Mitmenschen
So ganz
ratlos ist Lilli nicht mehr: sie weiss jetzt immerhin, warum die Kollegin sich verletzt fühlen KÖNNTE! Im Anschluss an tiefgreifende Recherchen in People und Paris Match ist ihr klargeworden, dass sie wahrscheinlich ganz wie Bruce Willis und Kristen Stewart an einem BRF leidet. Einem Bitchy Resting Face, das ihr in neutralem Zustand einen verärgerten Gesichtsausdruck verleiht. Himmel! Soll Lilli vielleicht ununterbrochen lächeln, selbst wenn sie am Computer sitzt oder an der Kasse vom Supermarkt ansteht, um drei Tiefkühlpizzen und eine Packung Sushi zu zahlen??? Dann durchzuckt sie ein teuflischer Gedanke: Vielleicht hat ihr ihre Chefin deshalb vor kurzem angeboten, von zu Hause zu arbeiten? Weil niemand ihr Schlechte-Laune-Gesicht sehen will? Schnell, eine Papiertüte mit Löchern für die Augen und aufgemaltem Lachmund...
Lilli legt los - 1. Mai, 18:02
Eine Kollegin bittet Lilli zu sich und sagt: "In letzter Zeit warst Du so kalt und abweisend zu mir, völlig ohne Grund. Jedenfalls bin ich sehr verletzt und weiss jetzt gar nicht, wie wir in Zukunft zusammen arbeiten können." Lilli starrt sie an, während ihr Hirn versucht, die Botschaft zu verstehen, die da aus heiterem Himmel auf sie niederprasselt. Sie hat keine Ahnung, wovon die Kollegin spricht oder worauf sie anspielt. Sie fragt nach konkreten Begebenheiten und kann sich nicht daran erinnern, der Kollegin irgendetwas angetan zu haben.
Das Schlimmste daran ist: wie hoch ist die Dunkelziffer? Wieviele andere Leute werfen Lilli in Gedanken genau das Gleiche vor, ohne es ihr ins Gesicht zu sagen? Auch da hat Lilli keine Ahnung.
Lilli legt los - 28. Apr, 18:08
Seit einer Woche schon hat Lilli etwas, was sie am ehesten als Gehirnschnupfen bezeichnen kann. Also weh im Kopf, fürchterliche Alpträume im Wechsel mit Wachliegen, allgemeines Unlustgefühl, Bauchschmerzen. Heute morgen im Büro erzählt sie ihre Träume, in denen Schneelawinen, Autounfälle, Hausverstoss und kaputte Badewannen vorkommen. Ihre Chefin sieht sie kritisch an und fragt: "Wie alt bist du nochmal?" Lilli darauf: "44, nein 45, nein 44." (Ihr Alter hat sie noch selten auf Anhieb hingekriegt). "Vielleicht ist es der Frühling", meint eine Kollegin hilfreich. "Oder der Vollmond", versucht es eine andere. "Vielleicht sind es auch die Wechseljahre", meint die Chefin, die es schliesslich wissen muss. Wie schön, in einem Frauenbüro zu arbeiten...
Lilli legt los - 10. Apr, 19:07
"Oh, der Tag des Glücks", sagt Lillis Chefin, als sie in den Kalender schaut. "Ist der nicht jeden Tag hier?", fragt Lilli sarkastisch zurück. "Nein, der Tag des Glücks ist am 20. März, jetzt haben wir ihn verpasst", sagt Lillis Chefin bedauernd. "Tja, dann müssen wir halt bis zum nächsten Jahr warten", meint Lilli. Manchmal, vor allem freitags, hat noch nicht mal Lillis Chefin Lust zu arbeiten...
Lilli legt los - 29. Mär, 18:42
Huch, ein vietnamesischer Leser, der viele Kommentare hinterlässt. Lilli hat keinen blassen Nhấp nhoáng, worum es dabei geht...
Lilli legt los - 26. Mär, 20:21
Mutter 1, verzweifelt: "Schau mal, was die in der 5. Klasse für Mathehausaufgaben haben! Meine Tochter wollte, dass ich ihr gestern helfe, aber ich hab keine Ahnung, wie das gehen soll."
Mutter 2 schaut ins Heft. Dort steht:
Camille nimmt in den Ferien insgesamt 5 Mal das Flugzeug. Die Flüge dauern durchschnittlich 2 Stunden und 28 Minuten. Der erste Flug dauert 2 Stunden und 5 Minuten, der zweite dauert 1 Stunde und 45 Minuten, der dritte Flug dauert 2 Stunden und 38 Minuten und der vierte Flug dauert 2 Stunden und 3 Minuten. Wie lange dauert der fünfte Flug?
