Donnerstag, 14. April 2011

Lilli schmollt

Wenn man das ganze Wochenende lang aufräumt und die Kinder triezt, doch bitte unters Bett zu kriechen und aber auch alle kleinen Sächelchen und Schnipselchen und sonstiges Zeugs hervorzuholen, das sich dort immer wie von Geisterhand ansammelt, und wenn man dann noch schnell die Betten überzieht, weil das so staubt, und alles gleich wäscht, damit keine Berge von Schmutzwäsche herumliegen, und wenn man das gefürchtete Küchenregal ausräumt und anhand von Körben und Ordnern dort Ordnung schafft, obwohl die Sonne scheint und die Steuererklärung noch schadenfroh grinst und nächstes Wochenende Ostern ansteht und noch kein einziger Osterhase gekauft, kein einziges Ei bunt angemalt ist - dann nur, weil der Gedanke an die neue Putzfrau freudig im Gehirn umhersaust und dort Energien freisetzt, mit denen man ein mittelgrosses Dorf eine Woche lang versorgen könnte.

Und wenn besagte Putzfrau dann nicht kommt und, hat man sie erst einmal am Telefon, fadenscheinige Gründe anbringt, die für die weitere Zusammenarbeit nichts Gutes verheissen, ist das Haus plötzlich so schmutzig, dass man sich am liebsten zu den zahlreichen Staubflusen auf den Boden legen möchte, um dort bitterlich mit seinem Schicksal zu hadern. Lilli hat so langsam das Gefühl, dass ihr die Ruder aus der Hand gleiten...

Mittwoch, 13. April 2011

Bitte draussen bleiben

"Ich lese in Dir wie in einem Buch", sagt Lilli zum kleinen Strolch, nachdem dieser sich gewundert hat, wie gut sie über ihn Bescheid weiss. Antwort darauf: "Dann klapp mich gleich wieder zu."

Sonntag, 10. April 2011

Neue Epoche

Die Putzfrau soll am Donnerstag zum ersten Mal kommen. Lilli kauft einen neuen Putzeimer, Wischmop und neue Wischlappen: Allzwecktücher (hervorragende Schmutzaufnahme), Schwammtücher (hergestellt aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen) und auch Shinex-Mikrofasertücher "für Profis" (das sind die besten, sagte die Kassiererin begeistert, als handelte es sich um besonders leckere Creme-Windbeutel). Lilli selbst hatte ja bisher immer mit ausrangierten Waschlappen geputzt oder auch mit alten T-Shirts, wenn sie nicht zu dünn waren. Fast ist sie ein bisschen neidisch.

Samstag, 9. April 2011

Kleiner Adam

Ein dreijähriger Junge ist jetzt schon seit mehreren Tagen vermisst. Autist, der Junge, und spielte zuletzt im Garten eines Hauses, das direkten Zugang zum Sankt-Lorenz-Strom hat. Die siebenjährige Schwester hätte auf ihn aufpassen sollen.... Die Polizei hat Schwierigkeiten, Grundstück und Flussufer abzusuchen, da zu viele Schneereste, Wasserlöcher und Gebüsche den Weg verstellen. Und, ach ja: der Junge ist taubstumm. Kann weder hören noch selbst um Hilfe rufen.

Die Mutter ist mit einem Nervenzusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert worden. Dunkel ist der Frühlingsanfang hier in Montréal.

Donnerstag, 7. April 2011

Lilli ist beruhigt

Lilli kommt nach Hause und scheucht die Strolche vom Computer weg. Dort tummelten sie sich als Legomännchen in "Indiana Jones 2" auf Inseln rum, wurden von bösen Verfolgern verfolgt und hauten Legobauten kurz und klein, um Leben oder Goldtaler oder Legostücke oder was auch immer zu sammeln und dabei unzusammenhängend zu grunzen. Und das soll spielen sein? Kaum sind sie draussen in der Spätnachmittagssonne, klingeln sie auch schon wieder, um Lilli anzukündigen, dass sie auf den Spielplatz gehen. "Ich fahr mit dem Skateboard, der grosse Strolch mit dem Fahrrad, und X, Y und Y's kleine Schwester gehen zu Fuss", erklärt der kleine Strolch, bevor er auch schon aufsteigt und davonsaust. Na also. Geht doch auch noch anders, Kind sein.

Mittwoch, 6. April 2011

Ingenieur Lilli

Monsieur muss zum Zug, abends um halb zehn, und Lilli soll ihn hinbringen. Die Strolche, die es inzwischen gewöhnt sind, sich ab und zu mal eine Weile allein zu hüten, werden dies wohl auch zur fortgeschrittenen Stunde schaffen? "Klar", sagen sie und versprechen, jetzt auch gleich das Licht auszumachen und zu schlafen, während Lilli und Monsieur die Tür hinter sich zuziehen. "Schliesst Ihr auch ab?", fragt der kleine Strolch noch etwas sorgenvoll, und glücklicherweise dreht sich der Schlüssel im Schloss mit so einem lauten Schnalzen, dass er es bis hoch in sein Bett gut hören kann. Zwanzig Minuten später ist Lilli wieder zu Hause und schleicht sich in die Kinderzimmer, wohl damit rechnend, die Strolche noch mit offenen Augen, auf die Rückkehr der Mutter wartend, vorzufinden.

