Montag, 16. November 2009

Das Schöne am Arbeiten

Das Schöne am Arbeiten ist, dass man Klamotten braucht. Als Freelancer braucht man ja nie Klamotten, da man nicht aus dem Haus kommt und es sich nicht lohnt, sich nur für einen Sprung in den Supermarkt die Jeans aus- und einen Rock anzuziehen. Auch in Gegenwart von Kindern lohnt es sich nicht, irgendetwas Hübsches anzuziehen, da es nicht lange hübsch bleibt oder aber beim Legospielen verdammt unpraktisch ist, das Hübsche. Wer aber 8 Stunden in einem Büro sitzt und dabei von 5 Mitarbeitern und potentiell unendlich vielen Besuchern aus dem dritten Stock gesehen wird, muss auch durch sein Äußeres zeigen, dass er – zumindest, wenn er in Marketing-Berufen tätig ist – nicht nur über Geschehnisse und Theorien, sondern auch über Tendenzen auf dem Laufenden ist. Lilli weiß gar nicht, warum sie sich überhaupt rechtfertigt, aber es scheint sie zu beruhigen, dem Geständnis, nun gleich zweimal in einer Woche in verschiedenen Bekleidungshäusern zugeschlagen zu haben, eben diese Rechtfertigung vorauszuschicken. Nach sieben Jahren Freelancertum und drei Jahren Schwangerschaft hat sie sich nun endlich mal wieder ein paar schicke Röcke und Tops geleistet und lächelt so befriedigt wie die fette orangene Katze, deren Comics der kleine Strolch gerade verschlingt, nach dem Genuss einer Lasagne.

Donnerstag, 12. November 2009

Manchmal

Manchmal ist es ein ganz normaler Mittwochabend, an dem Lilli nicht zu spät mit dem Abendessenmachen anfängt, weshalb sie die Strolche dann auch nicht ungeduldig anfährt, wenn sie mit irgendetwas zu ihr kommen, und sogar noch Zeit hat, einen Obstteller zu schnippeln. An dem alle entspannt am Esstisch zusammensitzen, kein Glas umgeworfen wird und keiner einen Mund voll Essen über den Tisch niest. Da finden dann allerlei Gespräche statt, über Fische, Kinderkriegen, Schule und Fußball, wobei jeder mal zu Wort kommt und keiner gelangweilt Krümel über den Tisch schießt. Anschließend gehen die Strolche untergehakt die Treppe hoch, um in mittelmäßiger Zeit zu duschen, und warten gut riechend im Bett des kleinen Strolches darauf, dass Lilli ihnen vorliest. Lilli liest ihnen Tintenherz vor, schickt den großen Strolch in sein eigenes Bett, kuschelt den kleinen Strolch ins Kissen, macht das Licht aus, geht zum großen Strolch, kuschelt, macht das Licht aus. Und denkt anschließend, allein im Wohnzimmer sitzend und eine Tasse Tee in der Hand drehend, dass sie den Strolchen eigentlich aufschreiben müsste, wie sehr sie diese Abende glücklich machen. Für später.

Mittwoch, 11. November 2009

Das Kreuz mit dem Adventskalender

„Soll ich dir was mitschicken zum Backen?“, fragt Lillis Mutter fürsorglich durchs Telefon, da sie gerade dabei ist, den Adventskalender für die Strolche einzupacken und noch Platz für Hirschhornsalz und ähnlich schwierig aufzutreibende Pülverchen hätte. Lilli durchfährt ein heißer Schreckensblitz: letztes Jahr hatte sie sich doch ganz fest vorgenommen, ihrer Mutter nun aber mal ganz schonend beizubringen, dass der tolle Lego-Adventskalender, den sie immer schickt,…. also dass der Kalender…… obwohl er ganz toll ist,…. also dass die Strolche sich nicht so recht dafür begeistern können. Im Wirklichkeit finden die Strolche den Kalender ziemlich lahm, da jeden Tag nur etwa fünf Legosteinchen rauskommen, die sie im Nu zusammengebaut haben, mit denen man aber noch lange nicht die tolle Landschaft aufbauen kann, die vorne und hinten auf dem Kalender so verführerisch zu sehen ist. Da müsste man dann extra noch einiges dazukaufen, so haben sich die Marketingleute das ausgedacht, aber die Strolche fühlen sich hintergangen und lassen die Teilchen, kaum sind sie zusammengebaut, links liegen. Lilli versteht einerseits die Strolche, findet sie aber andererseits undankbar und hat vor allem ein schlechtes Gewissen, ihre Mutter jedes Jahr diesen bestimmt teuren Kalender kaufen zu lassen. Aber auch dieses Jahr ist es bereits zu spät, noch irgendwelche vorsichtig formulierten Bedenken anzubringen, denn der Kalender liegt bereits liebevoll eingepackt in einer Schachtel, die Lillis Vater wie der Weltmeister zukleben und –schnüren und mit dem Fahrrad zur Post bringen wird, damit die Strolche im fernen Kanada jeden Tag ein Türchen aufmachen können. Lilli seufzt. Es gibt Dinge im Leben, die sind so verletzend, dass man sie überhaupt gar nicht aussprechen kann… „Lebkuchengewürz“, sagt Lilli deshalb nur und „ach wie lieb, dass ihr an uns denkt.“ In ihrem Magen dreht sich eine Faust im Kreis.

