Montag, 3. Oktober 2016

Der Stoff, aus dem das Leben ist

Und was hat Monsieur bei seinem Krankenhausbesuch gelernt? "Wie schnell man obrigkeitshörig wird, nur, weil da ein Arzt im grünen Kittel und ein Anästhesist mit Mundschutz vor einem stehen".

Er meint, die Uniform mache das. Lilli meint, dass das Hängerchen allein schon ausreicht, um jegliche Aufmüpfigkeit zu verlieren. So gesehen kein Wunder, dass man das sofort bei der Aufnahme anziehem muss, auch wenn man erst drei Stunden später unters Messer kommt.

Lebensabschnitt

Wenn man beim Computer nach dem Zoom sucht und, nachdem man ihn trotz Brille augenkneifend auf 125 % gestellt hat, erleichtert aufatmet - dann beginnt das Altwerden.

Freitag, 30. September 2016

Lilli im Krankenhaus

Heute morgen hat Lilli Monsieur ins Krankenhaus begleitet. Für einen ambulanten Eingriff, so sagt man auf deutsch wohl, auf französisch sagt man hier "chirurgie d'un jour" - denn egal, um welchen Eingriff es sich auch handelt: sagen wir mal, grauer Star oder Polypen in der Nase, es dauert immer den ganzen Tag, auch wenn der Eingriff an sich nur 15 Minuten in Anspruch nimmt. Monsieur war z.B. auf 10 Uhr bestellt, aber bevor er offiziell von einer Krankenschwester "aufgenommen" wurde, musste er schon einmal eine Stunde nur mit Hängerchen bekleidet im Wartezimmer warten. Die Operation an sich findet dann um 13 h 38 (???) statt, danach kommt das Aufwachen und Zusichkommen, danach kann Lilli ihn dann gegen 17 Uhr wieder abholen. Das Krankenhaus war, wie sich das für Kanada gehört, sauber-aber-ohne-Schnickschnack, um nicht zu sagen so minimal ausgestattet, dass ein Hürdenlaufen zwischen leeren und vollen Betten, Säcken mit Schmutzwäsche und Containern für gebrauchte Spritzen für Personal und Patienten zur Tagesordnung gehört. Aber "wenn man erst mal drin ist, läuft alles wie am Schnürchen", da sind die Leute freundlich und tüchtig, da kann man sich nicht beklagen.

Was Lilli allerdings seltsam anmutete, war die Ausdrucksweise der Krankenschwester:
"Haben wir Fieber?"
"Sind wir auch wirklich nüchtern?"
"Sind wir allergisch?"
Spätestens bei "Wieviel wiegen wir denn?" wäre Lilli am liebsten eingeschritten, um "Wie, beide gemeinsam?" zu fragen. Hört sich die Krankenschwester selbst gar nicht zu? Wie kindisch das klingt? Oder - schlimmer - wird ihnen das vielleicht so beigebracht, um den Patienten irgendwie zu trösten?

Dann, zu Lilli gewandt: "Ich brauche dann noch Deinen Namen, meine Hübsche".

Geht's noch, oder was? Was ist daran falsch, erwachsene Leute jeden Alters zu siezen? Lilli siezt doch auch den Automechaniker, das Mädel in der Eisdiele, den Busfahrer wie auch die Krankenschwester, den Arzt und den Pfarrer??? Gut, die Krankenschwester wird Monsieur demnächst auch ohne Hängerchen sehen, vielleicht nimmt sie sich deshalb schon mal einen kumpelhaften Ton raus - Lilli wäre aber aus genau diesem Grund das Gegenteil lieber. Und "meine Hübsche" (ma belle)? Wie in USA, wo jeder "honey" und "sweetie" sagt...

Es ist gut, gelegentlich Sphären des Alltags zu frequentieren, die einem normalerweise verschlossen bleiben. Man kann sich über ganz neue Sachen aufregen.

