Strolche

Dienstag, 13. Oktober 2015

Logisch

Seit dem Sommer macht der grosse Strolch die Tür seines Zimmers zu. Und zwar nicht nur dann, wenn er Gitarre spielen und die anderen nicht stören will, sondern auch bei stillen Beschäftigungen wie Hausaufgaben machen oder lesen. Kein Wunder kommt Lilli sich ausgeschlossen vor.

Montag, 21. September 2015

Drohung

"Diese Woche mache ich einen Nachtisch mit Tofu", sagt Lilli forsch, als sie vom Supermarkt mit einem Paket Seidentofu zurückkommt.

Jetzt werden die Strolche die ganze Woche lang keinen Nachtisch anrühren.

Dienstag, 15. September 2015

Wenn nicht du, dann ich

Lilli hat einen Stapel Bücher für den grossen Strolch mitgebracht. Er ist jetzt in der 10. Klasse und muss sich bald für ein College entscheiden, in dem er die letzten beiden Schuljahre zubringt, bevor er dann studieren kann (oder auch nicht). Verschiedene Colleges bieten verschiedene Programme und Profile an, manche mit und manche ohne Naturwissenschaften, die dann die Studienwahl einengen können - wer im College kein Mathe hat, kann hinterher nicht Psychologie studieren. Man kann auch ein dreijähriges Collegeprogramm wählen, dann hat man einen technischen Abschluss, mit dem man Friseur werden kann oder Maler und Anstreicher, indem man anschliessend im Betrieb die Praxis lernt. Kurzum, um sein College zu wählen, sollte man schon ungefähr wissen, was man später werden will, und damit scheint es dem grossen Strolch nicht eilig zu sein. Klar ist er erst 16 und in diesem Alter wusste Lilli auch noch nicht, welche Laufbahn sie später einmal einschlagen würde. Trotzdem muss er, wie alle anderen Zehntklässler hier auch, bis März seine Anmeldung abschicken. Die ganzen Informationsabende der Colleges und Universitäten finden im Oktober statt.

Deshalb also der Stapel Bücher über College- und Unikurse, Laufbahnen, Berufsfelder, Qualifikationen, Anstellungschancen und Verdienstspannen. Ein Buch hat es Lilli ganz besonders angetan. Mithilfe von Fragebögen über Vorlieben, Ziele und Interessen wird zuerst eine Richtung (Menschen, Sachen, Verwaltung, Kultur) eingegrenzt, dann wird es trichterförmig immer enger, bis zum Schluss ein Berufsfeld herauskommt und dafür Studien- und Ausbildungsmöglichkeiten beschrieben werden. Sowas hätte sie mal haben sollen früher! Der grosse Strolch zeigt jedoch wenig Begeisterung - nicht, dass er die Worte "Psychokram" benutzt hätte, aber Lilli kann ihm vom Gesicht ablesen, dass er keine Lust auf Selbsterkenntnis hat.

Trotzdem sind die Fragebögen zu verlockend, um sie nicht auszufüllen. "Ich kümmere mich lieber um Zahlen als um Menschen", "Ich arbeite gerne daran mit, Dinge so schön wie möglich zu machen", "Ich gehe gerne Problemen auf den Grund, auch wenn es lange dauert und ich viel Fragen stellen muss"... Schon hat Lilli den Kugelschreiber gezückt.

Mittwoch, 5. August 2015

Der Boden der Tatsachen

Der grosse Strolch räumt sein Zimmer auf. Und siehe da, er hat Parkettboden, das hatte Lilli doch glatt vergessen.

Samstag, 27. Juni 2015

Gar nicht schlimm

Am Telefon:

Kleiner Strolch: "Ihr braucht Euch nicht aufzuregen..."

Sofort regt sich Lilli auf.

Kleiner Strolch: "... ich habe mir im Schwimmbad den Kopf aufgeschlagen, aber es ist nicht schlimm."

Vor Lillis geistigem Auge erscheinen Bilder von klaffenden Wunden.

Kleiner Strolch: "Die Mutter von L. hat mich untersucht und gemeint, das müsste man wahrscheinlich nicht nähen."

Die Mutter von L. ist Ärztin. Sie wohnt neben dem Schwimmbad. Lillis Knie geben unter ihr nach. Bisher stand sie mit dem Kochlöffel in der Hand in der Küche, jetzt setzt sie sich auf einen Stuhl.

Kleiner Strolch: "Sie sagt, wenn es morgen früh immer noch blutet, dann soll ich bei ihr vorbeikommen und wird sie es nähen. Vorher hat es ganz doll geblutet, aber jetzt ist es schon viel weniger. Wirklich, es geht mir gut. Ich ruf Euch nur an, weil die Mutter von L. das so wollte. Ihr braucht nicht zu kommen."

Lilli legt auf und dreht sich zu Monsieur um. Der zieht sich schon die Schuhe an und meint: "Wir wollten doch sowieso noch eine Runde spazieren gehen."

