Zonstiges

Dienstag, 7. Oktober 2014

Doppelt ist nur halb so gut

Lilli hat ein ungutes, schleichendes Gefühl. Neulich hat es sich eingestellt, als sie sich - wahrscheinlich aufgrund der etwas verfilzten Ohren, aber das ist ja nichts Neues im Land der Mittelohrentzündungen - selbst wie aus der Ferne zuhörte: "Der sagt immer alles doppelt, das ist nervig. Wir sind doch hier nicht bei den Teletubbies!", regte sich Lilli über einen allzu wortreichen Fernsehmoderator auf. "Hör dem mal zu! Der muss immer alles zweimal sagen, als würden wir ihn auf Anhieb nicht verstehen." Genau in diesem Moment schlich sich das unangenehme Gefühl an, so im Hinterherhorchen der eigenen Worte und im Echo des Gesagten. Denn Lilli hatte ja auch zweimal das Gleiche gesagt, oder nicht? Seither spioniert sie hinter sich her, hört sich beim Erzählen zu und ahnt das, was nicht sein darf: sie ist eine ganz, ganz miese Erzählerin, die dick auftragen, wiederholen und mehrfach umschreiben zu müssen glaubt, weil sonst die Pointe nicht richtig rüberkommt. Und sie damit wahrscheinlich massakriert, anstatt sie elfengleich leichtfüssig im Gesprächsraum tanzen zu lassen. Keiner hatte sie bisher darauf aufmerksam gemacht. Keine einzige Menschenseele hat sich bisher darüber beschwert, aber insgeheim seufzen sie bestimmt alle und ringen nach Geduld, wenn Lilli mal wieder einen ihrer Kommentare zweifach zum Besten gibt. Inzwischen hat Lilli Erzählparanoia und bricht Anekdoten und Kommentare vorzeitig ab, um ja nicht als labernder Zwangswiederholer zu gelten. Nicht wie dieser Fernsehmoderator! Lustiger oder treffender hören sich ihre Pointen deshalb aber nicht an, eher stockend oder mit falschem Timing auf dem Bauch landend wie ein rhethorischer Pinguin, der unelegant über die eigenen Füsse fällt, wenn der Boden nicht ganz eben ist. Eben!

Sonntag, 28. September 2014

Lilli auf Erkundungstour

In zwei Wochen fährt Lilli mit einem Frachtschiff nach Neufundland. Warum? Weil es sich so angeboten hatte und weil Monsieur immer noch an seinem Traum rummacht, dort eine Stelle anzunehmen. Da muss Lilli doch vorher mal sehen, wie es dort aussieht. Obwohl es morgen in Montréal 27 Grad warm werden soll, legt sie schon mal ihre Winterjacke, einen Stapel Bücher und ihr Strickzeug zurecht. Auf so einem Frachter wird es ja wohl sonst nicht viel zu tun geben.

Samstag, 20. September 2014

Die Freuden des Fahrradfahrens

Lilli fährt mit dem Fahrrad ins Büro, was ausserordentlich viele Vorteile hat: sie muss nicht im stickigen Zug sitzen (wenn es denn einen Sitzplatz gibt) und wird dort nicht rumgeschüttelt, sie muss keine 7 Dollar für die Hin- und Rückfahrt bezahlen, sie kann eine Stunde Sport fast ohne Zeitverlust in ihren Alltag integrieren UND sie ist die Königin ihres Zeitplans. Ab und an fährt ein Schiff durch die Schleuse, die zwischen ihr und der Insel Montréal liegt, und zwingt sie zu Wartezeiten von bis zu einer halben Stunde, aber das ist diesen Sommer nur zweimal vorgekommen.

Diese Woche aber sind die Temperaturen dramatisch gefallen. Erst letzte Woche noch waren Sommerkleider an der Tagesordnung, jetzt hat es morgens nur noch 2 Grad. Die richtige Kleiderwahl wird zur Qual, denn zu warm oder zu undurchlässig angezogen ist genauso unangenehm wie das Abfrieren von Fingern am Lenker oder der bohrende Luftzug im Ohr. Wenn Leute fragen, wie lange Lilli noch mit dem Fahrrad ins Büro fahren wird, weiss sie jetzt die Antwort: wenn sie nichts mehr zum Anziehen hat.

Mittwoch, 20. August 2014

Eine Seefahrt, die ist lustig

Nagellack in meerjungfrauengrün: Ein Teil von Lilli wird wohl nie erwachsen werden.

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Hier findet der Morgenlauf statt: 10 Mal um das Schiff herum gibt 5 Kilometer. Lustig ist, wenn einer in der Gegenrichtung läuft und man ihn 20 Mal grüssen muss.

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Am Ziel angekommen, machen die Ureinwohner ihrem Ruf alle Ehre:

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Teuer ist das Leben hier, wo Äpfel pro Stück bezahlt werden müssen:

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Wo Lilli war? Na hier!

