Strolche

Mittwoch, 22. September 2010

Lilli lernt ein neues Wort

Besuch beim Kieferorthopäden mit dem kleinen Strolch, dem so einiges bevorsteht, bevor er richtig zubeissen oder gewinnend lächeln werden kann. Der Kostenvoranschlag hat es in sich, und Lilli hofft, während sie auf edlen Stühlen sitzt und verständnisvoll mit den Füssen wippt, dass ihre Krankenkasse das meiste übernehmen wird. Zuhause angekommen stellt Lilli fest, dass die Krankenkasse in ihrer (natürlich auf französisch verfassten) Broschüre einen Höchstsatz von 2000 Dollar vorschlägt, "viager", wie extra noch dazusteht. Lilli wird ganz flau im Magen, denn obwohl sie "viager" nicht mit Sicherheit kennt, kann sie sich schon denken, dass es nicht etwa "pro Jahr" bedeutet... Ein Blick ins Wörterbuch bestätigt ihre Zweifel: in den nächsten Jahren wird Lilli damit beschäftigt sein, ihr Gehalt dem kleinen Strolch gleich schaufelweise in den Rachen zu stopfen. Und sie hatte schon heimlich damit geliebäugelt, sich eine Putzfrau zu leisten...

Donnerstag, 16. September 2010

Selbst ist die Frau

In der Nacht von Montag auf Dienstag ging es dem kleinen Strolch schlecht. Erbrechen, Bauchweh, "Mama-bleib-bei-mir-Syndrom", weshalb Lilli die kostbaren Stunden Dunkelheit vor ihrer Pressekonferenz damit zubrachte, unbequem auf einer Bettkante zu sitzen, den kleinen Strolch zu streicheln und "Es wird bald vorbeigehen" zu murmeln. Was insofern nicht weiter schlimm war, als sie auch ohne derartige Zwischenfälle nicht geschlafen hätte, sondern nervös im Bett gelegen wäre und darüber nachgedacht hätte, was am kommenden Tag alles schief laufen könnte. Und je öfter Lilli "Es wird bald vorbeigehen" sagte, umso tröstender fand sie sich selbst, denn nicht nur die nächtlichen Bauchkrämpfe ihres Sohnes, sondern auch ihr nächster Tag und die damit verbundene Angst würden vorübergehen, das wurde ihr klarer, je heller draussen der Morgen durch die Fenster drang. Das ist es wohl, die Altersweisheit, die vielgelobte, die Gelassenheit derjenigen, die Angst überwunden und schlaflose Nächte am Bett kranker Kinder oder verzweifelter Ehegatten durchgestanden haben: die Tage und Nächte gehen vorbei, reihen sich im immer gleichen Rhythmus aneinander, Sonne auf-unter-auf-unter, ohne dass sich irgendjemand da oben damit aufhalten würde, was die Menschenkinder da unten so alles erleben. In den fahlen Morgenstunden, den Rücken gegen einen regenbogenfarbenen Riesenfrosch gelehnt, empfand Lilli das als grosse Beruhigung.

Dienstag, 31. August 2010

Drei Wörter - die Auflösung

"Schüttel doch mal", sagte der grosse Strolch, als sein kleiner Bruder fasziniert in die Beobachtung seiner neuen Lavalampe versunken war. Was dabei herauskam, sah je nach Betrachtungswinkel wie ein orangefarbener Brokkoli oder aber ein Affengehirn aus - und brauchte geschlagene anderthalb Stunden, bevor es wieder flüssig wurde. So lange dachte der kleine Strolch, seine neue Errungenschaft für immer kaputtgemacht zu haben...

Was Eltern manchmal an Gefühlsbädern mitmachen müssen, anstatt in Ruhe Nachrichten zu gucken, können sich normale Leute überhaupt nicht vorstellen.

Freitag, 27. August 2010

Wozu Brüder gut sind

Mit welchen drei Worten bringt man einen kleinen Strolch eine halbe Stunde lang zum Weinen? Der grosse Strolch hat es herausgefunden.

Donnerstag, 26. August 2010

"Ich will einen Puff"

sagte der kleine Strolch, als er dabei war, sein Zimmer auf- und komplett umzuräumen. Nachdem geklärt war, was er eigentlich damit meint - nämlich so einen mit kleinen Kügelchen gefüllten Sitzsack - musste erst einmal erforscht werden, wie so was wohl in der Landessprache heisst. "Beanbag" war Lilli schon klar, aber damit würde sie in den Montrealer Wohnwelten nicht weit kommen. Nach einer halben Stunde bei Google war Lilli gerüstet: "Fauteuil poire", "fauteuil pouf", "pouf poire", "fauteuil à billes" - Namen gab es genug, den eigentlichen Artikel aber nirgends. Höchstens die lila Kunstlederausführung oder aber den Fatboy für über 300 Dollar.

