Montag, 11. Mai 2009

Neuer An-Lauf

Seit einer Ewigkeit schon war Lilli nicht mehr Laufen morgens. Heute, nach einem verregneten Muttertagswochenende, an dem sie gar die Heizung wieder hochdrehen musste, hat sie wieder damit angefangen und befand, dass ihre Muskeln so zäh waren wie dicker Honig, den man aus Versehen in den Kühlschrank gestellt hat, und ihre Lungen so dünn wie nasses Klopapier, das bei jedem tiefen Atemholen zu zerreißen droht. Das ist das Schwierige mit dem Fitsein – kaum setzt man ein paar Tage damit aus, fängt man mindestens um die doppelte Anzahl an Tagen weiter unten auf der Fitseinskala wieder an. Mit der Liebe ist es gar nicht so sehr anders übrigens.

Freitag, 8. Mai 2009

Muttertagsgedanken (V)

Lillis Lieblingsszene aus der Fernsehserie „Six Feet Under“:

Zwei junge Frauen werfen sich im Streit um einen Mann gegenseitig ihre Fehler vor und werden dabei immer verletzender. Zuletzt spielt Lisa die böseste Anschuldigung aus, die man einer Frau mit Kinderwunsch ins Gesicht werfen kann.
Lisa (triumphierend): „You are not maternal!“ (in etwa: „Du bist keine gute Mutter!“)
Brenda (trotzig): „I am fucking maternal!“ („Ich bin verdammt noch mal eine gute Mutter!“)

Ganz genau. Das sind wir alle. In diesem Sinne – fröhlichen Muttertag allerseits!

Donnerstag, 7. Mai 2009

Muttertagsgedanken (IV)

Der große Strolch kommt weinerlich aus der Schule und gesteht sofort: er hat einen Verweis bekommen. „Was!“, entfährt es Lilli erschrocken, denn der große Strolch ist eigentlich nicht so ein Kind, das andere schlägt, zu Erwachsenen anmaßend ist oder Sachen absichtlich kaputtmacht. „Ich habe Ball gespielt, während ich schon in der Reihe stand, um nach der Pause reinzugehen“, murmelt der große Strolch verzweifelt, schluchzt und drückt sich Lilli an den Bauch. Lilli atmet tief durch. Diese Schule. Vielleicht müssen die Regeln der Schule ja so streng sein, damit die wirklich schlimmen Kinder einander nicht zu Apfelmus hauen. Lilli aber kann hier den Puderzucker-Part spielen und den ganzen Schmerz mit einem „Na, jetzt weißt du, dass du das nicht darfst. Und jetzt sei nicht weiter traurig – ich unterschreib dir deinen Wisch und dann trinken wir Kaffee“ wegwischen. Der große Strolch hebt sein nasses Gesicht zu ihr hoch und riskiert ein dankbares Lächeln. Schon ist man keine Mutter mehr, sondern die gute Fee. Mit Zauberstab und Flügeln.

Mittwoch, 6. Mai 2009

Muttertagsgedanken (III)

Nichts ist so schwierig, wie das richtige Gleichgewicht zu finden zwischen Liebhaben und Loslassen. Man sagt sich: zu viel von dem Einen bedeutet nicht genug von dem Anderen. Wer zu viel liebt, will zu viel beschützen. Und wer zu früh loslässt, erweckt den Eindruck, nicht genügend zu lieben. Zu viel von Beidem aber geht auch, und es ist genauso schlimm wie zuwenig von Beidem. Bis es einem irgendwann dämmert: es ist genau das Gleiche. Liebhaben bedeutet Loslassen – im richtigen Augenblick jedenfalls. Nur steht der leider in keinem Kalender.

Dienstag, 5. Mai 2009

Muttertagsgedanken (II)

Als Mutter lernt man Demut spätestens dann, wenn auch das kleinste der eigenen Kinder mühelos mit dem Fahrrad an einem vorbeizieht. Gestern noch musste man das Balg auf der Hüfte rumschleppen, heute ist es mit ein, zwei Tritten in die Pedale so weit voraus, dass man es nur noch als kleinen Punkt am Horizont ausmachen kann… Zum Glück trägt es ein buntes T-Shirt, das bei der Orientierung hilft.

Montag, 4. Mai 2009

Muttertagsgedanken (I)

Mutter sein heißt, plötzlich ein großes Interesse für bedruckte T-Shirts in Größe 128 zu entwickeln und ein triumphierendes Freudengeheul auszustoßen, wenn man eins findet, das von der Zielgruppe als tragbar empfunden wird, wenn auch kein Totenkopf drauf ist.

Freitag, 1. Mai 2009

Das Band der Ehe

Monsieur sitzt gerade im Flieger nach New York. Obwohl es kein langer Flug ist von Montréal aus und er auch nicht lange weg bleiben wird, spürt Lilli ein Ziehen in der Magengegend. Als ob dort ein Gummiband angebracht sei, das sich nun, mit wachsender Entfernung zwischen ihnen, dehnt und dehnt. Es wird nicht reißen, oh nein, es wird nur zwicken und ruckartig hin- und herschnalzen und Lilli daran erinnern, dass ausnahmsweise viele Kilometer und eine Staatengrenze zwischen ihnen liegen, die es unmöglich machen, im Notfall schnell zueinander zu eilen und die Hand des anderen zu fassen. Es ist kein Lasso, das Band, und auch keine Leine, an der sie Monsieur festhält. Eher ein unsichtbares Gewächs, an dem sie sich entlanghangeln können, um immer wieder zueinander zu finden. „Ein Ariadnefaden halt“, würde der kleine Strolch lässig sagen, der sich so gut in der griechischen Mythologie auskennt.

Jedenfalls tut es gut, dieses Ziehen zu spüren. Solange das Ziehen da ist, ist alles gut.

Donnerstag, 30. April 2009

Gerade gemerkt

"Online seit 365 Tagen" steht da links unten am Bildschirm. Da gönnt sich Lilli zur Feier des Tages doch gleich noch eine Kopfwehtablette (Schnupfen immer noch nicht vorbei)!

Ganz neuer Zeitvertreib

Wieder ein Zeichen dafür, dass der große Strolch erwachsen wird: gestern entdeckte er plötzlich, wozu Spiegel gut sind. Das heißt, er weiß natürlich schon lange, wie Spiegel funktionieren, er konnte nur keine Notwendigkeit dafür sehen, sich darin zu betrachten. Nun kommt er plötzlich an keinem Spiegel vorbei, ohne sich kritisch zu begutachten und sorgfältig seine Haare aus der Stirn nach oben zu streichen, um cooler auszusehen. Obwohl man hier nicht mehr cool sagt, sondern yo. Die Frage danach, wie die Auserwählte denn heißt, konnte sich Lilli glücklicherweise verkneifen. Sie als Mutter will ja schließlich auch yo sein.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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