Montag, 15. August 2016

Liebe Nordenliebhaber

Liebe Ost- und Nordsee-, Irland-, Schottland, Island- und sonstige Nordenliebhaber, hier ein Geheimtip: bereisen Sie mal die kanadischen Magdaleneninseln. Sechs grosse Inseln sind miteinander durch Brücken oder Dünen verbunden, die siebte kann nur mit der Fähre erreicht werden und ist trotzdem bewohnt - von Nachkommen irischer und schottischer Schiffsbrüchiger, die dort vor Generationen angeschwemmt wurden, wie auch die wilden Pferde und Kühe. Die Landschaft wechselt zwischen dramatischen roten Felsklippen und kilometerlangen Sanddünen, das Meer ist badetauglich und bietet wunderbar klares Wasser, hier und da mit Seehunden schwarz getupft. Wahrlich eine Entdeckung, die es verdient, weithin bekannt gemacht zu werden - zumal die Erosion durch Wind und Wellen ahnen lässt, dass es diese Inselchen in ein paar Jahren nicht mehr gibt.

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Montag, 25. Juli 2016

Grosser Strolch wird schnell noch grösser

Gleich in der ersten Woche des Ferienlagers hat der grosse Strolch eine Freundin gefunden. Seine erste richtige Freundin, wie das Beweisphoto zeigt, auf dem er stolz seinen Arm um eine sehr hübsche Blonde gelegt hat.

In der zweiten Woche will das Mädel wissen, wie das mit den Beiden nach dem Ferienlager weitergehen soll - sie werden ja gute 50 Kilometer voneinander entfernt wohnen, ganz ohne öffentliche Verkehrsmittel und Führerschein. Der grosse Strolch meint, bis dahin seien es ja noch ganze drei Wochen, solange könne man nicht im Voraus planen.

Er hat ja recht. Und sie hat auch recht. Liebe ist kompliziert.

Willkommen im Erwachsensein, grosser Strolch.

Freitag, 22. Juli 2016

Red Velvet

Der kleine Strolch will einen Kuchen backen. "Einen Red Velvet", sagt er, und als Lilli bei verlässlichen Quellen nach einem Rezept schauen will, "Ich hab schon ein Rezept, auf Youtube." Lilli versteht den Subtext des kleinen Strolches und lässt ihn alleine werkeln.

Als sie wiederkommt, ist der kleine Strolch geknickt. Er hat teaspoon und tablespoon verwechselt und deshalb doppelt so viel Salz, Essig und Backpulver verwendet als im Rezept angegeben. Der Kuchen ist nicht ganz so rot, wie er es sich erhofft hatte, und beim Aus-der-Form-Nehmen ziemlich vollständig auseinandergebröselt. So sehr, dass er nicht wusste, wie er - trotz gut gelungener Glasur aus Frischkäse und Sahne - daraus jemals eine zweistöckige Torte bauen sollte.

Lilli probiert die Brösel, die zwar auf den ersten Eindruck hin eigenartig schmecken (ach ja, er hat auch Olivenöl anstatt dem zum Backen gedachten Sonnenblumenkernöl genommen), insgesamt aber, vor allem mit Glasur, angenehm locker und feucht auf der Zunge zergehen. Gemeinsam schaufeln sie die Brösel in eine Schüssel und lagern Glasur dazwischen wie bei Tiramisu, und nach ein paar Stunden im Kühlschrank schmeckt das Ganze so gut, dass der Strolch bereit ist, nächste Woche einen zweiten Versuch zu starten.

Wer weiss, vielleicht wird ja doch noch ein grosser Bäckermeister aus ihm. Monsieur jedenfalls macht schon mal ein Photo von den Bröseln, um später mal dokumentieren zu können, wie die Laufbahn anfing.