Aber nein. Die Strolche schlafen tief und fest, und ein wohliges Gefühl der Zufriedenheit - oder sollte es Stolz sein ? - breitet sich in Lilli aus. Eltern sind Nestbauer, und an diesem Abend erhält Lilli ihr Diplom.

Verräterischer Vorschlag

Lillis Chefin sieht ein, dass um 16 Uhr angesetzte Besprechungen nichts sind. Ursprünglich wurde diese Uhrzeit gewählt, weil Lillis Zug um 16 h 50 abfährt und diese Zusammenkünfte deshalb kurz gehalten werden MÜSSEN. Meistens aber sind sämtliche Teilnehmer mindestens eine Viertelstunde zu spät, wodurch dann überhaupt keine Zeit mehr bleibt oder aber Lilli mitten in einem interessanten Thema aufsteht und allen einen schönen Abend wünscht (ja, in einem Anfall selbstzerstörerischer Mutigkeit hat Lilli bei ihrem Vorstellungsgespräch darauf bestanden, pünklich nach Hause gehen zu dürfen). Deshalb werden die Besprechungen ab jetzt morgens um halb neun stattfinden. "Am besten im Stehen", schlägt Lillis Chefin vor. Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Lillis Chefin liest Laufnotizen.

Montag, 4. April 2011

Tatsächlich?

"Wir frühstücken im Stehen."

Lillis Freundin darüber, was sie vor Ostern tun, um Opfer zu bringen. DAS ist doch mal was anderes als das ewige "nicht rauchen, keinen Kaffee trinken, nichts Süsses essen". Die Strolche sind begeistert und wollen die Tradition sofort übernehmen.

Sonntag, 3. April 2011

Bitte lächeln

Kommunions-Workshop, vier Stunden am Sonntagvormittag mit den Eltern. Der kleine Strolch hat zwar keine so rechte Lust, entdeckt aber zum Glück Freunde in Begleitung eines coolen Vaters, an die er sich kettet, ohne Lilli weiterer Blicke zu würdigen. Lilli setzt sich allein in die Reihen, folgt dann der Gruppe des kleinen Strolches in verschiedene Ateliers, beobachtet ihn, wie er mit den anderen lacht und dem coolen Vater den Schmetterling zeigt, den er erstaunlich liebevoll angemalt hat. Am Ende darf sie seine Spange halten, während er sich am kalten Buffet bedient, und ihn wieder nach Hause fahren.

Das Schlimme an solchen Momenten ist nicht das Gefühl, für eine Weile abgeschoben worden zu sein. Schliesslich ist es für eine Mutter ja auch beruhigend, zu sehen, wie gut das Kind allein zurechtkommt und in einer Gruppe seinen Platz findet, ohne ihr am Rockzipfel zu hängen. Schlimm ist nur, den eigenen Gefühlen ausgeliefert zu sein, von denen man nicht nur weiss, dass sie vorprogrammiert sind und so alt wie der Lauf der Welt, sondern auch, dass man sie nicht zeigen darf.

Falscher Film

Seit Monsieur sebständig ist, verwickelt er Lilli in surreale Gespräche, bei denen es ihm gar nicht aufzufallen scheint, was für seltsame Sachen er sagt. In etwa so:

Monsieur (schmollend): Ich dachte, du machst mir die Buchhaltung.
Lilli: Ich, wieso ich?
Monsieur: Ich kann mit niemandem so gut arbeiten wie mit dir.
Lilli: Aber ich habe schon eine Arbeit. Sogar einen Tag mehr als vorher.
Monsieur: Aber du hast immer noch zwei Tage Zeit.
Lilli: Ich hab auch noch andere Sachen zu tun. Kinder. Haushalt. Essen. Wäsche. Sport....
Monsieur: Dann such eine Putzhilfe.
Lilli: Aber ich bin keine Buchhalterin und will es auch nicht werden. Und schon gar nicht für jemand Unorganisierten wie dich.
Monsieur: Warum nicht?
Lilli: Das ist nicht gut für uns, glaub mir. Such dir lieber jemand anderen, jemand Aussenstehenden, der nicht mit dir das Bett teilt und nicht mit dir in den Urlaub fährt.
Monsieur: Aber dich müsste ich nicht bezahlen.

So hoch, wie sie möchte, kann Lilli die Augenbrauen gar nicht hochziehen. Langsam steigt die Befürchtung in ihr hoch, dass sie gerade in einem Film mitspielt, in dem es allen ausser der Hauptdarstellerin klar ist, dass sie sich sowas nicht gefallen lassen sollte. Aber keiner ruft "Cut". Stattdessen geht Lilli runter in die Küche und macht Abendbrot.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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