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Montag, 18. August 2014

Lillis schönstes Urlaubsfoto

Zwei graue Striche zerschneiden mühelos das Wasser. Bis das träge Auge die Bewegung in der blauen Endlosigkeit erfasst hat, sind auch schon die typisch rundliche Form des Kopfes und der lange Schnabel erkennbar. Kurz bevor die zwei Delfine an den Rumpf des Schiffes stossen, springen sie zeitgleich aus dem Wasser, beschreiben einen eleganten Bogen und tauchen seitlich weg. Lilli springt auf und lehnt sich vor, so weit es geht, um ihren weiteren Weg zu verfolgen, sieht aber nur noch Wellen, Schaum und Wasser. Die Szene dauerte nur einen Augenblick, viel zu kurz, um den Fotoapparat zu zücken, und doch ist der Anblick der wilden Delfine im Meer das schönste Urlaubsfoto dieses Jahres.

Montag, 28. Juli 2014

Was Lilli beim Streichen lernt

1. Eine Rolle Abklebeband ist nicht genug, egal wie klein das Zimmer ist.
2. Für jede Streicharbeit neue Pinsel nehmen ist angenehm, aber teuer. Auswaschen geht auch.
3. Es lohnt sich, den Farbeimer immer nah bei sich zu haben. Sonst läuft man zwischen Leiter und Farbeimer bei so einem Zimmer einen Marathon.
4. Möbel streichen ist was ganz anderes als Wände streichen. Möbel haben Kanten, die die Pinselstriche ins Astronomische treiben.
5. So ein Ikeaschreibtisch ist ganz schön gross.
6. Das Bett mitten im Zimmer stehen lassen ist eine kluge Entscheidung, wenn man keinen anderen Platz dafür hat. Beim Streichen allerdings ist es dann ziemlich im Weg.
7. Wenn man schon mal all die Utensilien rausgeräumt hat, kommt man in Versuchung, sich auf die Suche nach anderen Wänden zu machen, die auch einen Anstrich nötig hätten. Am besten lässt man der Versuchung seinen Lauf, wenn man gerade Weiss streicht. Nicht frühlingsgrün.
8. Der letzte Anstrich ist derjenige, der einem am meisten zum Hals raushängt. Es ist auch der einzige, der wirklich zählt.
9. 13jährige Strolche können sehr gut streichen. Putzen können sie allerdings nicht.

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Montag, 30. Juni 2014

Anglerlatein

Wer von Québec aus nach Norden abbiegt, kann zwei Stunden durch Tannenwald fahren, ohne auch nur einer einzigen Ausfahrt zu begegnen.
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Die herbe Landschaft, in der nicht viel passiert, obwohl das Auge immer wieder die Zäune entlanggleitet auf der Suche nach einem Rentier, verleitet zu fotografischen Experimenten.

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Belohnt wird man mit einem einsamen See, der alles bietet, was für ein Wochenende Erholung nötig ist: viel Grün, wenig Nachbarn, einen Biber, ein Kanu, vierundsiebzig Unken und, ach ja, auch ein paar Forellen.

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Allein für den einsamen See hätte man aber nicht so weit fahren müssen. Die gibt es hier, wo man mit den Gummistiefeln nur hintritt.

Montag, 2. Juni 2014

See the ball, hit the ball

Lilli hat einen blauen Fleck auf dem Oberschenkel, so gross und rund wie ein Baseball. Sie sah ihn direkt auf sich zukommen, als sie da an der Homeplate stand, aber wenn Lilli einen Schläger in der Hand hält, ist die Koordination ihrer Beine ein Ding der Unmöglichkeit. Deshalb blieb sie einfach stehen und starrte dem Ball panisch entgegen, bis dieser oberhalb von ihrem Knie mit ihr Bekanntschaft machte. Ganz schön hart, so ein Baseball übrigens. Den Rest des Spiels verfolgte Lilli hinter Gittern mit einer 2L-Spriteflasche an den Oberschenkel gepresst.

Donnerstag, 29. Mai 2014

Frauen beim Friseur

Warum nur ist es so, dass sich Frauen von einem Friseurbesuch eine schicksalswendende Erneuerung nicht nur ihres Haarschopfes, sondern ihrer ganzen Persönlichkeit erhoffen? Und dann nicht umhinkommen, enttäuscht zu sein, wenn sie wieder in Begleitung ihres alten Ichs aus dem Salon kommen? Haare und Psyche, gleicher Kampf.

Dienstag, 27. Mai 2014

Ein moderner Film

"La grande bellezza" hat als bester ausländischer Film den Golden Globe gewonnen und "Prisoners" vom Québecer Denis Villeneuve nicht. Nach Anschauen des Films sind Lilli und die Strolche ratlos. "Jep hat ein Buch geschrieben und danach gar nichts mehr", versucht der kleine Strolch sich an einer Zusammenfassung. "Jep ist unglücklich", soviel hat der grosse Strolch verstanden. Und "Nur die Liebe zählt, alles andere ist sinnentleert", meint Lilli. Ein bisschen wenig Substanz für einen zweistündigen Film. Obwohl Lilli die Hauptfigur durchaus sympathisch findet, schliesslich kann sie sich gut mit jemandem identifizieren, der gerne in einer Stadt spazierengeht als Beobachter von Leuten und Sachen.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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