Dienstag, 4. November 2008

Symptomatisch, aha

Laut Therapeutin hat Monsieur noch keine Depression, ist aber auf dem besten Wege dahin. „Wenn Sie eine Depression hätten, würden Sie den ganzen Tag schlafen, Sie könnten sich nicht auf Ihre Arbeit konzentrieren, nicht mehr essen“, ja, also soweit muss es erst einmal kommen, dass Monsieur nichts mehr essen kann! Außerdem ist Monsieur allen möglichen Lösungen gegenüber aufgeschlossen – was auch schon wieder zeigt, dass wenigstens noch seine obere Gehirnrinde aus dem tiefen Loch hervorlugt, in das er vor - wieviele sind's nun, vier? - Wochen runtergeklettert ist. Gestern hat Lilli deshalb mehrere Meter Drogerieregal nach dem besten Omega 3-Produkt abgesucht und schließlich eines erstanden, das Monsieur brav schlucken will, auch wenn ihm danach eine halbe Stunde lang Fisch aufstößt. Und heute morgen waren Lilli und Monsieur auf Monsieurs Vorschlag hin joggen! Tara! Man sollte meinen, dass sich ihre Beziehung wieder erwärmt, wenn auch draußen das Thermometer bereits auf Null Grad abfällt.

Montag, 3. November 2008

James Bond hat einen neuen Gegner

Der kleine Strolch hüpft aus seinem Versteck hervor und tut wichtig: „Ici l’agent 007!“
Der große Strolch erwidert ebenso wichtig: „Ici l’agent Mucksmäuschen!“
Dann schütten sich die Beiden aus vor Lachen über das komische Wort, bis sie erschöpft auf dem Boden liegen.

Unser allabendliches deutsches Vorlesen scheint also doch nicht ganz spurlos an ihnen vorüberzugehen…

Freitag, 31. Oktober 2008

Halloween - so richtig zum Fürchten

Die Schule der Strolche ist ja soo cool – natürlich dürfen die lieben Kleinen Halloween feiern, schließlich ist das ein gut nordamerikanisches Fest und sie haben ja so viel Spaß dabei! Die Schulleitung bittet nur darum, dass ein paar Regeln eingehalten werden, nicht wahr, damit Halloween für alle ein rundum positives Erlebnis wird! Wir wollen doch nicht die etwas sensibleren Gemüter fürs Leben zeichnen. Außerdem sind wir eine umweltbewusste Schule, die blinden Konsum ablehnt. Deshalb müssen die Kostüme der Kinder die folgenden Bedingungen erfüllen:

- ein selbstgemachtes, wiederverwertetes oder umgearbeitetes Kostüm (kein gekauftes 08/15-Ding von Walmart),
- ein sicheres Kostüm (nicht zu lang, keine abstehenden, herunterhängenden oder harten Teile, nicht zu warm, nicht zu kalt),
- keine Masken (Erstickungsgefahr! Außerdem engen Masken das Sichtfeld ein, was beim Überqueren der Straße schlimme Folgen haben könnte),
- kein Blut (weder echtes noch geschminktes),
- keine gewaltverherrlichenden Accessoires,
- keine Waffen (Säbel, Schwert, Degen, Messer, Gewehr, Pistole, Axt, Peitsche, Seil, Sense usw.).

Ach ja, und Bonbons oder andere Süßigkeiten dürfen natürlich auch weder auf dem Schulgelände noch im Schulgebäude verzehrt werden – ist doch so schlecht für die Zähne.

Kann mich bitte jemand daran erinnern, worum es noch mal geht bei Halloween?

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Schlechte Verbindung

Lillis Mutter ruft an und will wissen, wie es geht. Zuerst aber will sie erzählen, wie sehr sie sich über Lillis Tante aufregt, die doch nur ständig klagt und jammert und dabei wahrscheinlich bei besserer Gesundheit ist als Lillis Mutter und Vater zusammen. Dieses unbegründete Jammern geht Lillis Mutter, einer energischen (ein Personalmanager würde sagen "lösungsorientierten“) Frau, auf den Keks, und da Lilli eine gute Zuhörerin ist, kann man bei ihr Dampf ablassen, ohne zu befürchten, Lilli dadurch in eine peinliche Lage zu bringen. Schließlich riskiert Lilli nicht, demnächst der Tante über den Weg zu laufen und dann Mitleid heucheln zu müssen für ein Gebrechen, das faktisch nicht existiert… Dann aber besinnt sich Lillis Mutter darauf, dass sie eigentlich wissen wollte, wie es Lilli geht, und sagt: „Erzähl mir lieber was von dir, damit ich mit dem Gerede über deine Tante aufhöre und auf andere Gedanken komme.“ Ja, und was erzählt Lilli dann? Von den Kindern, vom Übersetzen, von Halloween und dem Schwimmbad. Von Monsieur erzählt sie… nichts.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Leben auf der Rennbahn