Dienstag, 12. Juli 2016

High expectations

Bevor der grosse Strolch allein in die Ferien geflogen ist, hat sie ihm noch ein Buch zugesteckt. "The Hitchhiker's Guide to the Galaxy", alle vier Bände der Trilogie. Sehr symbolhaft, denn die Hauptperson des Buches tritt gleich zu Beginn der Handlung ebenfalls eine abenteuerreiche, alles über den Haufen werfende Reise an. Sie erinnert sich noch, damals beim Lesen lauthals gelacht zu haben über den absurden Humor, die Ironie und die Perspektive, dass die Erde und ihre Mitbewohner eine ziemlich primitive Lebensform darstellen - im Vergleich zum Rest des Weltalls jedenfalls, von den Delfinen mal ganz abgesehen. Sie hofft, dass der Strolch Gefallen am Reisen und Entdecken finden wird, dass er ein mutiger und weltoffener Tourist sein wird, der müde und glücklich über die Begegnungen mit anderen Menschen und Kulturen wieder nach Hause kommen wird, für immer vom Virus des Weggehens (und Wiederkommens) infiziert.

Ausserdem hätte sie gerne, dass er endlich mal eine SMS schreibt und von sich hören lässt - und ein Dankeschön für das Buch wäre auch nicht schlecht.

Ausgeflogen

Der grosse Strolch ist nun fort. Fünf Wochen lang wird er nicht zuhause sein, keine Cheerios unter den Tisch streuen, keine Socken liegenlassen, nicht abends um 11 noch lautstark Gitarre spielen, nicht nicht beim Tischdecken helfen. Den ersten strolchlosen Abend findet Monsieur unerträglich. "Das ging alles viel zu schnell", sagt er, den Tränen nahe. "Plötzlich interessiert er sich für Mädchen, macht Fahrstunde und verbringt auch noch die Ferien ohne uns. Ich hatte gar keine Zeit, die Zeit mit ihm richtig auszunutzen." Lilli denkt "Selber schuld" - nicht hartherzig, sondern traurig, denn dass Monsieur die Arbeit oft wichtiger fand als die Zeit mit den Strolchen, hat sie ihm vor Jahren oft genug gesagt und auch das Bedauern, das er jetzt empfindet, prophezeit. Sie braucht es jetzt nicht zu wiederholen, denn Monsieur weiss es selbst. Deshalb weint er ja auch.

Dienstag, 5. Juli 2016

Orange is nich

Als Lilli "Orange is the new black" in den Kleinanzeigen sucht (Staffel 2 aufwärts), kriegt sie als Treffer einen Rasenmäher, ein Mountainbike und eine orangene Badehose angeboten. Sie ist mal wieder dem Geschmack ihrer Zeitgenossen voraus...

Vom Hörensagen

Heute hat jemand Lilli ausgeschimpft, weil sie auf Facebook auf einen Zeitungsartikel verlinkt hat, in dem ein Service angekündigt wurde, der jetzt - wie sich herausstellt- doch nicht so zustande kommt, wie es der im Artikel zitierte Anbieter versprochen hat. "Wenn Sie das auf Facebook schreiben, muss es auch stimmen", meinte der Anrufer empört, ohne zu verstehen, dass es doch ein Link zu einer externen Informationsquelle war und weder die Zeitung noch der zitierte Anbieter mit Lilli in Verbindung stehen. Lilli ist erstaunt und auch wieder nicht. Die neuen Medien sind für viele Leute ein Wirrwar, in dem man schnell den Überblick darüber verlieren kann, wie glaubwürdig Inhalte sind, wer ihre Urheber sind und wer für die Richtigkeit der Angaben haftet. Sobald der Anschein eines falschen Versprechens vorliegt, ist der Schaden schon geschehen.

Sonntag, 12. Juni 2016

Das hat was

So wird hier das Ende der 11. Klasse und somit der Schulpflicht gefeiert:

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Wenn Lilli da an ihre eigene Abifeier in der Turnhalle mit Neonbeleuchtung zurückdenkt... dann wird sie direkt neidisch. Klar ist das für Aussenstehende sehr amerikanisch und an der Grenze zum Kitsch, aber wenn das eigene Kind blau gewandet auf der Bühne steht - nach all den Powerpoint-Präsentationen und Mathehausaufgaben, die man mit ihnen durchgestanden hat - ist man für den Sinn des Rituals empfänglich.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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