Zonstiges
Ferien zu Hause haben den Vorteil, dass das Bett herrlich bequem ist, in der Küche alles so vorzufinden ist, wie man es braucht, und hinterher keine Wäscheberge anfallen, die die ganze Ferienstimmung im Handumdrehen zunichte machen. Sogar hübsch eingerichtet ist es hier, alle Achtung!
Lilli legt los - 5. Mär, 08:44
Um zwei Uhr morgens liegt Lilli hellwach im Bett und sorgt sich um Jobbedingtes. Als sie Licht anmacht, um zur Ablenkung ein bisschen zu lesen, knurrt Monsieur grimmig neben ihr. Lieber soll sie ihm erzählen, was sie so bedrückt, anstatt jetzt Licht anzumachen, knurrt er. Also erzählt Lilli: von Tischen, die für den Messestand im März bestimmt zu klein sind, vom Laptop, der über Nacht eigentlich weggeschlossen werden müsste, anstatt im Messestand versteckt zu werden, vom Personal am Stand, das sich drauf verlässt, dass Lilli ihnen Händchen hält, was Lilli nicht vorhat, da das Ganze doch an einem Wochenende stattfindet… Monsieur knurrt immer mal wieder ermunternd, brummt ab und zu zustimmend und schnauft beruhigend. Dann schläft er wieder ein, und auch Lilli findet kurz darauf den Weg ins Niemandsland. Als sie sich heute morgen für sein verständnisvolles nächtliches Zuhören bedankt, fahren seine Augenbrauen nur ein winziges Stück in die Höhe, bevor er murmelt, dass das doch selbstverständlich war. Natürlich weiß Lilli ganz genau, dass er sich kein bisschen an letzte Nacht erinnert…
Lilli legt los - 17. Feb, 14:23
Wenn Lilli zu IKEA fährt, kommt sie dort als gewandelter Mensch wieder raus. Erwachsener sozusagen, glücklicher auch und vor allem sicherer, die Zukunft nun besser im Griff zu haben. Seit letzter Woche zum Beispiel gehört Lilli zu den Menschen, die einen richtigen Mikrowellendeckel besitzen (und nicht nur eine Rührschüssel über die Spaghetti stülpen), richtige Blumenübertöpfe (anstatt des kleinen geflochtenen 4-Pfund-Körbchens, in dem sie mal vor zehn Jahren Erdbeeren gekauft hat) und eine richtige Salatschüssel (anstatt die Plastikschüssel der Salatschleuder auf den Tisch zu stellen). Sowas haben verantwortungsbewusste Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und so erwachsene Dinge tun wie Steuererklärung machen und Balkon streichen. Die über das Studenten- und Improvisierungsalter hinaus sind und, wie Monsieur neulich widerstrebend anmerkte, Bier von nun an aus dem Glas trinken.
Nur richtige Vorhänge, die gehen im Moment noch über Lillis Kräfte.
Lilli legt los - 15. Feb, 11:36
Dieses Buch, das Ratschläge gibt für Themen, „an denen man (…) als Frau nur schwer vorbeikommt“ und dazu solche Herausforderungen zählt wie „Die Nägel polieren“, „Wasser auf dem Kopf transportieren“ oder „Die richtige Sonnenbrille aufsetzen“, ist in einem derart überheblichen, vermeintlich selbstironisierenden, im Prinzip aber klugscheißerischen Ton geschrieben, dass Lilli zweimal nach den Autorinnen schauen musste. Wenn dort der Name ihrer Schwester aufgetaucht wäre, hätte sie das nicht gewundert.