Montag, 9. November 2009

Krank ist krank

Zuerst der kleine Strolch, dann der große: wenn so ein Virus erst einmal im Haus ist, nützt auch die beste Hygiene (Bad putzen! Betten abziehen! Zahnbürsten auswechseln!) nicht viel. So war also die Hälfte von Lillis Familie krank, und anstatt Lilli moralisch aufzubauen, der das Badputzen, Bettenabziehen und Zahnbürstenauswechseln so langsam zum Hals raushängt, entrüstet sich die Freundin über Lillis Hartherzigkeit. „Was, kein Fernsehen für die kranken Kinder? Im Bett müssen sie bleiben? Und nicht mal an den Computer lässt du sie?“, fragt sie ungläubig und starrt Lilli an, als hätte sie gerade erfahren, dass Lilli ihre Kinder mit Handschellen ans Bett fesselt und nur einmal am Tag mit etwas Brotsuppe und kaltem Tee abspeist. Lilli nickt trotzig. Jawohl. Kranke Kinder gehören ins Bett, vor allem mit Fieber und Kopfweh. Da sollen sie sich dann so richtig doll ausruhen und langweilen, bis sie wieder gesund sind. Sie sollen schlafen, vielleicht ein bisschen lesen, lange an die Decke starren und darauf warten, dass Lilli ihnen ein Glas Orangensaft vorbeibringt und eine Weile Reversi mit ihnen spielt. Lilli findet, dass auch die Schattenseiten zum Leben dazugehören, und will ihren Kindern nicht vorgaukeln, dass das Leben ein einziges Riesenrad sei. Krank sein ist nicht schön, aber nach drei Tagen Bettruhe gesund werden und wieder in die Schule dürfen – das ist so toll wie Zuckerwatte…

Donnerstag, 5. November 2009

Lilli wird ungeduldig

Wieviele verhunzte, zu matschige, bröckelige oder sonstwie versalzene Brote muss man eigentlich essen, bis ein Brotbackautomat ein akzeptables Ergebnis zustande bringt? Falls es irgendwo da draussen ein unfehlbares Vollkornbrotrezept gibt - her damit, aber schnell.

Mittwoch, 4. November 2009

Lilli und die Fische

Seit der grosse Strolch ein Aquarium hat, gehören Fische trotz ihrer eher kalten Art zu Lillis Familie dazu. Vor kurzem hat der grosse Strolch etwas Erstaunliches über seine flossenschlagenden Zimmergenossen herausgefunden: sie sollen eine Gedächtnisspanne von 3 Sekunden haben. Drei Sekunden! Wenn man sich das mal vorstellt... worum ging es hier noch mal gerade?

Dilemma

Der große Strolch spielt, wie sich das für kanadische Jungs so gehört, Eishockey. Am liebsten vorn, da nur der richtig Ruhm über sich schüttet, der den Puck letztendlich ins Tor befördert. Dass Lilli und Monsieur ihm erklären, dass auch Verteidiger wichtig sind und ein Angreifer ohne genaue Pässe nicht viel ausrichten kann, lässt ihn kalt. Er will Angreifer sein und Schluss. Seine Trainer aber (jede Eishockeymannschaft, die auf sich hält, hat mindestens drei Trainer – einen zum Brüllen, einen zum Tür aufmachen und einen, der die Wasserflaschen trägt) haben ihn am Wochenende als Verteidiger aufgestellt und festgestellt, dass er dazu eigentlich noch besser taugt. „Das ist das Dumme, wenn man für etwas Talent hat“, stellte Monsieur philosophisch fest. „Jetzt werden sie dich öfter hinten spielen lassen“. „Ich weiß“, antwortete da der große Strolch ebenso philosophisch, „aber ich hatte keine Lust, mich nicht anzustrengen“.