Mittwoch, 24. Juni 2015

Verkaufsargument

Lilli sucht nach Ferienprojekten für die Strolche, die jetzt 10 Wochen lang nichts zu tun haben.

Lilli: "Du könntest die Millennium-Trilogie lesen."

Kleiner Strolch: "Geht's da um Gewalt, Action und seelische Abgründe?"

Lilli: "Ja."

Kleiner Strolch: "Au ja."

Dienstag, 16. Juni 2015

Kleinvieh

Nachdem sie den Termin letztes Jahr verpennt hat, hat Lilli nun endlich die Schulbücher und Romane des kleinen Strolches von Klasse 7 verkauft. An Eltern der künftigen Siebtklässler natürlich, denn die Schule hat eigens hierfür eine Internetseite geschaffen, um die Kosten der Einschulung so gering wie möglich zu halten. Neben all den anderen Kosten - Schulgebühren, Uniform, Kosten für Ausflüge, Theaterstücke, Hefte, Ordner, Sportmannschaft, Musikinstrument - ist das zwar ein kleiner Posten, aber 140 $ sind es trotzdem, die da wieder in die Haushaltskasse zurückfliessen.

"Für das kommende Schuljahr brauche ich fast gar keine Bücher mehr", meint der kleine Strolch aufmunternd. Recht hat er, denn für Klasse 9 muss Lilli ihm dann ein Tablet oder einen Laptop kaufen.

Dienstag, 9. Juni 2015

Ruf doch mal an

Der Job als Küchenhilfe stellte sich als wenig attraktiv heraus. Er ist weder gut bezahlt (der grosse Strolch hatte sich auf den Mindestlohn eingestellt, aber nicht einmal das wurde ihm geboten) noch irgendwie interressant - wer hätte das gedacht. Lilli schlägt ihm deshalb vor, doch den Vater seines Freundes anzurufen, der einen hohen Posten in einer Softwarefirma innehat, und ihn zu fragen, ob sie vielleicht Aushilfen für den Sommer bräuchten. Das macht der Strolch auch und netterweise erklärt sich der Vater bereit, ein gutes Wort für ihn in der Personalabteilung einzulegen. Gleich danach bereut Lilli ihren Vorschlag. Eine Freundschaft so zu belasten ist irgendwie doof, der Vater ist in einer peinlichen Lage, falls er absagen muss, und falls es klappt, muss Lilli ihm dankbar sein. Ist das ein Ferienjob wert?

Andererseits: so geht es nun mal im Leben. Es sind die Beziehungen, die in der Arbeitswelt zählen, nicht unbedingt die Begabung, die Eignung oder das Zeugnis. Auch das ist eine wertvolle Lektion, wenn auch keine, die Lilli gutheisst.

Montag, 1. Juni 2015

Wie im Roman

In Ermangelung eines Vollzeit-Ferienjobs hat der grosse Strolch sich als Küchenhilfe in einem Café anstellen lassen. Am Samstag fängt er an. Er weiss weder, wieviele Stunden er gebraucht wird, noch was er dafür bekommt. Auch hilft er eigentlich nicht gern in der Küche, jedenfalls nicht, wenn Lilli kocht. Besonders flink mit den Händen ist er auch nicht (Lilli beim Geschirrspülen: "Nicht streicheln, abtrocknen!"). Aber in dem Café gibt es immer wieder Live-Musiker und bestimmt sieht er sich schon dort im Eck sitzen und Gitarre spielen. Wäre sein Leben ein Roman von Maeve Binchy, wäre das der Anfang einer Karriere.

Dienstag, 21. April 2015

Kinder, knallhart

In Monsieurs Vokabular ist "Angst" ein Stammgast. Nicht im Sinne von "Angst vor Spinnen" oder "Angst vor dem Sterben", sondern "Angst, dass keine Milch mehr da ist" oder "Angst, dass der Gemüsegarten am falschen Platz steht". Vielleicht ist es ein französisches Ding, diese Ausdrucksweise ("j'ai peur"), und vielleicht könnte man auch behaupten, dass es durchaus ein deutsches Gegenstück in Form von "ich befürchte" gibt. Trotzdem: diese Wortwahl lässt tief blicken und Lilli ärgert es, wenn er so vor den Strolchen spricht - die brauchen einen starken, mutigen Vater, kein vor Furcht geschütteltes Hasenherz, dem schon beim Gedanken an einen Kühlschrank ohne Milch der Angstschweiss ausbricht.

So setzt sich also Lilli am Sonntagabend an den Tisch und Monsieur legt ihr ein Steak auf den Teller. "Hmmm, ich habe Angst, dass es zu blutig für Dich ist", sagt er. "Ach, hör auf, Angst zu haben, ich kann ein bisschen Blut schon aushalten", sagt Lilli.

Und was sagt der kleine Strolch? "Daddy, grow some balls". Das kann man wiederum nur auf Englisch.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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