Samstag, 2. Mai 2015

Abnehmen mit Haferbrei

Seit Neuestem hat Lilli ein neues Lieblingsfrühstück: Haferbrei. Nach anfänglichem Zögern, das hauptsächlich der schleimigen und gleichzeitig festen Konsistenz (Lillis Mutter: "das fühlt sich an wie gespuckt") zuzuschreiben ist, hat sie sich an das Geschmackserlebnis gewöhnt. Sie kocht die Flocken auf, leert sie über einen kleingeschnittenen Apfel und streut etwas braunen Zucker drüber. Das Beste daran: ein warmes Frühstück, das sich geschmeidig in den Magen schmust. Es bröselt nicht. Es kann gelöffelt werden, ohne dass der eifrige Zeitungsleser die Augen vom Artikel nehmen muss. Haferbrei macht glücklich, kostet kaum was und ist in drei Minuten fertig. Er kann unendlich variiert werden, indem verschiedene Obstsorten, Nüsse, Joghurt oder Ahornsirup, Zimt oder Muskat zugegeben werden. Und, ja, Lilli ist der Meinung, dass sie damit ihr Muffintop loswerden kann, denn so ein Haferbreifrühstück liegt stundenlang im Magen.

Man müsste ihn nur anders nennen und er würde es glatt in die Hitliste der neuesten Nahrungstrends schaffen. Hier in Québec heisst er gruau und ist - wie sich das in einem kalten Holzfällerland gehört - schon seit Urzeiten ein Begriff. In England heisst er Porridge, was auch nicht gerade einladend klingt. Monsieur nennt Lillis Haferbrei "ton bol de colle" (deine Schüssel voll Klebstoff). Wie wäre es mit Hafer-Hottie - schliesslich weiss doch auch jeder, was ein Smoothie ist?

Donnerstag, 30. April 2015

Tor oder Nicht?

Die Montrealer Fussballmannschaft, die gestern abend gegen Mexico gespielt hat, hatte einen deutschen Torwart. Warum? Keine Ahnung. Jedenfalls hiess der Mann Nicht, was Lilli ein unerwartet heiteres Fussballgucken beschert hat.

Montag, 27. April 2015

Lilli im Theater

Samstag abend war Lilli im Theater, Fred Pellerin zuhören. Der Erzähler ist schwierig in eine Kategorie einzuordnen: er erzählt Geschichten, die ihm seine Oma über die Dorfbewohner erzählt hat - von dem Jungen, der ohne Schatten auf die Welt kam, von der Frau, die so lange schwanger war, dass ihr Sohn erwachsen auf die Welt kam, von dem Baum, in dem eine Uhr wuchs und vom Friseur, der einen flüssigen Kalender erfand. Das ist Québecer Folklore gemischt mit fantastischen Elementen gemischt mit Beobachtungen über unsere moderne Welt. Sehr poetisch jedenfalls und so mitreissend, dass die zweieinhalb Stunden Erzählen, versetzt mit ein paar Liedern, im Flug vorbei waren. Hinterher wollte Lilli nicht, dass es zu Ende geht, obwohl ihr die Augen zufielen, wollte nicht weg von dieser seltsamen Welt und diesem lustigen Männlein, das nur den Mund aufzumachen braucht, um ein Universum an Personen, Tieren und Orten heraufzubeschwören.

Wenigstens ein Eis wollte sie noch essen gehen, aber es war nicht nur viel zu kalt draussen, es war auch alles zu. In Montréal dauert es lange, bis der Frühling kommt.

Sonntag, 26. April 2015

Schlechte Absicht, gutes Ziel?

Monsieur hat einen Freund, dessen fast 20jährige Ehe im Januar in die Brüche gegangen ist. Nun, natürlich ist sie über Jahre hinweg in die Brüche gegangen - das fängt an mit kleinen Rissen, die irgendwann so zahlreich sind, dass sie dem Druck nachgeben und das ganze Bauwerk nur so zerbröselt - aber seit Januar lebt er getrennt von seiner Frau. Im Februar sprach der Freund von seiner Frau noch als "die Liebe seines Lebens", im März stritten sie sich um Zahlungen und das Aufteilen von Häusern, Autos und Kindern, im April war der Freund auf einem Dating-Site schon auf eine neue Frau gestossen und fühlte sich "wieder wie 18". Er hat sich eine i-Watch gekauft, mit der er jetzt joggen geht, um ein paar Pfunde zu verlieren.