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Lilli springt über ihren Schatten

Lilli klingelt bei der Nachbarin, die fünf Häuser weiter wohnt und gerne mal, wenn Lilli vom Einkaufen zurückkommt, beim Hoffegen innehält, um mit Lilli über Europa, Reisen allgemein und andere schöne Dinge des Lebens zu plaudern. Eine nette ältere Frau, kinderlos, früher Krankenschwester an einer Schule, jetzt in Vollzeit mit der Reinhaltung des Hauses, dem Hoffegen und dem Spazierenführen des Hundes beschäftigt. Die ideale Kandidatin für den Posten der Ersatzoma, den Lilli eigens geschaffen hat, um für eventuelle Grippewellen diesen Winter in Sachen Kinderbetreuung gerüstet zu sein. Wenn schon die deutsche Oma so weit weg wohnt und die kanadische grand-maman zu nichts zu gebrauchen ist, muss man eben sehen, wo man sich sein soziales Netz zusammenklaubt. Lilli klingelt also bei der Nachbarin, wird auch sofort erfreut/erstaunt ins Haus gebeten und bringt herzklopfend ihr Bittgesuch vor. In Filmen ist so ein Schritt ins Ungewisse, so ein „Anklopfen beim Mitmenschen“ stets der Anfang einer interessanten Entwicklung, da uns die Filmemacher glauben machen wollen, dass sich im harmlos aussehenden Anderen je nach Genre entweder die verwandte Seele oder aber der sadistische Serienmörder verbirgt, zumindest aber die ulkige Freundin, die neue Farbe und Bewegung ins eigene banale Leben bringt. Tja, liebe Leser – das Leben ist kein Film! Die nette Nachbarin gibt sich zuerst sehr zurückhaltend, stimmt dann aber zu, sich im-Ausnahmefall-und-wenn-alle-anderen-Stränge-reißen-aber-wirklich-auch-nur-dann ein Paar Stunden um die Strolche kümmern zu wollen. Dann klemmt Lilli ihren neu erstandenen roten Regenschirm unter den Arm und marschiert nach Hause. Mit dem Gefühl, dass diese Initiative, auf die sie so stolz war, da es durchaus nicht in Lillis Natur liegt, einfach so auf andere zuzugehen, folgenlos im Sand verlaufen wird. Musik war übrigens auch keine dabei. Und Klappe.

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Wichtig! Dringend!

Lilli ist manchmal müde, sehr müde. Vor allem nach einem Tag im Büro, an dem sie vieles lernen musste, von dem sie dachte, es eigentlich schon zu können – wie zum Beispiel Situationen korrekt in wichtig, dringend, nicht wichtig und nicht dringend einschätzen zu können. Anscheinend machen die meisten Leute ja zuallererst, was dringend ist (egal, ob wichtig oder nicht), bevor sie zu den wichtigen (aber nicht unbedingt dringenden) Sachen durchdringen. Manche bevorzugen auch, sich zuerst mit den nicht wichtigen, nicht dringenden Angelegenheiten zu beschäftigen, und verbringen damit so viel Zeit, dass alles andere liegen bleibt. Letzten Freitag wurde Lilli mit zwei Notfällen überschüttet, die sie sowohl in wichtig wie auch in dringend einstufte und deshalb sofort emsig bearbeitete. Bis sie nach mehreren Stunden hektischen Tuns zu ihrer Chefin durchdrang, die sie darüber aufklärte, dass das Dringende ruhig noch ein paar Tage Zeit hatte und das Wichtige in ihren Augen nicht gar so weltbewegend war. Lilli schluckte daraufhin betreten und fühlte, wie die Müdigkeit über sie kam. Aber vielleicht war es auch nur die Grippe, die sie seither dazu zwingt, nur noch das Dringendste zu machen und ansonsten erschöpft irgendwo rumzuliegen.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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