Lilli legt los - 11. Feb, 09:07
Es gibt Sendungen und Zeitschriften, in denen es hauptsächlich darum geht, wie man auf einen Rutsch 10 Jahre jünger aussehen kann: je nach Höhe der einzubringenden Investition wird da vorgeschlagen, aufrechter zu gehen, den Pferdeschwanz höher zu tragen oder aber Nase, Stirn, Mund und warum nicht auch noch die Ohren von einem fingerfertigen Chirurg neu drapieren zu lassen. Da werden Zähne gebleicht und zurechtgerückt, Haare gesträhnt, Augenbrauen gezupft, Garderoben neu gestylt und Absätze um Zentimeter erhöht. Alle wollen in die gleiche Richtung – vom Alter zurück in die Jugend, weil Jugend schön ist und Alter unerwünscht. Wer aber, aus welchen schwer vorzustellenden Gründen auch immer, gerne 10 Jahre älter und so bieder wie ein Waffeleisen aussehen möchte, braucht nur zu einer Geheimwaffe zu greifen: der klassisch aufgereihten Perlenkette, gerne auch mit passenden Ohrsteckern. Wer so was anhat, womöglich noch mit Halstuch im Blusenausschnitt, signalisiert, dass er kein weiteres Interesse an körperlichen Vergnügungen hat oder diese ohne zu zögern gegen ein gepflegtes Essen in einem Viersternelokal eintauschen würde. Dass er keinen Spaß versteht, weil sein Augen-Makeup verläuft, wenn er zu viel lacht, und zudem viel zu sehr damit beschäftigt ist, die Mitmenschen zu beeindrucken, um auf Komisches, Spontanes oder Anrührendes eingehen zu können. Das ist das Schlimme an Perlenketten, dass ihre Schönheit nicht den Träger interessanter macht, sondern Distanz schafft zwischen demjenigen, dem sie um den Hals liegt, und allen anderen, die sie betrachten. Dass sie „Hier!“ schreit und „Reichtum!“, als ob sie es nötig hätte, sich anzupreisen, anstatt leise all die Augen zu verführen, die über ihre Rundungen hinweggleiten…
Lilli legt los - 11. Jan, 11:47
Hier hat jemand in Rilke geblättert und Schönes gefunden. Vor allem die Zeile „Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles“ hat es Lilli angetan. Genau so könnte man ihre Rückkehr an den Zweitagesjob nach den Weihnachtstagen zusammenfassen, die ihr wieder einen Klumpen im Bauch beschert hat, der das Verdauen von fester Nahrung nahezu unmöglich machte. Angst, so weiß Lilli jetzt, sitzt eindeutig im Magen, nicht im Kopf. Andererseits hat sie, so muss man nach eingehender Betrachtung am Ende der Woche feststellen, die Rückkehr überstanden, ohne dabei tot umzufallen. Ist doch schon was.
Lilli legt los - 8. Jan, 19:51
Eine nicht zu unterschätzende Nebenwirkung des selbständigen Arbeitens ist diese: man wird, so man einen Klamottenladen betritt, der andere Sachen verkauft als bedruckte T-Shirts und Kapuzenpullis in Größe 128, vom schieren Preis der Dinge erschlagen. Der Freelancer hat, wie bereits erwähnt, keinerlei Bedarf an schicken Klamotten, da er selbst bei Kundenbesuchen in Jeans antanzen darf bzw. sollte, um seinen Status als freier Mitarbeiter visuell zu unterstreichen. Er kauft schicke Klamotten deshalb nur, wenn sie gnadenlos runtergesetzt sind und es gewissermaßen eine Sünde wäre, sich dieses Schnäppchen entgehen zu lassen. Wagt der Freelancer dann den Schritt zurück an einen Arbeitsplatz, an dem er für andere Leute sichtbar ist, behält er den Reflex, nur Ware zum Sonderpreis zu erstehen, erst einmal bei. Was Lilli ihre zwei sehr schicken Röcke und fünf Oberteile für insgesamt 228 Dollar beschert hat. Und das, liebe Mitkonsumenten, ist billiger als das Montieren von Winterreifen.
Lilli legt los - 17. Nov, 19:58
Wieviele verhunzte, zu matschige, bröckelige oder sonstwie versalzene Brote muss man eigentlich essen, bis ein Brotbackautomat ein akzeptables Ergebnis zustande bringt? Falls es irgendwo da draussen ein unfehlbares Vollkornbrotrezept gibt - her damit, aber schnell.
Lilli legt los - 5. Nov, 12:05
Die Tatsache, dass die Autorin genauso alt ist wie Lilli, hat Lilli leicht erschüttert. Denn dieser Roman ist nicht nur klug und feinfühlig, er ist auch noch elegant zu Papier gebracht und trotz einiger eher komplizierter philosophischer Passagen vergnüglich zu lesen. Was aber Lilli zutiefst befriedigt und noch Tage nach Beenden der letzten Seite mit einem wohligen Gefühl des Einklangs ausfüllt, ist sein Ende, das GENAU SO UND NICHT ANDERS sein musste. An manchen Tagen, an denen die ambiante Banalität des eigenen Lebens krass auf den regenbespritzten Fensterscheiben geschrieben steht, ist es ein Balsam für die Seele, dass es Literatur gibt, die sich schön geschliffen wie ein Edelstein präsentiert und den Leser entführt in eine schönere Welt. Wenigstens für einen Moment.
Lilli legt los - 22. Okt, 09:28
Morgen muss Lilli wieder arbeiten, aber inzwischen verursacht ihr diese Feststellung nur noch eine leichte Gänsehaut - die Zeit der Magenkrämpfe und Schweissausbrüche scheint erst einmal vorbei zu sein. Morgen also muss Lilli ins Büro, sie muss Texte schreiben, Fotos suchen, einen Plan aufstellen, ein paar Sachen ausrechnen... und für 1000 Dollar Schokolade kaufen. Vor allem Letzteres beeindruckt die Strolche unheimlich.
Lilli legt los - 15. Okt, 09:07