Nach zwei Tagen Powershopping kamen Lilli und der kleine Stroch ohne Sitzsack, dafür aber mit zwei "Moonchairs" wieder nach Hause - ein anderer Designklassiker. Der Strolch lümmelte sich hinein und knipste seine neue Lavalampe an, die kurz darauf auch brav orangene und lila Blubberblasen aufsteigen liess. Jetzt fragt sich Lilli, ob sie beim letzten Brotbacken nicht aus Versehen irgendwelche psychedelischen Körner erwischt hat...

Mittwoch, 25. August 2010

Räuber, Mörder, Kinderschänder...

"Wir brauchen doch keine Angst zu haben", sagt der kleine Stroch erstaunt, als er sich zusammen mit dem grossen Strolch darauf vorbereitet, eine Nacht im Zelt zu verbringen. Im Garten hinterm Haus. Nur die zwei Jungs, eine Taschenlampe, ein paar Decken, Comicbücher und Müsliriegel. Lilli ist froh über seinen Mut und lässt die beiden ziehen. Monsieur macht zum Garten raus alle Fenster auf, knipst das Licht auf der Terrasse an. Überlegt kurz, ob er wohl lieber im Wohnzimmer schlafen sollte, um näher dran zu sein, falls was passiert. Und gibt ihnen zu guter Letzt noch Lillis Handy mit, für alle Fälle. Angst? Wer hat hier Angst?

Samstag, 21. August 2010

Klassenfahrten sind die Wurzel allen Übels

Seit der grosse Strolch im Mai mit seiner Klasse in Ottawa war, wissen Lillis Kinder, was Kondome sind. Lilli seufzt innerlich. Es hat aber immerhin ein paar Monate gedauert, bis der kleine Strolch das neue Wissen soweit verdaut hatte, dass er eine äussert kluge Frage stellen konnte: "Warum gibt es Kondome mit Geschmack?" Riesenseufzer...

Montag, 9. August 2010

Sorum und andersrum

Die Strolche wissen jetzt, dass es Männer gibt, die Männer lieben. Sie finden es hochinteressant.

Der kleine Strolch: Und wenn dann ein Homosexueller mit einem Mann leben will... muss dann der andere Mann auch homosexuell sein?

Manchmal kann man es direkt hören, wie die Gehirnsynapsen "ding ding ding" machen.

Donnerstag, 5. August 2010

Wir amüsieren uns ganz fürchterlich

Landwirtschaftliche Ausstellung! Da wollte Lilli schon lange mal hin, so mit Schweinen, Schleppern und Riesenrad. Das kannten die Strolche noch nicht, das erinnerte Lilli an ihre Jugend auf dem Canstatter Wasen, das verspricht so richtig Vergnügen für alle!

Ja, und dann konnte der kleine Strolch tatsächlich dazu gebracht werden, ins Riesenrad einzusteigen und fand es schön! Und dann wollte er, mutig wie nie, sogar in die Schiffschaukel! Und dann konnten er samt Bruder und Vater einen Platz in der hintersten Reihe ergattern (Lilli fährt nicht Schiffschaukel, da solche Dinger den Nachteil haben, oft und gern zu schaukeln). Und dann ging es los und alle winkten zu Lilli hinunter und lachten! Und dann ging es immer höher hinaus! Und der kleine Strolch wurde immer kleiner auf seinem Sitz und klammerte sich immer krampfhafter an die Stange vor ihm. Und Monsieur nahm davon erst nach fünf Mal Schaukeln Notiz, obwohl ihm Lilli von unten wie wild Zeichen machte! Und dann taumelte der kleine Strolch am Ende der Fahrt in Lillis Schoss und wollte nie wieder in einen Vergnügungspark gehen. Und Lilli schimpte Monsieur aus, nicht besser auf den kleinen Strolch aufgepasst zu haben. Und Monsieur, der schon von Anfang an nicht scharf auf den Ausflug war, wurde böse und erklärte, es satt zu haben, von Lilli kritisiert zu werden. Und erklärte den Besuch im Vergnügungspark für beendet. Und dann sind alle vier traurig wieder nach Hause gefahren.

Schweine waren übrigens auch dort.

Montag, 2. August 2010

Nun mal ehrlich...

Kinder sind auch nur ganz normale Menschen. Und deshalb versteht man sich oft mit einem Kind besser als mit dem anderen. Hat einen besseren Draht zu ihm, versteht ihn auch ohne Worte, fühlt mit ihm und weiss, wovor er Angst hat. Während der andere uns manchmal Rätsel aufgibt oder eine Distanz fühlen lässt, die man zwar lässig und mehrmals am Tag überbrückt, nicht aber ohne ein Mindestmass an Energie aufbringen zu müssen, die uns die Existenz gerade jener Distanz in Erinnerung ruft. Kurzum - man kann es oft besser mit dem einen als mit dem anderen. Heisst das nun, dass man eines der Kinder lieber hat als das andere? Vorausgesezt, man könnte so etwas überhaupt messen? Hm?

Oder hat man die Kinder gleich lieb, nur nicht auf die gleiche Art und Weise?

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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