir sechs Eier reingetan.
Lilli: Jaaaaaaa?
Strolche: Und jetzt werden das keine Rühreier wie sonst.
Lilli: Was wird es denn dann?
Strolche: Nur so eine gelbe Sosse.

Lilli beruhigt die Strolche und erklärt, dass es einen direkten Zusammenhang gibt zwischen der Grösse der Pfanne und der Entstehungszeit von Rühreiern. Sie rät ihnen, immer fleissig weiter zu rühren und bleibt am Telefon, bis die Strolche erleichtert berichten, dass es jetzt doch noch was geworden sei. Als sie auflegt, hat sie Hunger.

Montag, 18. April 2011

Sonntagsmenü

Lilli hat eine zündende Idee: von jetzt an sollen die Strolche sonntag abends fürs Essen zuständig sein. "Sagt mir, was ihr kochen wollt, dann kauf ich alles ein", erklärt Lilli ihnen. Vor ihrem inneren Auge sieht sie schon, wie die Strolche werkeln werden, um Fleisch zu braten und Gartechniken für Kartoffeln zu entwickeln, und wie ungemein stolz sie sein werden, alles selbst geschafft zu haben. Anfangs wird Lilli zwar noch als Assistentin agieren müssen, aber mit der Zeit werden die Köche an Sachverstand gewinnen und Lilli nicht mehr brauchen - und dabei fürs Leben lernen! Sie sieht sich schon grosszügig über halbgare Nudeln und verbrannte Schnitzel hinwegsehen, gewinnt sie dadurch doch immerhin einen Abend, an dem sie mal nicht selbst am Herd stehen muss...

Die Strolche verstehen den Vorschlag vor allem so, dass sie von nun an sonntag abends freie Menüwahl haben. "OK, wir machen Hot Dogs", entscheidet der grosse Strolch und reibt sich die Hände. "Ach ja, und noch was", setzt Lilli noch schnell nach: "Es muss jeden Sonntag abend was anderes sein." Sicherheitshalber.

Mittwoch, 13. April 2011

Bitte draussen bleiben

"Ich lese in Dir wie in einem Buch", sagt Lilli zum kleinen Strolch, nachdem dieser sich gewundert hat, wie gut sie über ihn Bescheid weiss. Antwort darauf: "Dann klapp mich gleich wieder zu."

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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