Wie bei jeder unangenehmen Überraschung fragt man sich auch bei einer Depression, ob es nicht schon früher irgendwelche Anzeichen gegeben hat, die uns hätten warnen können: die sogenannten „red flags“ (als ob das Leben ein Formel 1-Rennen wäre, bei dem seitlich irgendwelche Leutchen stehen und Fahnen schwenken). Lilli kann sich nur an eine einzige Begebenheit erinnern, bei der irgendwelche Fahnen geschwenkt wurden, und zwar vor etwa einem Jahr, als Monsieur und Lilli an einem Karting-Rennen teilgenommen haben. Lilli kam sich dabei so vor, als nähme sie auf einem Rasenmäher Platz und fuhr so langsam, dass sie ständig mit einer blauen Fahne bedacht wurde, die soviel bedeutete wie: „Mädel, entweder drehst du auf oder du fährst immer schön an der Seite, um die wilden Männer hinter dir vorbeizulassen.“ Keine angenehme Erinnerung, die aber zum Glück nichts mit den Warnsignalen zu tun hat, von denen weiter oben die Rede war. Dieses Suchen nach frühen Anzeichen ist deshalb so gefährlich, weil es absolut nichts Konstruktives zur Heilung der Depression beiträgt, sondern lediglich im Nachhinein noch die schönen Erinnerungen zertrümmert, die einem eigentlich dabei helfen sollten, positiv zu bleiben und sich liebevoll um den Depressiven zu kümmern… Trotzdem kommt Lilli in unachtsamen Momenten nicht umhin, den Finger in die Wunde zu stecken und sich zu fragen, ob Monsieur nicht schon seit längerer Zeit depressiv ist und das, was sie noch im Sommer zusammen erlebt haben, nur Schau war, aufgesetzte Maske, nur geschicktes Übertünchen des Abgrunds. Und je länger Lilli in der Wunde rumbohrt und mit dem Nagel kratzt, umso sicherer ist sie sich, dass Monsieur das schon seit einer Ewigkeit mit sich rumschleppt. Was sie wiederum so richtig unglücklich macht.

Dienstag, 28. Oktober 2008

Der moderne Mensch

Monsieur ist der Prototyp des modernen Menschen. Er besitzt ein kleines schwarzes Auto und einen Blackberry, er hat Stress im Büro, er hat von seinen Eltern keinerlei praktische Fähigkeiten (kochen, Knöpfe annähen, stricken, tapezieren) übermittelt bekommen und sich alleine nur die angeeignet, die ihm absolut notwendig erschienen. Er hat dunkle Anzüge und Jeans, aber nichts dazwischen, und neun Paar schwarze Schuhe, von denen er annimmt, dass sie sich von alleine putzen. Außerdem hat er neuerdings eine Therapeutin, die ihm viel Geld dafür abknöpft, dass sie ihm zuhört, seine Gefühle hinterfragt und anschließend viel von sich erzählt. Diese Woche war Lilli mit bei der Therapeutin, um sich erklären zu lassen, wie sie Monsieur bei der Bewältigung seiner depressiven Phase helfen kann. Und so sehr sich Monsieur auch über Lillis Konsum von pseudo-psychologischen Schrottzeitschriften lustig macht – die ausgebildete Therapeutin konnte Lilli auch nichts anderes sagen, als was sie bereits hundertmal im Hochglanzdruck für 6,50 $ gelesen hatte. Kurzum: der Partner muss Verständnis zeigen und gleichzeitig auf die positiven Seiten des Lebens aufmerksam machen, ohne zu urteilen…

Und während Lilli das alles ganz brav tut, meldet sich eine kleine Stimme in ihrem Kopf: Weiß eigentlich jemand, wie viel ein Sandsack kostet?

Montag, 27. Oktober 2008

Lillis Innen-Leben

Was macht Lilli, um nicht von Monsieurs Depression erdrückt zu werden? Was soviel heißt wie: was macht Lilli, um nicht denken zu müssen? Sie stürzt sich in die Dekoration des Gästebads, dessen hellgelbe Farbe ihr plötzlich unerträglich hellgelb erscheint und mit Verlaub zum Hals raushängt. Anstatt also in Selbstmitleid zu waten, hält sie Farbmuster an die Wand, hängt in Gedanken verschiedene Vorhänge auf und blättert den IKEA-Katalog nach passenden Bilderrahmen durch. Inneneinrichtung als Therapie – kommt wahrscheinlich billiger als ein Psychologe…

Freitag, 24. Oktober 2008

Hurra, ein Todesfall

Lilli hört endlich mal wieder von ihrem Lieblingskunden, der ihr einen Text zum Übersetzen schickt. Hurra, es war schon lange her, dass Lilli für diese Firma übersetzen durfte. Sie krempelt die Ärmel hoch, holt sich eine Tasse Tee und öffnet genüsslich die angehängte Datei – die sich als eine Mitteilung über einen Todesfall entpuppt. Seltsam, nicht wahr, wie ein tödlicher Unfall Lilli gute Laune verschafft… Noch jetzt hat sie ein schlechtes Gewissen, wenn sie daran denkt.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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