Monsieur will jetzt auch joggen gehen. Lilli, die das seit Jahren schon rät, weil Sport nicht nur den schrecklichen Bauch wegschmilzt, sondern auch gut ist für Leute, die von dunklen Gedanken geplagt sind und schlecht schlafen, findet das hervorragend. Und gleichzeitig suspekt. Trotzdem geht sie mit ihm Schuhe kaufen. Könnte ja der Anfang eines gemeinsamen Laufprojekts sein. Es sei denn, Monsieur will vor ihr davonlaufen...

Freitag, 24. April 2015

Gehen Sie zurück auf Los

Heute ist seit zwei Wochen der erste Tag, an dem Lilli fast kein Kopfweh hat. Sie zieht einen Schnupfen mit sich rum, der nicht so recht vom Fleck will und hauptsächlich in den Stirnhöhlen haust. Manchmal schlägt er so richtig zu und verstopft ihre Nase, manchmal macht er sie nur unglaublich schlapp und unlustig. Heute aber spürt sie ein Lebensfünkchen in der Bauchgegend, das in den letzten zwei Wochen nicht da war, und hat auch nur zwei Kopfschmerztabletten genommen und das schon heute morgen.

Den ganzen Tag über gings ihr gut. Sie beschliesst, diesen frohen Umstand nach dem Büro (schliesslich ist es Freitag abend und die Montrealer Hockeymannschaft steht im Begriff, die erste Ausscheidungsrunde gegen Ottawa zu gewinnen) mit einem Glas Weisswein zu feiern.

Prompt hat sie wieder Kopfweh.

Donnerstag, 23. April 2015

Kalte Ironie

In Lillis Büro hängt ein Monitor, der alle möglichen Nachrichten bringt und, damit die Leute auch wirklich draufgucken, auch den aktuellen Wetterbericht. Heute stand eine Kollegin davor und meinte ungläubig: "Ist das wirklich für dieses Wochenende?" "Nein, wir lassen gerade das Wetter von Ende November laufen", sagt Lilli und rollt verzweifelt die Augen. Für Samstag ist genau 1 Grad vorgesehen...

Dienstag, 21. April 2015

Lilli und die Physik

Die Tochter eines Freundes hat sich den kleinen Zeh gebrochen. Sie ist 18 Monate alt. Lilli überlegt sich, wie das gehen soll. Ein Rippchen Schokolade kann man schliesslich auch nicht zerbrechen, sondern muss es ganz in den Mund stecken.

Dienstag, 21. April 2015

Kinder, knallhart

In Monsieurs Vokabular ist "Angst" ein Stammgast. Nicht im Sinne von "Angst vor Spinnen" oder "Angst vor dem Sterben", sondern "Angst, dass keine Milch mehr da ist" oder "Angst, dass der Gemüsegarten am falschen Platz steht". Vielleicht ist es ein französisches Ding, diese Ausdrucksweise ("j'ai peur"), und vielleicht könnte man auch behaupten, dass es durchaus ein deutsches Gegenstück in Form von "ich befürchte" gibt. Trotzdem: diese Wortwahl lässt tief blicken und Lilli ärgert es, wenn er so vor den Strolchen spricht - die brauchen einen starken, mutigen Vater, kein vor Furcht geschütteltes Hasenherz, dem schon beim Gedanken an einen Kühlschrank ohne Milch der Angstschweiss ausbricht.

So setzt sich also Lilli am Sonntagabend an den Tisch und Monsieur legt ihr ein Steak auf den Teller. "Hmmm, ich habe Angst, dass es zu blutig für Dich ist", sagt er. "Ach, hör auf, Angst zu haben, ich kann ein bisschen Blut schon aushalten", sagt Lilli.

Und was sagt der kleine Strolch? "Daddy, grow some balls". Das kann man wiederum nur auf Englisch.

Über Lilli

Laufen ist denken, manchmal auch überlegen, immer aber sich erneuern. Eine neue Sicht auf die Dinge erlangen, die uns bewegen. Laufen ist manchmal auch davonlaufen, für eine Weile wenigstens, bevor man wieder heimkommt zu Mann und Kindern, Wäsche und Kochtopf, zu den eigenen Macken und all den bunten Schnipseln, die ein Leben so ausmachen. Laufen ist das beste Beobachten, das es gibt.

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Zuletzt aktualisiert: 23. Mai, 03:27

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