Mutter 2: "Das ist doch einfach. Fünf Mal 2 Stunden und 28 Minuten, dann hast Du die Gesamtflugzeit. Dann addierst Du die vier Flüge und der Rest bleibt für den fünften Flug übrig."
Mutter 1: "Aber nein, ich kann das doch nicht einfach mal fünf nehmen, die 2 Stunden 28 Minuten sind doch nur ein Durchschnitt!"
Mutter 2: "Aber genau das heisst es doch, "durchschnittlich"!!!"
Mutter 1: "Also ich versteh das nicht. Ich kann doch nicht wissen, wie lang der fünfte Flug dauert, wie soll ich das denn ausrechnen?"
Mutter 2: "Schau her, so. (Sie zieht einen Taschenrechner aus der Handtasche). 5 Mal 2,28, das macht 11 Stunden und 40 Minuten. Das ist deine Gesamtflugdauer, davon brauchst Du nur die vier Flüge abziehen. Also 11,4 minus 2,05 und so weiter..."
Mutter 1, durch die Nase schnaubend, während Mutter 2 auf ihrem Taschenrechner herumtippt: "Und das machen die in der 5. Klasse, so was Kompliziertes... Da hat meine Tochter ja Glück, dass ich dich heute im Zug getroffen habe!"
Lilli schreitet nicht ein. Was wird die Tochter wohl von der Mutter denken, und was Mutter 1 von Mutter 2, wenn dann doch alles falsch ist?
Lilli legt los - 25. Mär, 19:39
Lillis Kollegin ist schwanger. Anscheinend war das nicht vorgesehen, aber Lilli fragt sich, wie man heute noch ungewollt schwanger werden kann, wenn man intelligent und auch nicht mehr siebzehn ist? Jedenfalls ist die Kollegin im Prinzip ganz erfreut, wenn sie auch nicht weiss, ob die Firma sie nach Ablauf ihres befristeten Vertrags in ein paar Monaten weiterbeschäftigen kann oder nicht. Und sie auch nicht mit ihrem Freund zusammenwohnt. Weil der sich erst letztes Jahr von seiner Frau getrennt hat. Und noch nicht geschieden ist. Und jetzt erst mal eine kleine Wohnung genommen hat. Und zwei Kinder im Vorschulalter hat. Die noch nichts von ihrer Existenz wissen. Aber die Kollegin hat mit ihrem letzten Freund schon zwei Fehlgeburten durchgestanden und hofft jetzt, dieses Kind zu behalten, auch wenn die Umstände nicht ganz so ideal sind, wie sie das gerne hätte. Sie geht vornübergebeugt, die Schultern nach vorn gezogen, als ob sie damit ein Schutzschild formen könnte, das alle Gefahr von ihrem ungeborenen Kind abwendet. Lilli denkt an sich selbst zurück und schämt sich fast dafür, wie geradlinig sie sich vor zwanzig Jahren verlieben, verheiraten und einige Jahre später Kinder bekommen konnte. Was für eine gute Fee muss damals an ihrer Wiege gestanden haben, und warum nur?
Lilli legt los - 19. Mär, 08:00
Und da sage noch einer,
Männer in Strumpfhosen seien nicht viril.
Lilli legt los - 14. Feb, 09:00
Die Strolche sind glücklich, denn wenn Olympia ist, darf der Fernseher auch zu Zeiten laufen, an denen er normalerweise ausbleibt, z.B. nachmittags nach der Schule. Nicht, dass sie nicht schon wüssten, ob "wir" schon wieder eine Medaille gewonnen haben, denn
in der Schule läuft der Fernseher ja auch. "Wir sind aber gut", staunt der kleine Strolch zufrieden ob des Medaillenregens, der auf Canada - auf Québec, um pedantisch zu sein - niederprasselt. Lilli gefallen vor allem die Frauen, die da gewinnen. Mutige, draufgängerische Mädels wie die schönen Schwestern
Dufour-Lapointe, denen "nicht kalt um die Augen" ist, wie man hier sagt. Bravo.
Lilli legt los - 12. Feb, 13:36
Die Regenbogenfahne weht jetzt während der olympischen Spiele vom
Montrealer Rathaus, aus Solidarität. Eine coole Geste, findet Lilli. Dass sich der Bürgermeister mit versammelter Mannschaft damit aber hat fotografieren lassen müssen, ist schon wieder etwas peinlich.
Lilli legt los - 12. Feb, 09:10